Fragen zum RDG

| 26. September 2012 15:26 |
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Generelle Themen


Die Frage ist folgende: Es gibt ja Büroservices, welche im Angebot haben, das sie privaten und gewerblichen Kunden ihre Korrespondenz mit Firmen, Ämtern und Behörden abnehmen (formulieren, schreiben und beantworten) und auftretende Probleme bis zum Abschluss des Vorgangs klären oder als Seniorenhilfe. Dies kann ja noch keine Rechtsberatung/Rechtsdienstleistung sein, sonst düften einfache Büroangestellte diese Tätigkeit nicht ausüben. Meine Frage ist jetzt aber, wo fängt bei dieser Tätigkeit die Rechtsberatung / Rechtsdienstleistung an? Exemplarisch habe ich nachfolgend Tätigkeiten genannt, bei denen die Frage wäre: Was ist erlaubt, was ist nach dem RDG verboten:

Für alle Beispiele gelten jeweils folgende zwei Möglichkeiten (erlaubt oder verboten):

1. Führen der Korrespondenz im eigenen Namen / Briefpapier (im Auftrag des Kunden mit Vollmacht)
2. Nur Erstellung des Schriftstücks, Unterschrift und Absenden durch den Kunden


Bürodienstleistungen gewerblich gegen Entgelt (Schreibdienste):


- Führen von Korrespondenz mit Firmen, Ämtern, Behörden... (Sachbearbeitung, allgemeiner Schriftverkehr, beantworten von eingehenden Briefen, Erteilung von Auskünften etc. )

- Klären von Unstimmigkeiten und Problemen und Mängeln bis zur Klärung (Beispiel: Fehlerhafte Rechnung, unberechtigte Forderung, Reklamation, Garantiefall, Schadenfallanzeige...)

- Erstellung von Ein-/ und Widersprüchen (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)

- Anfordern von Belegkopien und Unterlagen (mit Vollmacht)

- Erstellen von An-, Ab- und Ummeldungen, Kündigungen (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)

- Erstellen von Beschwerden bei unerwünschter Werbung, Cold Calls, GEZ, ARGE etc. (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)

- Ausfüllen von Anträgen und Formularen (Nur Ausfüllen, Unterschrift und Absenden durch Auftraggeber oder mit Vollmacht selber abwickeln)

- Helfen beim Verstehen von Amtsdeutsch und unverständlich formulierten Schreiben (Erklären)

- Überprüfung von Rechnungen, Nebenkostenabrechnungen, Verträge, Bescheide, eingehende Schreiben etc. auf Richtigkeit und Mitteilung des Ergebnisses an den Kunden und ggf. Erstellung eines Schrftstücks an den Aussteller mit der Mängelanzeige

- Zusammenstellen von offenen Forderungen (Schulden etc.) und zusammentragen bzw. Anfordern von Unterlagen (mit Vollmacht) in Vorbereitung für eine Schuldnerberatung


Konkret könnte man meine Frage auch so stellen: Was ist Hilfeleistung Dritter bzw. mechanische Hilfeleistung (erlaubt) und was ist Rechtsberatung/Rechtsdienstleistung (verboten), wenn man es als Nichtjurist in einer selbstständigen Tätigkeit ausübt. Das RDG sagt: "wenn eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderlich ist". Wie definiert sich denn eine rechtliche Prüfung? Wenn ich in Gesetzesbüchern nachschlagen müsste? Vielleicht kann man ganz konkret und verständlich sagen, wo die Grenze ist. Muss der Kunde eine Vorgabe für die Korrespondenz machen oder darf der Auftragnehmer diese frei formulieren?

Würde bei der Klärung von Unstimmigkeiten evtl. auch der §2 Abs. 4 RDG greifen, wenn man den Wunsch des Kunden versucht, durch reine Korrespondenz außergerichtlich ohne Verwendung von Rechtsparagraphen, durchzubekommen (könnte man dies als alternative Streitbeilegung bezeichnen)?

Nach § 5 Abs. 1 RDG wäre Rechtsdienstleistung erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Tätigkeitsfeld gehört. Könnte man davon ausgehen, wenn die Hauptaufgabe im Büroservice liegt, ein Teilgebiet davon der Schreibservice wäre, dass wenn dann Fälle auftreten, wo man in den Bereich der Rechtsdienstleistung kommen würde, diese dann als erlaubte Nebentätigkeit gelten würde? Konkretes Beispiel: Ein Kunde lässt sich seine Korrespondenz durch das Schreibbüro erstellen und versenden und irgendwann tritt der Fall auf, das ein Widerspruch oder eben eine Tätigkeit ausgeführt werden muss, die als Rechtsdienstleistung einzustufen ist, wäre die Ausführung dann konform mit dem §5 Abs. 1 RDG?


