Grundschulbrief verloren - Erben des Ausstellers sind sich uneinig

30. Januar 2017 11:50 |
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Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Guten Morgen,
meine Partnerin hat von einem verstorbenen Verwandten eine Eigentumswohnung geerbt.

Bei der Übernahme stellte sich heraus, dass in 1973 vom damaligen Bauträger eine Grundschuld in Höhe von 10.000 DM bestellt worden ist, zur Zwischenfinanzierung. Die Fälligkeit dieser Grundschuld war im April 1974.

Meine Partnerin hat über einen Notar vom damaligen Inhaber des Grundschuldbriefs die alleinigen Erben (A+B) ausfindig gemacht, die die beiden Kinder des Erblassers sind. A hat über seinen Notar erklären lassen, dass der Grundschuldbrief abhandengekommen ist und er nicht weiß, wo er ist. Deshalb verzichtet A auf jegliche Rechte hieraus.

B verzichtet jedoch nicht und ist auch nicht bereit eine Erklärung abzugeben, er ist aber auch nicht im Besitz des Grundschuldbriefs. Eine Erklärung, wie A, möchte B allerdings ohne Bezahlung nicht abgeben und besteht auf die Zahlung der Grundschuld an ihn in Höhe von 10.000 DM plus Zinsen für die letzten 5 Jahre, dann würde auch er eine Erklärung wie A abgeben.

Was nun?

Kann eine Grundschuld ohne Grundschuldbrief überhaupt rechtskräftig beglichen werden? Kann B auch ohne Zahlung der 10.000 DM zur Abgabe der Erklärung gezwungen werden oder kann das Aufgebot auch ohne Vorlage der Erklärung von B bestellt werden? Was wäre die beste Strategie?

Wir haben sämtliche Unterlagen durchgesehen und konnten den Brief nicht auffinden.


Sehr geehrter Mandant,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich Ihnen diese wie folgt beantworten:

1.
Nein, eine rechtskräftige Ablösung der Grundschuld, die über einen Grundschuldbrief abgesichert ist, ist ohne die Briefvorlage nicht möglich. Letztlich müssen spätestens zur Löschungsbeantragung beim Grundbuch sowohl die Löschungsbewilligung des Gläubigers als auch der Grundschuldbrief vorgelegt werden.

Umgekehrt gilt natürlich, dass Ihre Freundin die Grundschuld nicht begleichen muss, solange ihr kein Grundschuldbrief vorgelegt wird.

2.
Ob das Aufgebot auch ohne die Eidesstattliche Versicherung des einen Erben beantragt werden kann, hängt davon ab, wer der Antragsberechtigte ist.
Der Grundschuldbrief dient ja nicht ausschließlich dem Gläubiger, sondern durchaus auch dem Schuldner - also Ihrer Freundin -, sofern nämlich die Schuld beglichen worden ist.

Ob also ein Antrag für ein Aufgebotsverfahren gestellt werden kann, hängt letztlich davon ab, wer aktuell antragsberechtigt ist:

2.1
Sofern die Grundschuld noch nicht bezahlt worden sein sollte, ist es leider korrekt, dass nur der Erbe des Gläubigers als Berechtigter daraus das Aufgebotsverfahren einleiten kann.

2.2
Sofern die Grundschuld bereits bezahlt wurde, wäre Ihre Freundin antragsberechtigt und nicht zwingend auf die eidesstattliche Versicherung des Erben angewiesen.

Dies kann durchaus einmal vorkommen, wenn auch auf ihrer Seite eine Löschungsbewilligung verloren gegangen wäre.

3.
Um die bestehende "Pattsituation" aufzulösen, würde ich Ihnen daher empfehlen, Kontakt zu der seinerzeit das Bauprojekt finanzierenden Bank aufzunehmen und in Erfahrung zu bringen, ob die Grundschuld bereits getilgt worden ist.
Sollte dies der Fall sein, kann die Bank Ihrer Freundin eine erneute Löschungsbewilligung erteilen. Unter Vorlage dieser Bewilligung kann sie dann als neue Berechtigte - nämlich berechtigt auf die Löschung aus dem Grundbuch - das Aufgebotsverfahren einleiten, den Grundschuldbrief für ungültig erklären lassen und mit dem Aufgebotsbeschluss und der Löschungsbewilligung zusammen an das Grundbuchamt herantreten und die Löschung der Grundschuld beantragen.

Sollte die Grundschuld nicht gelöscht sein, kann sie das Aufgebotsverfahren leioder nicht beantragen, dies müsste dann der Erbe des Gläubigers tun.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit einen Überblick über die Sach- und Rechtslage geben konnte und stehe für eventuelle Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin
Rückfrage vom Fragesteller 1. Mai 2017 | 13:27

Sehr geehrte Frau Fritsch,
vielen Dank für Ihre Antwort, die uns sehr weiter geholfen hat.

Wir haben herausgefunden, dass die 20.000 DM Restschuld über den damaligen Bauträger finanziert gewesen sind. Hierzu haben wir die Bestätigung im Original von ihm gefunden, dass die Zahlung in 1974 vollständig geleistet worden ist.

Würde Ihnen dieses Schreiben ausreichen, um das Aufgebotsverfahren zu eröffnen? Wir haben außerdem die Darlehensnummern der Sparkasse gefunden, die wir parallel anschreiben.

Freundliche Grüße

Rückfrage vom Fragesteller 1. Mai 2017 | 13:32

Sehr geehrte Frau Fritsch,
vielen Dank für Ihre Antwort, die uns sehr weiter geholfen hat.

Wir haben herausgefunden, dass die 20.000 DM Restschuld über den damaligen Bauträger finanziert gewesen sind. Hierzu haben wir die Bestätigung im Original von ihm gefunden, dass die Zahlung in 1974 vollständig geleistet worden ist.

Würde Ihnen dieses Schreiben ausreichen, um das Aufgebotsverfahren zu eröffnen? Wir haben außerdem die Darlehensnummern der Sparkasse gefunden, die wir parallel anschreiben.

Freundliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Mai 2017 | 13:43

Sehr geehrter Mandant,

es freut mich zu lesen, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Ja, nach Ihrer Schilderung würde ich davon ausgehen, dass Sie unter Vorlage dieses Schreibens weiterkommen sollten. Wenn die Zahlungsbestätigung vorliegt, kann der sich weigernde Gläubiger seine Zustimmung zur Löschung nicht mehr wirksam verweigern.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

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