Immobilienkauf Eheleute mit unterschiedlichem Eigenkapital - % Miteigentumsanteil

18. Oktober 2019 17:20 |
Preis: 70,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Zusammenfassung

Welche Auswirkung hat eine Zugewinngemeinschaft auf die Eigentumsanteile bei einer Immobilie, wenn die Ehepartner unterschiedliches Eigenkapital eingebracht haben?

Das Haus bleibt auch nach der Scheidung gemeinsames Eigentum mit den Anteilen, die im Grundbuch eingetragen sind. Beide behalten also ihre Eigentumsanteile. Der Zugewinnausgleich wird dann wie folgt ermittelt: Man stellt für beide Ehegatten jeweils das Anfangs- dem Endvermögen gegenüber. Die Differenz zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen ist der Zugewinn. Wenn beide Seiten den gleichen oder keinen Zugewinn erzielt haben, findet auch kein Zugewinnausgleich statt. In den anderen Fällen bildet man die Differenz zwischen dem höheren und dem niedrigeren Zugewinn. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn hat an den anderen die Hälfte dieser Differenz auszuzahlen. Das ist der Zugewinnausgleich.

Wir haben vor Kurzem geheiratet und wollen nun gemeinsam eine Wohnung kaufen. Aktuell haben wir keinen Ehevertrag geschlossen, gehen also von Zugewinngemeinschaft aus, wir können dies aber auch ändern. Da wir unterschiedliche Vermögensverhältnisse mit in die Ehe bringen, überlegen wir, wie wir nun beim Immobilienkauf für den Fall einer Scheidung fair vorgehen können.

Inkl. Notar/Grunderwerb/Makler kostet uns der Immobilienkauf 911TEUR
SIE wird Eigenkapital von 471TEUR einbringen. Dieses Vermögen bestand bereits vor Eheschließung.
Für den Kredit von 440TEUR rechnen wir damit, dass SIE 2/3 und ER 1/3 tilgen wird (Die Finanzierungskosten vernachlässigen wir).

Nun überlegen wir, uns beide ins Grundbuch eintragen zu lassen, jedoch nicht mit 1/2 ideellem Miteigentumsanteil, sondern SIE zu 84% und ER zu 16%.
Darauf kommen wir, indem wir die Anteile des Eigenkapitals und der erwarteten Tilgungsanteile an den Gesamtkosten berechnen, also (2/3*440 + 471) / 911 = 84%

Ist das so sinnvoll oder machen wir einen Denkfehler, da IHR Eigenkapital im Falle einer Zugewinngemeinschaft ohnehin ihr allein zustehen würde? Wir würden gern bei der Zugewinngemeinschaft bleiben, können aber auch Gütertrennung vereinbaren, wenn dies sinnvoller ist.

Unsere Frage ist also, wie im Falle einer Zugewinngemeinschaft vs. im Falle von Gütertrennung mit der Immobilie verfahren werden würde, wenn SIE das Eigenkapital von 440TEUR mit in die Ehe gebracht hat und ER zu nur 16% im Grundbuch steht.

Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Vorab will ich auf folgendes aufmerksam machen: Sie fragen nach dem Zugewinnausgleich bezogen auf einen einzelnen Vermögensgegenstand, nämlich das zu erwerbende Haus. Tatsächlich muss zur Errechnung des Zugewinnausgleiches das Gesamtvermögen eines jeden Ehegatten jeweils zum Zeitpunkt der Eheschließung und zum Zeitpunkt der Einreichung der Scheidung berechnet werden, weshalb die Verengung des Blicks auf einzelne Vermögensgegenstände zu verzerrten Ergebnissen führen kann.

2. Es ist so, dass die Eigentumsverhältnisse an dem Haus sich durch die Scheidung nicht ändern, weder bei der Zugewinngemeinschaft noch bei der Gütertrennung. Das heißt, das Haus bleibt auch nach der Scheidung ihr gemeinsames Eigentum mit den Anteilen, die im Grundbuch eingetragen sind. Beide behalten also Ihre Eigentumsanteile.

3. Vereinfacht gesagt ist die [u]Zugewinngemeinschaft [/u]eine Gütertrennung während der Ehe mit Zugewinnausgleich am Ende der Ehe.

