Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst einmal sollten Sie, auch wenn es vielleicht unangenehm ist, ein offenes Gespräch mit Ihrem Arbeitgebers führen und diesen darauf hinweisen, dass Sie Schulden haben und mit Lohnpfändungen zu rechnen ist. Die meisten Arbeitgeber haben durchaus Erfahrungen mit Gehaltspfändungen und wie diese zu handhaben sind.
Kommt es zu einer Lohnpfändung, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Gläubiger eine sogenannte Drittschuldnererklärung (§ 840 ZPO) zu erteilen. Ergibt sich ein pfändbarer Betrag, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen Betrag an den Gläubiger abzuführen. Die Berechnung des pfändbaren Lohnanteils ist ebenfalls Aufgabe des Arbeitgebers.
Unterläuft dem Arbeitgeber bei Berechnung des pfändbaren Lohnanteils ein Fehler ist dieser, je nachdem zu wessen Nachteil sich der Fehler auswirkt, haftbar gegenüber dem Gläubiger als Drittschuldnerin und Ihnen gegenüber als Arbeitgeber. Zahlt der Arbeitgeber einen zu hohen Betrag an den Gläubiger aus, können Sie den zu viel an den Gläubiger ausgezahlten Lohnanteil von Ihrem Arbeitgeber einfordern, da Ihnen dieser letztlich zu wenig Lohn ausgezahlt hat.
Sollte es zu Lohnpfändungen mehrerer Gläubiger kommen, gilt in der Zwangsvollstreckung das Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Der Arbeitgeber muss also zuerst Zahlungen an den Gläubiger leisten, dessen Pfändung zuerst bei ihm eingegangen ist. Die Pfändung läuft so lange, bis die Forderung des Gläubigers vollständig befriedigt ist. Erst danach kommen die anderen Gläubiger der Reihe nach zum Zuge. Sie müssen daher nicht befürchten, dass alle Gläubiger gleichzeitig aus Ihrem Lohn Zahlungen erhalten.
Je nach Höhe Ihrer Schulden kann ein Insolvenzverfahren durchaus Sinn machen. Beachten sollten Sie jedoch, dass Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubter Handlung gemäß § 302 InsO nicht von einer Restschuldbefreiung erfasst werden und daher auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens weiter Ihnen gegenüber geltend gemacht werden können.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Birkenfeld
Sehr geehrte Frau Birkenfeld,
gerne möchte ich mich für Ihre Hilfe bedanken und habe zu Ihrer Ausführung noch die eine oder andere Rückfrage um es auch richtig verstanden zu haben.
Was den pfändbaren Lohnanteil, also der Betrag den der Arbeitgeber an den Gläubiger zu zahlen hat, angeht, hier gilt doch auf jeden Fall der Wert aus der offiziellen Pfändungstabelle? Und der Arbeitgeber wird der Staatsanwaltschaft doch auch nur den pfändbaren Teil des Lohns, wie allen anderen Gläubiger auch auszahlen?
Wenn der Arbeitgeber nun an den Gläubiger den pfändbaren Lohnanteil abführt und mit den nicht pfändbaren Lohnanteil auszahlt, wird dieses ja auf mein Bankkonto überwiesen. Dieses ist ja nun ein P-Konto mit einem Freibetrag von € 1340,-. Hier würde ja nun doppelt gepfändet werden, einmal direkt beim Arbeitgeber und einmal auf meinem Bankkonto. Wie kann ich erreichen, dass der mir zustehende unpfändbare Lohnanteil voll ausgezahlt wird, bzw. mir vollständig auf dem Konto zur Verfügung steht?
Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen und freue mich sehr auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich unterliegt die Staatsanwaltschaft bei der Pfändung den selben Regeln wie auch jeder andere Gläubiger.
Eine Ausnahme gilt gemäß § 850f. Abs. 2 ZPO jedoch für Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO (Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen) vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Sollte es zu einer Lohnpfändung durch die Staatsanwaltschaft kommen, wird Ihr Arbeitgeber den pfändbaren Lohnanteil auf Basis der Pfändungstabelle ermitteln. Die Staatsanwaltschaft könnte jedoch versuchen, die Auszahlung eines höheren Betrages beim Vollstreckungsgericht zu erwirken. Ob dies und ggf. in welcher Höhe berechtigt ist, müsste sodann geprüft werden.
Bei einer Doppeltpfändung von Lohn und Konto besteht die Gefahr, dass der Pfändungsfreibetrag bei der Gehaltszahlung höher ist, als der Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, beim Vollstreckungsgericht (Amtsgericht an Ihrem Wohnsitz) einen Antrag auf Auszahlung der entsprechenden Differenz stellen. Probleme kann es hier, wie oben ausgeführt, immer im Rahmen von Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung bestehen.
In Ihrem Fall wäre es auf jeden Fall ratsam, zeitnah eine Schuldnerberatung oder einen Rechtsanwalt hinzuziehen, der insbesondere auch prüfen kann, ob die Ausnahmetatbestände für Forderungen aus unerlaubter Handlung überhaupt erfüllt sind. Einen gewissen "Schutz" bietet auch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens. Während der Laufzeit einer Insolvenz sind Einzelvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger gemäß § 89 InsO grundsätzlich nicht zulässig. Zwar erledigt sich eine Forderung aus unerlaubter Handlung nicht durch ein Insolvenzverfahren, so dass diese nach der Insolvenz weiter geltend gemacht werden kann, aber Sie gewinnen zunächst etwas Zeit, um sich finanziell zu erholen und sich zumindest eines Teil Ihrer Schulden zu erledigen.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Birkenfeld