Hausverwaltung vergitter Dachterrasse. Dies ist auch 2 Rettungsweg

20. Oktober 2024 13:15 |
Preis: 75,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um Pflichtverletzungen der Verwaltung (baurechtswidrige Verwaltung) bzw. das Procedere im Vorfeld einer möglichen Abberufung der Verwaltung nach dem WEG.


Im Zuge einer Sanierungsmaßnahme der Dachterrasse wurde durch die Hausverwaltung Gitter (bauzaun) von außen mittels Holzkeilen an unseren Fenster und Terrassentüren fest montiert. Hierdurch hatten wir in der obersten Etage keine weitere Fluchtmöglichkeit ausser das Treppenhaus. Es wurden in der Anlage bereits 10 Terrassen ohne diese Maßnahme saniert.
Darf hier ohne Beschluss und vor allem mit dem Wissenbes gibt keinen weiteren Rettungsweg durch die Verwaltung agiertbwerden. Wir halten dies für strafrechtlich relevant. Bei einem Brand gab es für uns keine Rettungsmöglichkeit!

Wir hatten einen Gutachter hinzugezogen.

Darf eine Verwaltung das Leben der Eigentümer wissentlich und ohne Not so gefährden.
Anzeige der HV und Architekt? Beschwerde beim Amtsgericht?

Wir haben die Kündigung zum 30.6.2025 auf die TOP zur ETVersammlung 2024 setzen lassen.
Nun weigert sich HV diesen TOP aufzunehmen.
Gemäß WEG kann auch ein ET die Kündigung bei entsprechendem Fehlverhalten einreichen.

Allerdings gibt es noch weitere Verfehlungen Vermögensliste unvollständig, kein Beschluss Erhöhung Gehalt Hausmeister, unverhälnismäßig hohe Rechnungen für Handwerker.


Wie kann ich weiter vorgehen

20. Oktober 2024 | 14:53

Antwort

von


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Gerne zu Ihren Fragen:

[b]1. Sicherheitsrisiko durch blockierte Fluchtwege[/b]

Die Tatsache, dass Fluchtwege durch fest montierte Gitter blockiert wurden, stellt ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko dar, insbesondere in Bezug auf den Brandschutz, der baurechtlich unabdingbar Vorrang hat. Die Verwaltung hat hierbei möglicherweise gegen das Bauordnungsrecht und die Pflichten zur Sicherheit der Eigentümergemeinschaft verstoßen. Laut den Bauordnungen der Bundesländer (z.B. Musterbauordnung, § 33 Abs. 1 MBO "Erster und zweiter Rettungsweg") müssen bauliche Anlagen so gestaltet sein, dass im Brandfall eine Rettung der Bewohner gewährleistet ist. Die Blockade von Fluchtwegen stellt hier einen klaren Verstoß dar, insbesondere wenn bereits bekannt ist, dass es keine alternativen Rettungswege gibt. [b]Hier wäre mithin eine Anzeige bei Ihrem örtlich zuständigen Bauordnungsamt das Mittel der Wahl.[/b]

[b]Strafrechtliche Relevanz: [/b] Nur sekundär könnte ein Anfangsverdacht auf eine fahrlässige Gefährdung oder gar vorsätzliche Straftat (die brauchen Sie nach §§ nicht zu benennen) durch Unterlassen bestehen. In diesem Fall wäre eine Anzeige gegen die Hausverwaltung und den verantwortlichen Architekten zu erwägen, wobei Sie dazu besser anwaltliche Hilfe bei der Formulierung beiziehen sollten. Bauaufsichtsrechtlich (s.o.) sind Sie da in der besseren Position.

Gutachterliche Feststellung: Da Sie bereits einen Gutachter hinzugezogen haben, sollten dessen Ergebnisse dokumentiert werden. Dies kann im Rahmen eines möglichen Verfahrens oder eines zivilrechtlichen Prozesses von Bedeutung sein.

[b]2. Pflichten der Hausverwaltung[/b]
Die Hausverwaltung handelt als Beauftragte der Eigentümergemeinschaft und ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) dazu verpflichtet, die Sicherheit und Interessen der Eigentümer zu wahren. Sollte die Hausverwaltung ihre Pflichten grob verletzen, haben Sie als Eigentümer das Recht, diese zur Rechenschaft zu ziehen.

[b]Verweigerung der Aufnahme eines TOP[/b] zur Kündigung der Hausverwaltung: Die Weigerung der Hausverwaltung, den TOP zur Kündigung auf die Tagesordnung zu setzen, stellt einen Verstoß gegen das WEG dar. Jeder Eigentümer hat das Recht, die Aufnahme eines Punktes auf die Tagesordnung zu verlangen, und die Hausverwaltung darf dies nicht ohne rechtlich triftigen Grund ablehnen.

