20. September 2025
|
12:06
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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Sie möchten wissen, ob die bestehende Grunddienstbarkeit, die das Recht auf Kabelanschluss für Fernseh- und Rundfunkempfang regelt, auch die Verlegung eines Glasfaserkabels umfasst, obwohl Sie selbst keinen Glasfaseranschluss wünschen.
1. Auslegung der Grunddienstbarkeit
Die im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit lautet:
[quote]"Recht, die vom dienenden zum herrschenden Grundstück führenden Kabelanschlüsse für Fernseh- und Rundfunkempfang dort zu belassen und das dienende Grundstück zum Zwecke von Instandsetzungsarbeiten zu betreten bzw. durch beauftragte Dritte betreten zu lassen."[/quote]
a) Wortlaut der Dienstbarkeit
Die Formulierung bezieht sich ausdrücklich auf „Kabelanschlüsse für Fernseh- und Rundfunkempfang".
Es ist nicht von „jeglichen Telekommunikationsleitungen" oder „sonstigen Datenleitungen" die Rede.
b) Zweckgebundene Auslegung
Die Dienstbarkeit ist auf den Zweck des Fernseh- und Rundfunkempfangs beschränkt.
Glasfaserkabel dienen in erster Linie der Datenübertragung (Internet, Telefonie, ggf. auch Fernsehen).
Ob Glasfaser unter den Begriff „Kabelanschluss für Fernseh- und Rundfunkempfang" fällt, hängt davon ab, ob der Glasfaseranschluss tatsächlich (auch) für den Empfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen genutzt werden soll.
c) Technische Entwicklung und Auslegung
Die Rechtsprechung und Literatur erkennen an, dass sich der technische Fortschritt auf die Auslegung von Dienstbarkeiten auswirken kann.
Wenn eine neue Technik (wie Glasfaser) die bisherige Technik (Koaxialkabel) ersetzt und denselben Zweck erfüllt (also Fernseh- und Rundfunkempfang), kann die Dienstbarkeit auch die neue Technik erfassen.
Dient der Glasfaseranschluss jedoch ausschließlich anderen Zwecken (z.B. Internet), ist er nicht von der Dienstbarkeit gedeckt.
2. Konkrete Anwendung auf Ihren Fall
Wenn der Glasfaseranschluss ausschließlich für Internet und Telefonie genutzt werden soll:
Die bestehende Dienstbarkeit berechtigt nicht zur Verlegung eines Glasfaserkabels, da der Zweck (Fernseh- und Rundfunkempfang) nicht erfüllt wird.
Wenn der Glasfaseranschluss (auch) für Fernseh- und Rundfunkempfang genutzt werden soll:
Dann könnte argumentiert werden, dass die Dienstbarkeit auch die Verlegung eines Glasfaserkabels umfasst, sofern der Anschluss tatsächlich für diesen Zweck verwendet wird.
3. Ihr Recht, den Glasfaseranschluss zu verweigern
Sie sind nicht verpflichtet, einen Glasfaseranschluss in Ihrem Haus zu dulden, wenn dieser nicht dem in der Dienstbarkeit genannten Zweck dient.
Möchte der Nachbar oder ein Dritter einen Glasfaseranschluss ausschließlich für Internet oder Telefonie verlegen, können Sie dies verweigern.
Sollte der Glasfaseranschluss (auch) für den Empfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen genutzt werden, ist eine genaue Prüfung erforderlich, ob dies dem ursprünglichen Zweck der Dienstbarkeit entspricht.
4. Empfehlung zum weiteren Vorgehen
Lassen Sie sich von dem Nachbarn oder dem Anbieter schriftlich bestätigen, zu welchem Zweck der Glasfaseranschluss genutzt werden soll.
Sollte der Anschluss ausschließlich für Internet/Telefonie dienen, können Sie die Verlegung mit Verweis auf die Dienstbarkeit ablehnen.
Bei einer Nutzung (auch) für Fernseh- und Rundfunkempfang ist eine einzelfallbezogene Prüfung erforderlich, ob die technische Entwicklung (Glasfaser statt Koaxialkabel) noch vom ursprünglichen Zweck der Dienstbarkeit gedeckt ist.
Zusammenfassung:
Die bestehende Grunddienstbarkeit berechtigt nur zur Verlegung von Leitungen, die dem Fernseh- und Rundfunkempfang dienen. Ein Glasfaseranschluss ist nur dann umfasst, wenn er (auch) diesem Zweck dient. Für reine Internet- oder Telefonanschlüsse besteht keine Duldungspflicht.
Sollten Sie weitere Fragen zur Auslegung oder zur konkreten Handhabung haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist