Kann Mieter seine eigene (Email) Kündigung eines Mietvertrages zurücknehmen?

| 20. April 2016 18:19 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Aus einer geplanten Win-Win-Win Situation


1) der Vormieter (ich) darf einen Nachmieter suchen der seine Möbel übernimmt und 1 Monat früher aus der Wohnung


2) der Nachmieter bekommt eine komplett möblierte (Studenten)wohnung mit ca. 1 Jahr alten Möbeln für ca. 300€


3) der Vermieter bekommt vom Vormieter (mir) die arbeitsintensive Dienstleistung der Nachmietersuche umsonst, er braucht nur noch aus den vom Vormieter präsentierten Kandidaten auswählen


ist durch erratisches Verhalten des Nachmieters und mit Abstrichen des Vermieters eine win-win-lose Situation für mich (den Vormieter) geworden, dh der Nachmieter betrachtet, seit der Unterschrift seines Mietvertrages mit dem Vermieter alle (nicht gerichtsfesten) Vereinbarungen mit mir über die Möbelübernahme als nichtig, der Vermieter verlangt jetzt auch die vollständige Renovierung der Wohnung, obwohl er vorher einer möblierten Übergabe zugestimmt hatte.

Dies ist der Kontext, unveränderbar und von mir bereits akzeptiert, und nicht (!) Gegenstand dieser Frage.


Aufgrund der geänderten Lage wäre es für mich jetzt besser meine Kündigung zurückzunehmen und die Wohnung zu behalten. Dazu meine Frage:

Ich habe per normaler (unsignierter) Email gekündigt, der Vermieter hat die Kündigung ebenfalls per unsignierter Email bestätigt. Es gab weiteren Email Verkehr zum Thema, aber nichts schriftliches (unterschriebenes) oder signiertes, von keiner Seite.

Im Mietvertrag steht: "Die Kündigung muss schriftlich erfolgen [und spätestens am...]".


Meine Frage ist jetzt:


1. Kann ich meine Kündigung zurücknehmen, bzw. davon ausgehen dass sie gar nicht wirksam ist und daher dem Vermieter per einfacher Email mitteilen dass ich nicht ausziehen werde?


2. Welche Rolle spielt der Nachmieter in Bezug auf mich? Er hat ja bereits einen neuen Mietvertrag unterschrieben, besteht sein Rechtsverhältnis ausschließlich mit dem Vermieter und geht mich im Prinzip nichts an?


3. Welche Risiko (sowohl finanzieller Natur als auch in Sachen zeitlicher Aufwand für nachfolgende Streitigkeiten) gehe ich ein, wenn ich meine der gesetzlich vorgeschriebenen (und vertraglich vereinbarten) Schriftform nicht genügende Email Kündigung (ebenfalls per Email) zurücknehme bzw als nichtig erkläre, und meinen Mietvertrag weiterhin als gültig und ungekündigt betrachte - und der Vermieter sich dagegen wehrt?


Eine gute Antwort auf meine Frage bezieht sich auf relevante tatsächliche Rechtssprechung, und wägt pragmatisch die mir enstehenden Zusatzkosten von ca. 1000€ für das Leerräumen und Renovieren der Wohnung gegen die möglicherweise enstehenden Verfahrenskosten ab, wenn es zu Räumungsklage, Gerichtsverfahren oder ähnlichem kommt.


Einsatz editiert am 20.04.2016 19:38:11
20. April 2016 | 20:34

Antwort

von


(1622)
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Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Fragen beantworte ich wie folgt.

1.
Die Kündigungserklärung ist unwirksam.
Aber:
Sie haben mit dem Vermieter eine sog. Aufhebungsvereinbarung geschlossen.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Ihre "Kündigungs"Erklärung nicht in ein Angebot auf Aufhebung des Mietvertrages umgedeutet werden kann, so hat der Vermieter zu erkennen gegeben, dass er Sie aus dem Mietverhältnis, sogar vorfristig, entlassen wird. Dem haben Sie durch den weiteren E-Mail-Verkehr zugestimmt. Die Aufhebungsvereinbarung ist nicht an die Schriftform gebunden.

Sie waren sich mit dem Vermieter einig, dass das Mietverhältnis enden soll.

Wenn Sie nicht ausziehen, verhalten Sie sich vertragswidrig.

2.
Mit dem Nachmieter haben Sie nichts zu tun. Sein Vertragsverhältnis besteht ausschließlich zum Vermieter.

3.
Ob Sie zur Renovierung verpflichtet sind, müsste anhand des Mietvertrages geprüft werden. Die meisten Klauseln sind unwirksam. Das Gesetz geht dann davon aus, dass zunächst einmal der Vermieter für die Renovierung zuständig ist.

Ziehen Sie trotz Vereinbarung nicht aus, haben Sie außgerichtliche Rechtsanwaltskosten wegen Verzugs und / oder Kosten eines Räumungsrechtsstreits im Falle des Unterliegens zu tragen.

Bei einem Räumungsrechtsstreits richten Sie die Kosten nach dem Streitwert, der 12 x die Monatsmiete beträgt (§ 41 Abs. 2 S. 1 GKG).

Bei einer Miete von z.B. 400 € netto ergibt sich ein Streitwert von 4800 €, mithin 438 € Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 925,23 €.

Das Kostenrisiko eines Rechtsstreits - wenn Sie keinen Anwalt beauftragen - beträgt damit mindestens 1.325,23 €.

Hinzu käme natürlich noch eine sog. Nutzungsentschädigung (bisherige Miete oder die ortsübliche Vergleichsmiete, wenn sie höher ist) bzw. sogar Schadensersatz für den Vermieter, wenn der Nachmieter abspringt.

Der Vermieter wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Räumungsklage gewinnen. Die Abwägung, ob es für Sie wirtschaftlich ist, diesen Rechtsstreit zu führen, müssen Sie treffen. Aus anwaltlicher Sicht ist abzurarten, sich auf eine Klage einzulassen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 20. April 2016 | 20:39

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"Wieder eine realitätsnahe (auch wenn mir die Realität in diesem Fall nicht unbedingt gefällt), klar verständliche und ausführliche Antwort. Vielen Dank.
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