Insovenzrecht vs. Sozialrecht (Bürgergeld) - was wiegt höher?

| 22. Juni 2025 14:07 |
Preis: 80,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren Anwälte,

folgende Situation:
leider musste ich Mitte letzten Jahres ein neu eröffnetes Einzelunternehmen im Zuge der Rezession schließen und bin seit nun einigen Monaten in Privatinsolvenz. Parallel bin ich weiterhin auf Jobsuche, was sich aufgrund meines geisteswissenschaftlichen Studiums, das auch schon länger zurück liegt, relativ schwierig gestaltet. Der "Bruch" im Lebenslauf tut sein Übriges.

Aktuell geht das Insolvenzverfahren still seinen Gang und alle relevanten Unterlagen sind meinerseits beim Verwalter eingereicht worden; ich bekomme nicht viel davon mit. Allerdings steht eine Umschulung wie ein Elefant im Raum, was ansich schon sehr schlecht ist in Insolvenz. Das aheb ich an anderer Stelle thematisiert und soll hier nicht Thema sein.

Es spielt aber insofern eine Rolle, als das Jobcenter nun in sehr kurzer Zeit auf eine Variante drängt, deren vergütung deutlich unter der Pfändungsfreigrenze oder ggf. sogar bei Null Euro liegen würde. Da gibt es besseres, was auch greifbar ist, aber für das Center komplexer zu managen und es dauert auch ein paar Monate länger, bis ich dort Fuß fassen kann. Im gegenztug wären die Aussichten für die Gläubiger, ÜBERHAUPT noch etwas zu bekommen, meiner privaten Ansicht nach besser.

Grundsätzlich stehe ich sowohl mit meinem eigenen Anwalt (kompetent, aber überlastet) als auch dem Verwalter deswegen in Kontakt. Letzterer hat bis dato nicht reagiert, was viele Gründe4 haben kann. Ich weiß nicht, ob er eine Frage wie dieser in seiner Vertreterrolle überhaupt beantworten DARF.

Meine konkrete Frage:
Was wiegt hier höher - falls das überhaupt klar ist, vielleicht ist das ja "rechtliches Niemandsland". Das Insolvenzrecht (und die dortige Erwerbsobliegenheit) oder das Sozialrecht des Jobcenters (und meine dortige Pflicht, zumutbare Arbeit anzunehmen)? Natürlich gibt es da eine Schnittmenge, aber die ist in meinem konkretenh Fall leider sehr klein, zu klein für die Praxis. Das Center drängt auf Quantität und Geschwindigkeit, der verwalter auf Quaslität und Einkommen.

Wonach soll ich mich richten? Beides geht mit meinem Hintergrund und in der derzeitigen Wirtschaftslage Deutschlands nicht, eine Instanz wird sich in Verzicht üben müssen.

Wer ist das?

Vielen Dank!
23. Juni 2025 | 16:55

Antwort

von


(2984)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

das Bürgergeld hat den Vorrang.

Sie erhalten die Leistungen und sind eben verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen.

Dass es etwas Besseres in naher Zukunft ergeben soll, spielt dabei keine Rolle:

Denn wenn sich dieses Besseres tatsächlich verwirklicht, könnten Sie natürlich die zumutbare Arbeit aufgeben und aus dem Bürgergeldbezug gehen.

Sie werden also nicht erfolgreich damit argumentieren können, dass Aussichten auf Besseres bestehen.

Mit den Aussichten sind eben dann keine konkreten Beschäftigungen verbunden.

Auch mögliche Gläubigerbefriedigungen spielen dann keine Rolle.

Auch das ist derzeit nir eine Aussicht und nichts Konkretes.

Daher wird das Bürgergeld vorrangig zu betrachten sein.

Sie werden dann auch verpflichtet werden können, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle


Rückfrage vom Fragesteller 23. Juni 2025 | 18:19

Sehr geehrte Frau True-Bohle,

ich hoffe, das folgende gilt als Verständnisfrage - für mich selber fühlt es sich so an, da mir da ein Stück Information fehlt (kein Vorwurf an Sie, ich bin ja der Laie):

Bedeutet das im Umkehrschluss, die Auflagen des Bürgergeldes können die restschuldbefreiung gefährden und, mehr als das, dies ist auch juristisch tatsächlich erlaubt? Gibtr es einen Präzedenzfall oder ein gesetz, dass das klar regelt? Immerhin würde ja dann der gesamte Sinn der (in meinem Fall ja übrigens persönlich unverschuldeteten) Insolvenz als solcher in Frage stehen und ich bis ans Lebensende abzahlen müssen; wir reden über enorme Summen.

Danke.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juni 2025 | 18:31

Sehr geehrter Ratsuchender,

genau das bedeutet es.

Denn derzeit bedienen Sie die Gläubihger ja nichjt, sodass gar kein Konflikt besteht.

Und dann geht die Allgemeinheit als Träger des Bürgergelds vor.

Überlegen Sie dann einmal die Kehrseite:

Nach Ihrer Einschätzung könnten Sie immer auf Aussichten abstellen, Beschäftigungen deshalb ausschlagen und Bürgergeld weiter beziehen.

Das ist so nicht möglich.

Dazu gibt es keinen Präzedenzfall.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle

Bewertung des Fragestellers 25. Juni 2025 | 14:05

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"Sehr schnelle Reaktion sowohl bei der Ausgangs- als auch der von mir gestellten Rückfrage. Beide Antworten waren Knapp, aber zugleich anschaulich und präzuise gehalten und nachvollziehbar argumentiert. Auf mein konkretes Nachhaken, ob es in einem bestimmten "Graubereich" einen Präzedenzfall gebe (gab es nicht), wurde knapp eingegangen - nicht immer so, denke ich. Insgesamt empfehle ich die Anwältin definitiv weiter."
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 25. Juni 2025
5/5.0

Sehr schnelle Reaktion sowohl bei der Ausgangs- als auch der von mir gestellten Rückfrage. Beide Antworten waren Knapp, aber zugleich anschaulich und präzuise gehalten und nachvollziehbar argumentiert. Auf mein konkretes Nachhaken, ob es in einem bestimmten "Graubereich" einen Präzedenzfall gebe (gab es nicht), wurde knapp eingegangen - nicht immer so, denke ich. Insgesamt empfehle ich die Anwältin definitiv weiter.


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(2984)

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