GbR Auflösung fair gestalten

26. Mai 2025 11:21 |
Preis: 61,00 € |

Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


12:39
Ich bin Gesellschafterin einer seit mehreren Jahren bestehenden GbR, gemeinsam mit einem Partner (50/50). Die GbR betreut regelmäßige Hauptkunden mit monatlichen Zahlungen von insgesamt 11.000 € . Zusätzlich wickeln wir jährlich mehrere Projekte ab, teilweise umsatzbasiert, teilweise über Festbeträge (z. B. von Trägern wie der Stadt).

Wegen persönlicher und geschäftlicher Differenzen sieht mein Partner keine gemeinsame Basis mehr und drängt seit Anfang des Jahres auf die Auflösung der GbR. Nachdem wir uns einig waren, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist, und wir mündlich einen „Kompromiss" gefunden hatten, hat er ohne meine Beteiligung eine eigene GmbH gegründet, mit der er unsere bisherigen Kunden nahtlos weiterbetreut – also im Wesentlichen unsere GbR-Geschäfte allein weiterführt.

Ich selbst war in dieser Situation psychisch sehr belastet, wollte Konflikte vermeiden und habe einer mündlichen Einigung zugestimmt, die Folgendes vorsah:
• Ich sollte einmalig 9.000 € erhalten, abgesichert über einen Darlehensvertrag, den er in 500 €-Raten abbezahlen wollte (bislang nicht erstellt oder unterzeichnet).
• Parallel dazu wollte ich eine eigene Firma gründen, mit der ich unter anderem für die GmbH meines Partners freiberuflich weiterarbeite (monatlich 1.850 €). Dieses Geld entspricht meinen Qualifikationen und der anfallenden Arbeit, sollte aber auch für mich als Sicherheit dienen, noch einige Monate Geld zu verdienen und nicht von jetzt auf gleich von Erspartem leben zu müssen. Ich gründe diese Firma im Ausland und brauche dafür eine Abmeldung aus Deutschland. Da ich dazu keine Firma mehr in Deutschland haben darf, hat sich die Gründung dieser Firma bis jetzt verzögert. Trotzdem habe ich die Arbeit auf Vertrauensbasis nahtlos weitergeleistet.

Diese mündliche Einigung kam unter erheblichem Druck zustande – es gab Drohungen und Vorwürfe (z. B. dass ich die Firma „blockiere" oder „nicht arbeite"). Ich habe dennoch versucht, fair und deeskalierend zu handeln und eine schnelle Lösung zu finden. Da ich eigentlich auch in einem anderen Berufsfeld ausgebildet bin und mich dort selbstständig machen werde, ging es mir nicht um das große Geld, sondern eher um eine schnelle und mental aushaltbare Abwicklung und etwas Sicherheit für die nächsten Monate.

Mittlerweile zeigt sich aber, dass mein Partner trotzdem nicht wohlwollend ist:
Er hat also bereits eine neue Firma, mit der er weiterarbeitet, hat aber vor einigen Tagen von mir verlangt, einen Dienstleistungsvertrag zu unterschreiben, der auch von seiner Seite aus mit einer kurzen Frist kündbar ist und utopische Anforderungen enthält, die meiner Meinung nach darauf abzielen, mir die Zusammenarbeit sofort wieder zu kündigen.

Bis heute:
• habe ich keine Summe erhalten (weder aus der GbR noch aus der mündlichen Einigung),
• habe ich die formale Auflösung der GbR noch nicht unterschrieben,
• existiert kein Darlehens- oder Dienstleistungsvertrag,
• hat mein Partner schon einmal mit rechtlichen Schritten gedroht, unter Berufung auf angeblich mangelhafte Arbeit meinerseits während des GbR-Betriebs.

Meine Frage ist vor allem: wie kann ich jetzt am besten vorgehen um mich zum einen zu schützen und zum anderen einen fairen Betrag rechtlich binden zu erhalten.

