2. November 2007
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14:47
Antwort
vonRechtsanwalt Michael Euler
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vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen.
Aufgrund Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Das Landesgesetz zu den hessischen Nachbarrechtsverhältnissen (Hessisches Nachbarrechtsgesetz) enthält keine Definitionen, was unter einem Baum, einem Strauch und einer Hecke zu verstehen ist, obwohl dieser Abgrenzung natürlich entscheidende Bedeutung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten zukommen kann.
Botanische Definitionen reichen bei der Bestimmung der Pflanze zu einer der Gruppierungen jedenfalls nicht aus.
Die Definition von Bäumen, Sträuchern und Hecken muss vielmehr dem Sinn des Gesetzes entsprechen.
Ein Baum muss aber stets einen oder mehrere Stämme mit Krone haben und eine Höhe von mindestens 6 m erreichen können. Dass der Baum diese Höhe tatsächlich erreicht, ist aber nicht entscheidend.
Von einer Anpflanzung von Pflanzen, die den Bäumen unterfallen und in § 38 exemplarisch aufgezählt sind, rate ich deshalb aus rechtlichen Gründen ab. Dies auch, wenn sich Bäume nach einem Beschnitt in eine Hecke umfunktionieren lassen würden. D
adurch verlieren Sie nämlich nicht Ihre Definition als Baum und würden noch immer den Grenzabständen von § 38 unterfallen.
Da auch nach dem Zweck des Gesetzes zu entscheiden ist, würde bei einer Reihenpflanzung von Bäumen und einer anschließenden Beschneidung zwar der Eindruck einer Hecke entstehen können, jedoch sind die Auswirkungen auf den Nachbarn z.B. in Form der Wurzelbildung die gleichen wie bei Pflanzung des freistehenden Baumes.
Hecken können definitionsgemäß aus allen möglichen Gehölzen bestehen, und zwar sowohl aus Laubgehölzen wie auch aus Nadelgehölzen und ebenso aus Obstgehölzen.
Hecken im Sinn der Nachbarrechtsgesetze sind aus Gehölzen bestehende, ein oder mehrreihige Pflanzungen, die von oben bis unten einen Dichtschluss sowie eine Höhen- und Seitenbegrenzung erreichen, so dass der Eindruck einer lebenden Wand besteht, die keinen oder nur geringen Durchblick gewährt.
Beachten Sie aber auch hier, dass keine Gehölze und Sträucher gepflanzt werden, für die ein Abstand nach § 38 gilt!
Eine Pflanzung kann von Anfang an als Hecke gezogen werden, wobei der geforderte Dichtschluss nicht bereits zum Zeitpunkt der Anlage der Hecke gegeben sein muss, sofern er nur überhaupt erreichbar ist.
Bitte beachten Sie aber, dass gemäß § 45 des hessischen Nachbarrechtsgesetzes die §§ 1 bis 44 nur gelten, soweit öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen oder die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben. Insoweit kann also insbesondere ein Bebauungsplan eine Heckenpflanzung verbieten.
Um Rechtssicherheit zu erlangen, sollten Sie deshalb Ihr Vorhaben unbedingt nochmals der Baubehörde mitteilen, damit diese die Konformität mit örtlichen Satzungen überprüft.
Hierbei können Sie sich gleichzeitig nochmals die Übereinstimmung mit dem Nachbarschaftsrecht bescheinigen lassen, so dass Sie dem Nachbarn bei eventuellen Streitigkeiten gleichzeitig die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Stadt vorlegen können.
Bezüglich der Verjährung verweise ich auf § 43 I Nr. 2 des Nachbarrechtsgesetzes Hessen. Dort heißt es:
(1) Der Anspruch auf Beseitigung von Anpflanzungen, die geringere als die in den §§ 38 bis 42 vorgeschriebenen Abstände einhalten, ist ausgeschlossen,
1. wenn die Anpflanzungen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhanden sind und ihre Abstände dem bisherigen Recht entsprechen oder
2. wenn der Nachbar nicht binnen fünf Jahren nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben hat; diese Frist beginnt frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.
Ihnen ist somit Recht zu geben mit einer 5-Jährigen Verjährungsfrist bezüglich eines nachbarrechtlichen Beseitigungsanspruchs. Für das Entstehen des Anspruchs kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nur auf den Zeitpunkt der Anpflanzung an. Die Höhe ist dabei nicht maßgeblich.
Für Rückfragen oder weiterer Interessenvertretung stehe ich gerne zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Euler
Rechtsanwalt