Wenn die Hausverwaltung sich weigert, einen Tagesordnungspunkt (TOP) zur Kündigung aufzunehmen, können Sie als Eigentümer nach dem WEG verlangen, dass ein bestimmter Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Fehlverhalten der Verwaltung (z.B. Vermögensliste, Hausmeistergehälter, Handwerkerrechnungen): Weitere Verfehlungen, wie unvollständige Vermögenslisten oder unverhältnismäßig hohe Ausgaben, könnten als Veruntreuung oder zumindest als grobe Pflichtverletzung gewertet werden. Hier sind jedoch Beweise und gegebenenfalls ein Gutachten über die finanzielle Verwaltung erforderlich.

[b]3. Vorgehen zur Abberufung der Hausverwaltung[/b]
Wenn Sie bereits planen, die Kündigung der Hausverwaltung zur Abstimmung zu bringen, sollten Sie sich am Gesetz (WEG) wie folgt orientieren:

[quote]§ 26 WEG Bestellung und Abberufung des Verwalters
(1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer.

(2) 1Die Bestellung kann auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Fall der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. 2Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.

(3) 1Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. 2Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.

(4) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Absatz 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind.

(5) Abweichungen von den Absätzen 1 bis 3 sind nicht zulässig.[/quote]

Zu unterscheiden sind Abberufungsakt und Kündigung des Verwaltervertrages . Die Abberufung des Verwalters (vor Ablauf seiner Amtszeit) erfolgt durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer (§ 26 Abs. 1 S. 1 WEG). Der Beschluss über die Kündigung des Verwaltervertrages kann regelmäßig auch als Abberufung des Verwalters ausgelegt werden. [b]Eine Abberufung ist jederzeit möglich.[/b] Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist keine Voraussetzung und kann im Gegensatz zum bisherigen Recht (aF.) auch nicht mehr vereinbart werden. Auch andere Beschränkungen der Abberufung sind gem. § 26 Abs. 5 unzulässig und nichtig (zB qualifizierte Mehrheit oder Zustimmung eines Dritten zur Abberufung). Der Beschluss muss nur ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Der abberufene Verwalter kann den Beschluss im Gegensatz zum bisherigen Recht nicht selbst anfechten.

Daneben kann die Abberufung auch nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG durch Gerichtsbeschluss erfolgen. Für diesen Weg besteht ein Rechtsschutzbedürfnis allerdings nur, wenn der Versuch, einen Mehrheitsbeschluss zu erreichen, gescheitert oder unzumutbar ist. Das können die ET mithin auch gerichtlich erzwingen, tunlichst anwaltlich beraten. Denn da gibt es [b]Ausschlussfristen [/b]und formalen Aufwand, vgl. Teil 3 (Verfahrensvorschriften in § 43 - 45 WEG)


Dokumentieren Sie deshalb alle Verfehlungen der Hausverwaltung, insbesondere die Vorfälle rund um die Blockade der Fluchtwege, unvollständige Vermögenslisten und die finanzielle Handhabung des Hausmeistergehalts und der Handwerkerrechnungen. Diese Beweise sind für das gerichtliche Vorgehen und mögliche Schadensersatzansprüche unerlässlich.

5. Zusammenarbeit mit anderen Eigentümern
Falls auch andere Eigentümer mit der Verwaltung unzufrieden sind, sollten Sie als ET versuchen, Mehrheiten innerhalb der Eigentümerversammlung für die Abberufung der Verwaltung zu gewinnen. Eine solche Mehrheitsentscheidung würde Ihren Standpunkt zusätzlich stärken und den Druck auf die Verwaltung erhöhen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 20. Oktober 2024 | 16:21

Strafrechtliche Vorgehensweise bevorzugt. Es lagerten auf der Terrasse tagelang Gasflaschen in der Sonne.
Die Vergitterung wurde nur gemacht um uns zu hindern Fotos der schlechten Arbeiten zumachen.
Hätte gerne dazu einfach detaillierte Klärung. Fotos und Zeugen ( Nachbarn) sind vorhanden und sagen auch dazu aus. Müssten wir beim Amtsgericht Klage stellen? Der Architekt ist wohl Sicherheitsbeauftragter!
Bitte hier noch ein bisserl mehr Info. Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. Oktober 2024 | 18:01

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Im Strafverfahren besteht meist ein latentes Risiko einer Gegenanzeige wg. falscher Verdächtigung. Außerdem dient das Strafverfahren nur dazu, den Strafanspruch des Staates zu verwirklichen. Eher selten haben Sie als Betroffene davon einen direkten Nutzen, bestenfalls bei Schmerzensgeld oder indirekt über § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. einem sonstigen "Schutzgesetz"; Nicht aber bei einer noch nicht eingetretenen Verletzung des ("Leben, Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum")

Dennoch gerne [b]zur strafrechtlichen Seite die folgenden Ausführungen:[/b]
Die Vorteile:
1.) Die Ermittlungen und die Erhebung der nötigen Beweise übernimmt der Staatsanwalt. Die dürfen Sie dann z.B. im Zivilverfahren (auf Unterlassung/Rückbau der Gitterabsperrung etc.) nutzen und im Prozess einführen.
2.) Kein Prozesskostenrisiko; Gerichtskosten nur beim Verurteilten.