Bze im Detail:
1. Macht es Sinn, anwaltlich vorzugehen, um meinen Anteil am Gesellschaftsvermögen (inkl. Kundenwert und Projektfortführung) einzufordern, auch wenn unklar ist, ob mein Partner zahlungsfähig ist und mir ggf. vorwerfen wird, selbst schuld daran zu sein, dass man „mit mir nicht mehr arbeiten kann"?
2. Habe ich einen Anspruch auf eine Abfindung oder ein Auseinandersetzungsguthaben? Kann/muss ich eine Bewertung der übernommenen Kundenbeziehungen und laufenden Projekte verlangen, wenn mein Partner mit seiner GmbH die Geschäfte fortführt und wie würde das ablaufen?
3. Ich denke, der Abschluss eines beidseitig kündbaren Dienstleistungsvertrags mit problematischen Klauseln ist nicht sinnvoll. Meine Sorge ist aber: Wenn ich nicht weiterarbeite, hat er „noch mehr" in der Hand, um mir das vorzuwerfen.
4. Für mich wäre es wichtig, in Deutschland abschließen zu können, um neue Projekte im Ausland aufzubauen. Ich bin aber unsicher bei der Unterzeichnung der GbR-Auflösung. Entziehe ich mir Möglichkeiten, wenn ich das unterschreibe?
5. Gibt es auch die Möglichkeit, einen Vergleich auszuhandeln, der nicht dem tatsächlichen Streitwert entspricht, aber für mich fairer ist?
26. Mai 2025 | 11:54

Antwort

von


(21)
Vahrenwalder Straße 269 A
30179 Hannover
Tel: 0170 4677875
Web: https://www.rechtsanwaltskanzlei-l-bechtel.jimdosite.com
E-Mail: ralbechtel@gmail.com
Sehr geehrte Frau Ratsuchende,

gerne beantworte ich Ihre Rechtsfragen:

1. Anwaltschaftliche Vertretung ist zu empfehlen, aber mit Mediation, weil Ihr Geschäftspartner auf Ihre Belange bisher keine Rücksicht nimmt.
2. Abfindung steht Ihnen zu und Sie sollten die Bewertung der Gesellschafteranteile verlangen und dies bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie die Gesellschaftverlassen.
3. Den Auflösungsvertrag rate ich nicht zu unterzeichnen, weil dieser für Sie nachteilig ist und bisher nicht weiterbezahlt wurde.
4. Einen Vergleich abschließen ist ratsam mit einer angemessenen Abfindungssumme.
Gerne kann ich Ihnen hierbei behilflich sein.
5. Haben Sie Einblick indie Geschäftskonten? So können Sie in Erfahrung bringen, ob der Geschäftspartner zahlungsfähig ist.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion betätigen.

Mit freundlichen Grüßen,

Lisbeth Bechtel
Rechtsanwältin


Rechtsanwältin Lisbeth Bechtel

Rückfrage vom Fragesteller 27. Mai 2025 | 09:15

Vielen Dank für die Antwort.
Bei Frage 3. habe ich folgende Nachfrage da Sie hier von einem Auflösungsvertrag sprechen:
Ich spreche von einem Dienstleitungsvertrag der vorsieht das ich für die GmbH freiberuflich tätig sein werde. Diesen würde ich aufgrund der unfairen, einseitigen Klauseln eher nicht unterzeichnen. Eigentlich hat dieser aber auch nichts mit dem Auflösen oder nicht Auflösen der GbR zu tuen, sondern wäre nur eine Absicherung für mich gewesen überhaupt Geld (wenn auch für meine Arbeit) zu bekommen. Sie sind da aber meiner Meinung auch diesen nicht zu unterzeichnen?

bei Frage 4:
Die GbR wurde von mir noch nicht offiziell beim Gewerbeamt abgemeldet. So lange die Gbr noch besteht müsste ich meiner Meinung nach auch meinen Anteil der Arbeit leisten und bin auch "haftbar" bzw. involviert wenn mein Geschäftspartner mit seinen 50 % macht was er will. Außerdem hinter mich die GbR in Deutschland daran mich umzumelden.
Soll ich die Abmeldung beim Gewerbeamt (kein Aufhebungsvertrag oder Vergleich) erst unterzeichnen wenn ein Vergleich ausgehandelt wurde und die GbR so lange weiter bestehen lassen? Mein Geschäftspartner hat gemein er habe eine Abmeldung für "seinen Teil" bzw. ohne meine Unterschrift bereits zu Ende April eingereicht.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. Mai 2025 | 12:39

Sehr geehrte Ratsuchende,

den weiteren Gesellschaftsvertrag, der Ihnen zur Unterschrift angeboten wurde, würde ich nicht raten, zu unterzeichnen, weil bisher nicht weiter bezahlt wurde.
Ich rate, einen Vergleich zum Austritt aus der Gesellschaft zu verhandeln, dass Sie eine neue Geschäftstätigkeit aufnehmen können.
Die Abmeldung Ihres Gesellschaftersnteils rate ich beim Gewerbeamt sofort einzureichen, sonst können Sie für Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Lisbeth Bechtel
Rechtsanwältin

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