Großmutter will nicht wieder zurück in die Heimat nach Besuchsvisum

31. Mai 2010 15:04 |
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Ausländerrecht


Beantwortet von


17:31
Hallo,

meine Oma befindet sich mit einem Besuchsvisum in Deutschland. Sie ist 77 Jahre alt, kann nicht mehr selbstständig gehen, hat Diabetis und hat eine Sehschwäche. Des weiteren hat sie keine Verwandten und Bekannten in Indien, seit dem Tod meines Großvaters lebt sie dort in einem Altenheim, wo sie quasi in ihrem Zimmer eingesperrt ist.
Aus diesen Gründen sträubt sich meine Großmutter nun, wieder zurückzukehren und mein Vater bringt es auch nicht übers Herz, sie wieder in die Heimat "abzuschieben", wo sie dann wieder ganz auf sich alleine gestellt wäre.
Nun die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, ein längerfristiges Aufenthaltsvisum für Deutschland zu bekommen, da dies ja nach einem Härtefall aussieht? Und machen sich meine Eltern, die meine Großmutter nach Deutschland eingeladen haben, vielleicht strafbar, wenn sie meine Großmutter nicht wieder zurückschicken? Was würde es für Konsequenzen nach sich ziehen, wenn es strafbar wäre?

Ich danke Ihnen für Ihre Antwort.
31. Mai 2010 | 16:12

Antwort

von


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63065 Offenbach
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E-Mail: Isabellewachter@web.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Großmutter kann unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 AufenthG als "sonstige Familienangehörige" ein Aufenthaltsrecht für Deutschland erhalten. Dies setzt voraus, dass ein Verbleib im Heimatland für sie eine außergewöhnliche Härte darstellt.

Eine außergewöhnliche Härte liegt dann vor, wenn eine Nichterteilung der Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Umstände des Einzelfalls und der aus der Nichterteilung erwachsenden Nachteile und Schwierigkeiten im konkreten Fall "schlechthin unvertretbar" wäre.

So wie Sie den Gesundheitszustand Ihrer Großmutter beschreiben, erscheint es wahrscheinich, dass hier eine "außergewöhnliche Härte" zu bejahen ist, zudem im Heimatland Indien keine anderen Personen (Familienangehörigen) leben, die die Betreuung der Großmutter übernehmen können.

Sie können jedoch das Touristenvisum Ihrer Großmutter nicht ohne weiteres in eine Daueraufenthaltserlaubnis ändern lassen, selbst dann nicht, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis in ihrem Fall eine außergewöhnliche Härte darstellt.

§ 5 Abs. 2 AufenthG Nr. 1 AufenthG regelt, dass Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist, dass der Antragsteller mit "dem erforderlichen Visums eingereist ist" und Nr. 2 "die erforderlichen Angaben bereits im Visumsantrag gemacht hat".

Die Norm des § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wird unterschiedlich ausgelegt. Es gibt eine Literaturauffassung, die es für ausreichend hält, wenn der Antragsteller mit IRGEND EINEM Visum eingereist ist; in der behördlichen Praxis wird jedoch im allgemeinen die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller bereits mit einem Visum für längerfristge Zwecke (in Ihrem Fall: Familiennachzug) eingereist sein muss, um in Deutschland einen Aufenthaltstitel erteilt zu bekommen.

Sie müssen sich also darauf einstellen, dass die für Sie zuständige Ausländerbehörde auf einer Ausreise Ihrer Großmutter, sowie darauf besteht,dass sie das Visumsverfahren von Indien aus durchläuft.

Sie sollten möglichst zeitnah, auf jeden Fall VOR dem Ablauf des Touristenvisums, mit Ihrer Großmutter bei der Ausländerbehörde vorsprechen und einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 36 Abs. 2 AufenthG stellen.

Sie sollten zu der Vorsprache am besten ein ärztliches Attest mitnehmen, dass den schlechten Gesundheitszustand Ihrer Großmutter bescheinigt.

Sie sollten Ihre Großmutter auf keinen Fall über den Ablauf des Geltungszeitraums ihres Visums hinaus in Deutschland behalten, ohne bei der Ausländerbehörde vorgesprochen zu haben.

Nach dem Ablauf des Visums hält sich Ihrer Großmutter illegal in Deutschland auf. Hierdurch macht sich nicht nur Ihre Großmutter strafbar, sondern auch Ihre Eltern, § 96 Abs. 1 AufenthG.

Bei einem erstamligen Verstoß hat dies zwar in der Regel noch keine strafrechtlichen Konsequenzen; behalten Ihre Eltern Ihre Großmutter aber dauerhaft ohnen Aufenthaltspapiere in Deutschland, müssen sie mit einer Geld- möglicherweise sogar mit einer Bewährungsstrafe rechnen.

Fazit: Sprechen Sie möglichst schnell bei der Ausländerbehörde vor oder beauftragen Sie einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen bzw. der Interessen Ihrer Großmutter. Dieser kann dann alles Erforderliche in die Wege leiten und die notwendigen Anträge bei der Behörde stellen.

Sie müssen dann abwarten, ob die Ausländerbehörde auf einer Ausreise Ihrer Großmutter besteht.

Wenn ja, können Sie gegen eine entsprechende Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde das Verwaltunsgericht anrufen.

Alternativ kann Ihre Großmutter zunächst ausreisen und von Indien aus einen Visumsantrag zur Familienzusammenführung stellen, in dem darzulegen ist, dass und warum bei ihr ein Härtefall vorliegt. Dies muss durch entsprechende Unterlagen glaubhaft gemacht werden.


Rechtsanwältin Isabelle Wachter

Rückfrage vom Fragesteller 31. Mai 2010 | 16:59

Sehr geehrte Frau RA Wachter,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.

Eine Frage noch: Kann im Falle, dass meine Großmutter zunächst wieder zurückfliegt und dort einen Antrag stellt, der dann aber abgelehnt wird, auch das Verwaltungsgericht in Berlin angerufen werden?

Muss die Klägerin dann meine Großmutter sein oder können wir selbst einen "inländischen" Anwalt beauftragen, um vor dem Verwaltungsgericht vertreten zu werden.

Für weitere Fragen, sollten welche bestehen, werde ich einen Termin mit Ihnen vereinbaren.

Vielen Dank schonmal.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 31. Mai 2010 | 17:31

Sehr geehrter Fragesteller,

für den Fall, dass der Visumsantrag Ihrer Großmutter von der deutschen Auslandsvertretung in Indien abgelehnt wird, kann man dagegen zunächst remonstrieren und als letztes Mittel Klage beim VG Berlin einreichen.

Antragstellerin muss in diesem Fall Ihre Großmutter sein, da diese es ist, gegenüber der die ablehnende Entscheidung ergangen ist.

Ihre Großmutter kann sich aber auch, wenn sie sich in Indien befindet, durch einen deutschen Anwalt vertreten lassen.

Sie muss lediglich eine Anwaltsvollmacht unterschreiben. Diese kann sie dem sie vertretenden Anwalt z.B als Scann oder per Fax zur Verfügung stellen.

Zu Ihrer weiteren Unterstützung und Interessenvertretung in dieser Angelegenheit bin ich gern bereit.

Sie können mich per E-Mail oder auch telefonisch in meinem Büro erreichen.

Mit freundlichen Grüßen,

Isabelle Wachter
(Rechtsanwältin)

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