Der Zugewinnausgleich wird wie folgt ermittelt:

Man stellt für beide Ehegatten jeweils das Anfangs- dem Endvermögen gegenüber. Die Differenz zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen ist der Zugewinn. Wenn beide Seiten den gleichen oder keinen Zugewinn erzielt haben, findet auch kein Zugewinnausgleich statt. In den anderen Fällen bildet man die Differenz zwischen dem höheren und dem niedrigeren Zugewinn. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn hat an den anderen die Hälfte dieser Differenz auszuzahlen. Das ist der Zugewinnausgleich.

Bezogen auf Ihre Angaben, also ausschließlich im Zusammenhang mit dem zu erwerbenden Haus würde der Zugewinnausgleich zu folgenden Ergebnissen führen, wobei ich annehme, dass die Scheidung erst nach vollständiger Tilgung stattfinden wird und dass der Wert des Hauses bei Scheidung ca. 911.000 € beträgt. Zu dem Fall einer früheren Scheidung und zu Wertschwankungen beim Haus werde ich weiter unten noch etwas sagen.

Nun aber zu der hypothetischen Berechnung:

Anfangsvermögen Ehefrau 471.000 € (Eigenkapital)
Endvermögen Ehefrau 765.000 € (ca. 84 % von 911.000 €)
Zugewinn Ehefrau somit ca. 294.000 €.

Beim Ehemann ist es einfacher: Anfangsvermögen Null Endvermögen ca. 145.000 € (ca. 16 % von 911.000)
Zugewinn Ehemann also ca. 145.000 €.

Die Differenz zwischen den beiden Zugewinnbeträgen ist 149.000 €. Davon die Hälfte, also 74.500 € hätte die Ehefrau an den Ehemann als Zugewinnausgleich zu zahlen.

Tatsächlich entspricht der für beide Ehegatten jeweils errechnete Zugewinn in etwa den von Ihnen angenommenen Tilgungsanteilen, so dass die von Ihnen beabsichtigte Eigentumsaufteilung von 84 % zu 16 % gerecht erscheint.

3. Sollte die Scheidung vor vollständiger Tilgung erfolgen, sind natürlich beliebig viele Zwischenergebnisse denkbar. Das Darlehen werden Sie vermutlich als Gesamtdarlehen aufnehmen. Es dürfte eine vertragliche Regelung zwischen den Ehegatten sinnvoll sein, in der die Tilgungsanteile verbindlich geregelt werden.

Es sind, besonders wenn man über einen längeren Zeitraum nachdenkt, natürlich Entwicklungen denkbar, die am Ende zu einem ganz anderen Ergebnis führen werden. Wenn es zu einer Wertsteigerung der Immobilie kommt, würde der Zugewinnausgleich entsprechend höher ausfallen, da die Ehefrau mit ihrem größeren Anteil einen größeren Zugewinn hätte. Sinkt die Immobilie im Wert, ist der Zugewinnausgleich dementsprechend geringer.

Ich weise auch noch einmal darauf hin, dass die Entwicklung des sonstigen Vermögens der Ehegatten die Ergebnisse beeinflussen kann.

Die oben dargestellte Modellrechnung ist also nur ein erster Anhaltspunkt für Ihre Entscheidung bei einem einigermaßen wahrscheinlichen Verlauf des Ganzen.

4. Würde [u]Gütertrennung [/u]vereinbart, behielte die Ehefrau (wie bei der Zugewinngemeinschaft auch) ihren 84-prozentigen Anteil an der Immobilie, brauchte aber keinerlei Zugewinnausgleich zu zahlen.

5. Wenn Sie den von mir zugrunde gelegten Verlauf für wahrscheinlich halten, wäre also für die Ehefrau die Gütertrennung die günstigere Variante, da sie beim Zugewinnausgleich im Falle der Scheidung zu dem von ihr vorgenommenen größeren Tilgungsanteil auch noch den Zugewinnausgleich leisten müsste, der bei der Gütertrennung entfiele.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Dr. Ahmadi antwortet zeitnah und sehr ausführlich. ...
5,0/5,0
Frage um 21:36 Uhr gestellt, um 22:00 ausführliche Antwort erhalten, eine Rückfrage war nicht erforderlich. ...
5,0/5,0
Die Antwort war kompetent und ging gut auf meine Frage ein. Ich war zufrieden. ...