Kirchensteuer - muß der Ehemann für geringverdienende kath. Ehefrau zahlen ?

21. April 2015 12:33 |
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Steuerrecht


Beantwortet von

Der Ehemann (Rentner) ist vor Jahren aus der evangelischen Kirche ausgetreten.
Die Ehefrau ist in der katholischen Kirche. Die Ehefrau hat geringe Einkünfte aus der Durchführung von Kursen u.a. (keine Festanstellung - kein 450 EUR-Job) , max. 2.300 - 2.100 p.a.
Frage: muß der Ehemann, obwohl er nicht in der Kirche ist und geringe Renteneinkünfte hat, die Kirchensteuer für seine Ehefrau zahlen?

Einsatz editiert am 21.04.2015 13:35:21
21. April 2015 | 15:03

Antwort

von


(852)
Charlottenstr. 14
52070 Aachen
Tel: 0241 - 53809948
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E-Mail: info@rechtsanwalt-andreaswehle.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

gern beantworte ich Ihre Frage anhand Ihrer Sachverhaltsdarstellung wie folgt.

Ihre Frage ist aufgrund Ihrer Angaben nicht ganz eindeutig zu beantworten. Kirchenabgaben sind doch recht vielfältig gestaltet, so gibt es die Kirchensteuer (8 oder 9% der anfallenden Einkommen- bzw. Lohnsteuer) das besondere Kirchgeld und das allgemeine Kirchgeld.

Daher etwas Grundsätzliches vorangestellt. Vom Grundgedanken der mitgliedschaftlichen Solidarität in der Kirche ausgehend, sollen auch Geringverdiener einen Beitrag zur Finanzierung ihrer Kirche leisten, den sogenannten Mindestbetrag der Kirchensteuer. Die Mindestbeträge werden von solchen Kirchensteuerpflichtigen unter Berücksichtigung von § 51a EStG erhoben, für die auch staatliche Einkommensteuer festzusetzen oder Lohnsteuer einzubehalten ist, soweit die 8 % bzw. 9 % der staatlichen Einkommensteuer aber einen niedrigeren Betrag ergeben würden als den jeweils geltenden Mindestkirchensteuerbetrag.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1965 (BVerfGE 19, 268 http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv019268.html) sahen die Kirchensteuergesetze in einer vielfältigen Form auch die Erhebung von Kirchensteuern zu Lasten von nicht ihnen angehörigen Personen, vor allem von glaubensverschiedenen Ehegatten vor. Diese Regelungen wurden von dem Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht stellte fest, dass ein nicht der Kirche angehöriger Ehegatte nicht für seinen Partner zur Kirchensteuer herangezogen werden darf. Weiterhin eröffnete das Gericht aber den Kirchen und Ländern den Weg, bei glaubensverschiedenen Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen eine Besteuerung nach dem kirchenangehörigen Ehegatten anteilig zuzurechnenden gemeinsamen Lebensaufwand vorzunehmen.

Diesem Umstand wird durch das besondere Kirchgeld begegnet, da es vom gemeinsamen Lebensaufwand der Ehegatten ausgeht und den auf den kirchenangehörigen nicht- oder geringverdienenden Partner entfallenden Aufwand schematisch zugrunde legt. Die Umstände des konkreten Einzelfalls bleiben außer Betracht.
Nachdem die Erhebung der Kirchensteuer nicht auf bestimmte Besteuerungsgrundlagen, wie etwa Steuern vom Einkommen, beschränkt ist, wurde diese Anknüpfung überwiegend für zulässig angesehen. Das Bundesverfassungsgericht und auch andere Gerichte bestätigten die entsprechenden Regelungen in einigen Landeskirchensteuergesetzen. Zusehens sehen die Kirchensteuergesetze aller Bundesländer die Erhebung des Besonderen Kirchgeldes vor. Die derartige Besteuerung ist aber nur bei zusammenveranlagten Ehegatten zulässig, da hier die Ehegatten auch von den gemeinsam veranlagten Einkünften partizipieren.
Entscheiden sich glaubensverschiedene Eheleute gegen eine gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer, entfällt die Kirchensteuerlast.

Im Ergebnis kann es wie in dem von Ihnen geschilderten Fall durchaus zu einer steuerlichen Belastung Ihrerseits kommen, auch wenn Sie selbst keiner Religionsgemeinschaft angehören.
Im Übrigen entfällt diese Besteuerung, soweit der Ehegatte (also Sie) Mitglied in einer anderen Religions-, Glaubens oder öffentlich rechtlichen Religionsgemeinschaft ist und hier zur Religionssteuer herangezogen werden.
Aber auch Ihre Frau kann durch Kirchenaustritt dieser zusätzlichen finanziellen Belastung begegnen

Ich hoffe Ihre Frage hinreichend beantwortet zu haben. Leider ist das Ergebnis nicht sehr zufriedenstellend, soweit Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Wehle
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Andreas Wehle

Rückfrage vom Fragesteller 29. April 2015 | 19:42

Leider wurde meine Frage NICHT hinreichend beantwortet.
Gibt es speziell in NRW, Kreis Mettmann, spezielle Fälle hinsichtlich der Vorgehensweise der Kirchen-Behörden, die hilfreich sein könnten?
Und wie weit könnten die Ansprüche auf die Nachzahlung der Kirchensteuer bezogen auf die Ehefrau zurückreichen?
Wenn der Ehemann weiterhin aus der Kirche ausgetreten bleibt - jedoch zwischenzeitlich die private Insolvenz angemeldet hat, wie wird dann der evtl. Anspruch der katholischen Kirchensteuer geregelt?
Vielen Dank für Ihre ergänzenden Ausführungen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. April 2015 | 22:01

Sehr geehrter Ratsuchender,

ausgehend von Ihrer ursprünglichen Fragestellung und dem dort dargestellten Sachverhalt, ist indes aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, wie Sie zu der Auffassung gelangen, Ihre Frage sei nicht hinreichend beantwortet.
Bitte bedenken Sie, dass die nun hinzutretenden Informationen, wie Kreis Mettmann, Ihre nunmehr eingetretene Privatinsolvenz nicht Bestandteil der o.g. Fragestellung waren und sich die Fragestellung allein auf die Kirchensteuerpflicht des konfessionslosen Ehegatten bezog.

Dennoch bin ich gern bereit auch auf Ihre weiterführenden Nachfragen hier einzugehen.

Eine besondere Regelung für die von Ihnen angegebene Region konnte ich nicht ausfindig machen, jedoch die nachfolgende Bestimmung der Evangelischen Kirche im Rheinland in NRW http://www1.ekir.de/hilden/printversion/28145.html und für das Erzbistum Köln https://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/generalvikariat/amtsblatt/2008/0813_Amtsblatt_November_2008.pdf .
Überdies sein bemerkt, dass es spezielle Kirchen-Behörden nicht gibt, sondern in der Regel die allgemeinen Finanzämter für die Einziehung der Kirchensteuern und besonderen Kirchgelder verantwortlich sind. Wenden Sie sich vertrauensvoll mit Ihren Fragen diesbezüglich an das zuständige Finanzamt und/oder Ihre Kirchgemeinde.

Insoweit gelten auch die entsprechenden Steuerfestsetzungsfristen der Abgabenordnung. Nach § 169 AO beträgt die Festsetzungsverjährung 4 Jahre, diese gilt auch für Kirchenabgaben. Diese gelten in aller Regel jedoch nur, wenn Sie Ihrer Erklärungspflicht rechtzeitig und vollumfänglich nachgekommen sind.

Hier kommen wir dann schon zum nächsten Thema, der Privatinsolvenz. Im eröffneten Insolvenzverwalter ist der Insolvenzverwalter/Treuhänder als Vermögensverwalter auch für die Abgabe der Steuererklärungen verantwortlich. Er hat die Erklärungen zu erstellen und auch eigenhändig zu unterschreiben. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für Zeiträume vor der Insolvenzeröffnung (BFH v. 19.11.2007 – VII B 104/07).
Der Schuldner selbst muss und kann gegenüber dem Finanzamt nicht mehr auftreten. Er ist allerdings verpflichtet, dem Insolvenzverwalter die für die Erstellung der Erklärungen benötigten Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen in geordneter Form vorzulegen. Ein Verstoß gegen diese Mitwirkungspflichten kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen, BGH v. 18.12.2008 – IX ZB 197/07.

Mit freundlichen Grüßen
RA A. Wehle /Aachen

http://www.steuer-forum-kirche.de/kisto-k-aachen.htm für den Raum Aachen, hier insbesondere §§ 9 und 10 sehr lesenswert, auch die §§ 12 und 13 behandeln Ihre Fragen …

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