12. Juli 2025
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17:12
Antwort
vonRechtsanwältin Olga Peschta
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1) Ist ein freiwilliger Ausgleich des Geschenks innerhalb der Erbauseinandersetzung möglich, ohne dass Schenkungsteuer entsteht?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich – ohne dass Schenkungsteuer anfällt.
Rechtlicher Hintergrund:
Nach § 2050 ff. BGB gibt es eine sogenannte Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen, wenn der Erblasser Zuwendungen gemacht hat – allerdings nur, wenn er dies auch so gewollt hat.
In Ihrem Fall wurde diese Ausgleichungspflicht im Schenkungsvertrag explizit ausgeschlossen, sodass gesetzlich kein Ausgleich im Rahmen der Erbauseinandersetzung erzwungen werden kann.
Dennoch können Erben freiwillig eine abweichende Verteilung im Rahmen eines sog. Erbauseinandersetzungsvertrages vereinbaren. Das ist möglich und rechtlich anerkannt.
Diese Vereinbarung hat dann keine schenkungssteuerliche Relevanz, sofern sie Teil der Erbauseinandersetzung ist und nicht zu einer disquotalen Verteilung außerhalb der Erbquote führt, die wie eine Schenkung unter Lebenden aussehen würde.
Wichtige Voraussetzung:
Der Ausgleich muss innerhalb der Erbquote stattfinden, d.h. das Ziel der 50:50-Aufteilung bleibt bestehen.
Wenn Ihre Schwester im Rahmen der Auseinandersetzung einen Teil aus dem Nachlass freiwillig abgibt, um das frühere Geschenk auszugleichen, und Sie dadurch exakt Ihre hälftige Quote erreichen, liegt keine steuerpflichtige Schenkung unter Geschwistern vor.
Maßgeblich ist die Erbquote, nicht die exakte Werthaltigkeit einzelner Nachlassgegenstände.
Praxistipp zur Umsetzung:
Sie sollten den Ausgleich explizit im Erbauseinandersetzungsvertrag regeln (schriftlich, besser notariell).
Darin sollte stehen, dass der Ausgleich im Rahmen einer gleichmäßigen Verteilung erfolgt, mit Verweis auf die frühere Schenkung und den ursprünglichen Willen des Vaters.
Dies sollte auch dem Finanzamt gegenüber erklärt werden – z.B. als erläuternder Vermerk in der Erbschaftsteuererklärung.
2) Müssen wir den im Schenkungsvertrag angegebenen Wert von 120.000 € übernehmen oder kann er angepasst werden (z.B. durch Indexierung)?
Der Wert aus dem Schenkungsvertrag (120.000 €) kann angepasst werden – es ist sogar sinnvoll, mit dem tatsächlichen Verkehrswert zum Schenkungszeitpunkt zu rechnen.
Begründung:
Der im Schenkungsvertrag genannte Wert (120.000 €) ist zivilrechtlich nicht bindend für die steuerliche Bewertung oder den internen Erbauseinandersetzungsausgleich.
Für steuerliche Zwecke und gerechte Erbauseinandersetzung zählt der gemeine Wert (= Verkehrswert) im Zeitpunkt der Schenkung (§ 9 BewG).
Eine Indexierung ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber eine Ermittlung des realistischen Verkehrswertes zum Schenkungszeitpunkt (z.B. über einen Gutachter oder Vergleichswerte) wäre bei freiwilligem Ausgleich sachgerecht und ratsam.
Es sollte im Erbauseinandersetzungsvertrag klar benannt werden, welcher Wert als Grundlage für den Ausgleich herangezogen wird, um Missverständnisse oder spätere steuerliche Probleme zu vermeiden.
3) Hat ein höherer Wert der Immobilie Auswirkungen auf die Erbschaftsteuer Ihrer Schwester?
Ja, ein höherer Wert kann zu einer erhöhten steuerlichen Belastung führen – wenn das Finanzamt diesen zum Anlass nimmt, die Schenkung neu zu bewerten.
Hintergrund:
Das Finanzamt kennt i.d.R. nur den angegebenen Schenkungswert (hier: 120.000 €) aus dem damaligen Schenkungsvertrag.
Wird im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung nun ein höherer Wert angegeben (z.B. 180.000 €), kann das Finanzamt dies als Anlass nehmen, die ursprüngliche Schenkung steuerlich neu zu bewerten.
Das ist insbesondere dann relevant, wenn die Schenkung innerhalb von 10 Jahren vor dem Tod erfolgte – was hier der Fall ist.
Rechtslage:
§ 14 ErbStG: Frühere Schenkungen innerhalb von 10 Jahren werden bei der Berechnung der Erbschaftsteuer mit berücksichtigt.
Dabei wird der Wert im Zeitpunkt der Schenkung zugrunde gelegt.
Wenn Sie einen höheren Wert einbringen, könnte das Finanzamt dies als „neuen Erkenntnisstand" werten und den Schenkungswert entsprechend anpassen.
Das hätte zur Folge, dass Ihre Schwester ggf. mehr Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer zahlen müsste – oder dass sich ihr Freibetrag schneller verbraucht.
Praxistipp:
Klare, einheitliche Dokumentation gegenüber dem Finanzamt ist wichtig.
Wenn ein höherer Wert angegeben werden soll (z.B. 180.000 € statt 120.000 €), empfiehlt sich, dies mit einem Gutachten oder einer Bewertungsgrundlage zu belegen.
Falls Sie steuerlich neutral bleiben wollen, sollten Sie mit dem ursprünglichen Wert von 120.000 € argumentieren und dies im Auseinandersetzungsvertrag als Ausgleichsbasis verwenden.
Zusammenfassung / Empfehlungen:
Ein freiwilliger Ausgleich in der Erbauseinandersetzung ist möglich, ohne dass Schenkungsteuer anfällt – wenn er im Rahmen der gesetzlichen Erbquote erfolgt und transparent dokumentiert ist.
Der Wert der Immobilie muss nicht zwingend der im Schenkungsvertrag sein – es kann der realistische Verkehrswert verwendet werden, allerdings mit möglichen steuerlichen Konsequenzen.
Achtung bei höherem Wert: Wenn Sie mit einem höheren Immobilienwert operieren, könnte dies zu einer Nachversteuerung bei Ihrer Schwester führen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Olga Peschta