Hausarzt – Löschung eines erhaltenen Arztbriefes

| 11. Februar 2012 11:42 |
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Medizinrecht


Mein Hausarzt hat mich zur Weiterbehandlung an einen Facharzt überwiesen. Dort stimmte ich der Übermittlung des Befundes an den Hausarzt zu und ein Arztbrief wurde versandt. Dieser ist nun im EDV-System der Hausarztpraxis gespeichert.
Ich möchte, dass der Brief beim Hausarzt gelöscht wird.
Der Arzt ist einem identischen Wunsch vor einigen Jahren sofort nachgekommen. Er hat mir das Original ausgehändigt und glaubhaft versichert, dass die eingescannte Kopie gelöscht werde.

Ist der Arzt dazu juristisch verpflichtet?

Falls nein, würde sich etwas ändern, wenn der Hausarzt mich nicht selbst zu dem Facharzt überwiesen hätte? Ich beziehe mich hier z.B. auf Befunde, die nach einem Hausarztwechsel aus der Patientenakte beim vorherigen Hausarzt übernommen wurden.

Bei einer Beantwortung wäre mir prinzipiell fachliche Präzision wichtiger als Allgemeinverständlichkeit. Gut wäre, wenn die für die Antwort entscheidenden Gesetze, Verordnungen oder Urteile genannt würden.
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Im Ergebnis ist in Ihrem Fall zunächst der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes eröffnet, sodass Sie einen Anspruch auf Löschung des Arztbriefes nach § 35 Abs.2 haben.


Nach dieser Norm können personenbezogene Daten jederzeit gelöscht werden. Sie sind zu löschen, wenn sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist. Der Zweck der Speicherung des Arztbriefes durch den Arzt ist nunmehr entfallen, sodass sie nach § 35 BDSG einen Anspruch auf Löschung des eingescannten Arztbriefes haben. Diese Ausführungen gelten im Übrigen auch für alle eingescannten Befunde.


Gem. § 3 Abs.1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Die im eingescannten Arztbrief über Sie ggfs. angegebenen Anamnese, Diagnosen und Befundangaben, durchgeführten Therapien, Zeitraum der Behandlung etc.pp sind Angabe, die unmittelbar Ihren Gesundheitszustand betreffen und stellen somit persönliche und sachlichen Verhältnisse Ihrer Person nach § 3 BDSG dar.


Gem. Absatz 2 der Norm stellt die automatisierte Verarbeitung die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen dar. Das Einscannen des Arztbriefes, der nunmehr im EDV-System, des Arztes gespeichert wurde, stellt nach dieser Legaldefinition eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener, Ihrer Daten dar.


Verarbeiten ist nach § 3 Abs.4 BDSG das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten. Hier hat der Arzt den Arztbrief zum Zwecke der Kommunikation mit dem Nachbehandler eingescannt und somit nach Abs.4 der Norm gespeichert.


Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen und wünsche Ihnen in dieser Angelegenheit noch alles Gute

Mit freundlichen Grüßen

Marksen Ouahes
(Rechtsanwalt)
Rückfrage vom Fragesteller 11. Februar 2012 | 15:15

Vielen Dank für die präzise Beantwortung. Ich habe noch eine Nachfrage.

So weit ich weiß, ergibt sich aus §10 Abs.1 und Abs.3 der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer eine Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht.

Ich vermute, dass eine teilweise Löschung bzw. Schwärzung der entsprechenden Dokumentation in der Patientenakte des Facharztes möglicherweise eine Verletzung dieser Pflichten darstellen könnte. Dieser Aspekt ist für meinen Fall allerdings nicht relevant und ich erwarte keine Stellnungnahme dazu.

Mein Hausarzt dagegen hat in der vorliegenden Angelegenheit keine Diagnostik betrieben und keine Behandlungen durchgeführt, sondern mich nur an den Facharzt überwiesen. Kann ich also davon ausgehen, dass die Herausgabe des Originalbriefes und die Löschung bzw. Vernichtung aller (digitaler) Kopien in der Patientenakte der Hausarztpraxis keine Verletzung der genannten Pflichten darstellt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. Februar 2012 | 17:47

Sehr geehrter Ratsuchender,

aus § 10 Abs.1 und Abs.3 MBO ergibt sich wie Sie richtig sagen, eine Dolumentations - und Aufbewahrungspflicht.

Diese Verpflichtung trifft neben Ihrem Hausarzt auch den Nachbehandler, der den Arztbrief gem. § 10 MBO der Patientenakte einfügen muss. Diese Pflicht trifft jedoch auch Ihren Hausarzt. Er muss den Arztbrief in Kopie in Ihre Patientenakte einfügen. Die Aufbewahrungsfrist für eigene und fremde Arztbriefe beträgt dabei 10 Jahre.

Er muss allerdings -wie gesagt- eine Kopie des Ihnen ausgestellten Arztbriefes nach § 10 MBO aufbewahren.

Handelt es sich um eine herkömmliche Patientenakte, so muss er die eingescannte Version löschen. Allerdings muss er wie gesagt eine Kopie des Arztbriefes in die Akte einfügen und mindestens 10 Jahre aufbewahren.

Handelt es sich in Ihrem Fall um eine sogenannte elektronische Patientenakte, so muss der Arzt jedenfalls den eingesacannten Arztbrief in diese einfügen (Aufbewahrungspflicht). Für diesen Fall wäre ein Anspruch auf Löschung nach § 35 BDSG leider nicht gegeben.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Sie nur für den Fall einen Anspruch auf Löschung nach § 35 BDSG haben, wenn der Arzt über Sie eine herkömmliche Patientenkartei führt und den originalen Arztbrief lediglich zwecks Weiterleitung an der Nachbehandler auf dem Emailwege eingescannt hat.

Sie können mich gerne sofern Fragen offen geblieben sein sollten gern per Email (siehe Profil) kontaktieren.

Ich hoffe ich konnte Ihnen insoweit mit diesen Ausführungen weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Marksen Ouahes
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 12. Februar 2012 | 12:45

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