[b]Nachteil:[/b] s.o. "Gegenanzeigen".

[b]Im Einzelnen:[/b]

1. Strafrechtliche Bewertung der Situation
Die Lagerung von Gasflaschen auf der Terrasse sowie die Installation der Vergitterung mit der offensichtlichen Absicht, Sie daran zu hindern, die Arbeiten zu dokumentieren, können ernsthafte strafrechtliche Folgen für die Verantwortlichen nach sich ziehen.

a) Gefährdung durch Gasflaschen
Das Lagern von Gasflaschen in direkter Sonneneinstrahlung kann als grob fahrlässig betrachtet werden. Gasflaschen müssen grundsätzlich so gelagert werden, dass keine Explosionsgefahr besteht, und besonders nicht in direkter Sonne. In Ihrem Fall könnte dies auf eine fahrlässige Brandstiftung (§ 306d StGB) ...

[quote]§ 306d StGB Fahrlässige Brandstiftung
(1) Wer in den Fällen des § 306 Abs. 1 oder des § 306a Abs. 1 fahrlässig handelt oder in den Fällen des § 306a Abs. 2 [b]die Gefahr[/b] fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.[/quote]


...hindeuten, wenn durch die unsachgemäße Lagerung der Flaschen eine erhebliche Brandgefahr bestand. Auch wenn kein Brand ausgebrochen ist, kann schon die konkrete Gefährdung eine strafrechtliche Relevanz haben, insbesondere wenn das Risiko als ernsthaft und vermeidbar angesehen wird. Auch § 306 f StGB KÖNNTE relevant werden ("durch Rauchen, durch offenes Feuer [b]oder Licht[/b],").

b) Vergitterung der Fenster und Fluchtwege
Die Vergitterung der Fenster und Terrassentüren, wodurch ein Fluchtweg versperrt wurde, könnte strafrechtlich als Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit gewertet werden. Hier kommen insbesondere folgende Straftatbestände in Betracht:

Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), wenn durch die Blockade der Fluchtwege im Fall eines Brandes oder Notfalls eine Flucht nicht möglich gewesen wäre und hierdurch Verletzungen drohen.

Vorsätzliche Körperverletzung durch Unterlassen (§ 223 StGB), wenn nachgewiesen werden kann, dass die Hausverwaltung bewusst die Gefährdung eingegangen ist, indem Fluchtwege blockiert wurden.
Gefährdung von Leib und Leben gemäß § 221 StGB, wenn durch die Maßnahme eine konkrete Gefahr für die Bewohner bestand, beispielsweise im Fall eines Brands, bei dem der Fluchtweg blockiert gewesen wäre.
Wenn Sie dies zur Anzeige bringen, sollten Sie die Beweise (Fotos, Zeugen) gut vorbereiten, um die Gefährdungslage darzustellen. Auch die Aussage des Gutachters könnte hier wertvoll sein, um das Risiko, das von der Lagerung der Gasflaschen und der blockierten Fluchtwege ausgeht, objektiv zu untermauern.

c) Strafanzeige und mögliche Gegenanzeige
In solchen Fällen ist es üblich, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnimmt, wenn Sie Strafanzeige erstatten. Es besteht jedoch das Risiko einer Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB), falls die Vorwürfe sich nicht als haltbar erweisen. Dies wäre jedoch nur der Fall, wenn Sie wissentlich falsche Tatsachen vortragen würden. Da Sie Fotos und Zeugen haben, die Ihre Sichtweise stützen, ist das Risiko einer solchen Gegenanzeige eher gering, solange Sie Ihre Behauptungen sachlich und beweisgestützt vortragen.

Es kommt hier weniger darauf an, ob tatsächlich schon etwas passiert ist, sondern auf die konkrete Gefährdungslage. Es gibt nach meiner Erfahrung durchaus Fälle, in denen strafrechtliche Maßnahmen wegen Gefährdungslagen (§ 306 f StGB KÖNNTE relevant werden "...durch Rauchen, durch offenes Feuer [b]oder Licht[/b],") eingeleitet wurden, auch wenn es nicht zu einem Unglück gekommen ist. Die Gasflaschen und die blockierten Fluchtwege könnten von der Staatsanwaltschaft als ernsthafte Gefahr eingestuft werden, besonders wenn die Nachbarn dies bezeugen und der Sicherheitsstandard durch einen Gutachter nachweisbar nicht eingehalten wurde.

d) Der Architekt als Sicherheitsbeauftragter
Sollte der Architekt in der Funktion eines Sicherheitsbeauftragten tätig gewesen sein, trägt er eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften. Falls er diese Pflicht verletzt hat, indem er die Fluchtwege blockieren ließ oder die Lagerung der Gasflaschen zuließ, wäre auch er strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Ihnen wünsche ich das Beste und bin mit Dank für das in mich gesetzte Vertrauen
Ihr
Willy Burgmer
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