Vielen Dank und viele Grüße
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
Zulässig ist gemäß § 5 RDG die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, wenn diese als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.
Immer als erlaubte Nebenleistungen gelten Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung, Haus- und Wohnungsverwaltung und Fördermittelberatung.

Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Unerheblich ist, ob die Dienstleistung ohne den rechtsdienstleistenden Anteil überhaupt erbracht werden kann.

Nach den Ausführungen der Entscheidung BGH 06.10.2011 - I ZR 54/10 ist vielmehr maßgeblich, "ob die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrsanschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann. § 5 RDG soll damit nur Anwendung finden, wenn die fragliche Rechtsdienstleistung nicht selbst wesentlicher Teil der Hauptleistung ist. Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss - soweit es sich nicht um Dienstleistungen von Angehörigen steuerberatender Berufe oder registrierter Personen handelt - stets auf nicht rechtlichem Gebiet liegen."
Dies vorausgeschickt gilt für die Tätigkeiten folgendes:
Führen von Korrespondenz mit Firmen, Ämtern, Behörden... (Sachbearbeitung, allgemeiner Schriftverkehr, beantworten von eingehenden Briefen, Erteilung von Auskünften etc. )
erlaubt
- Klären von Unstimmigkeiten und Problemen und Mängeln bis zur Klärung (Beispiel: Fehlerhafte Rechnung, unberechtigte Forderung, Reklamation, Garantiefall, Schadenfallanzeige...)
erlaubt
- Erstellung von Ein-/ und Widersprüchen (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)
Meines Erachtens nicht erlaubt, weder in Vollmacht noch die reine Erstellung ohne Vollmacht, wenn hier auch die Rechtmäßigkeit und rechtlichen Erfolgsaussichten eines Widerspruchs/Einspruchs einhergeht.
- Anfordern von Belegkopien und Unterlagen (mit Vollmacht)
erlaubt
- Erstellen von An-, Ab- und Ummeldungen, Kündigungen (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)
erlaubt, wenn es eine "einfache" Kündigung darstellt, ohne Rechtsprüfung
- Erstellen von Beschwerden bei unerwünschter Werbung, Cold Calls, GEZ, ARGE etc. (nur Erstellen, Unterschrift durch den Kunden oder mit Vollmacht selber abwickeln)
beides erlaubt
- Ausfüllen von Anträgen und Formularen (Nur Ausfüllen, Unterschrift und Absenden durch Auftraggeber oder mit Vollmacht selber abwickeln)
keine Steuerformuale und Anträge überhaupt nicht. Dagegen das reine Ausfüllen ohne erforderliche rechtliche Prüfung ist möglich
- Helfen beim Verstehen von Amtsdeutsch und unverständlich formulierten Schreiben (Erklären)
erlaubt
- Überprüfung von Rechnungen, Nebenkostenabrechnungen, Verträge, Bescheide, eingehende Schreiben etc. auf Richtigkeit und Mitteilung des Ergebnisses an den Kunden und ggf. Erstellung eines Schrftstücks an den Aussteller mit der Mängelanzeige
Überprüfung von Verträgen ist keine Nebenleistung mehr, da eine rechtliche Prüfung inzident erfolgen muss. Ebenfalls bei Bescheiden aller Art.
Möglich sind Nebenkostenabrechnungen, wenn diese im Rahmen einer Hausverwaltung bzw. Wohnungsverwaltung. Anderenfalls nicht.
- Zusammenstellen von offenen Forderungen (Schulden etc.) und zusammentragen bzw. Anfordern von Unterlagen (mit Vollmacht) in Vorbereitung für eine Schuldnerberatung
erlaubt

Abschließend: ein reiner Schreibservice ist auf jeden Fall erlaubt, soweit keine eigenständige rechtliche Prüfung erfolgt, welche in die "Tiefe" geht, erreicht wird. So wäre zb eine rechtliche Überprüfung einer Rechnung möglich, ob der Abrechnungszeitraum stimmt und die Kalkukation des Preises etc. Der Kunde muss keine Vorgabe für die Korrespondenz machen. Zudem ist zb die Rechtsberatung über die baurechtlichen Vorgaben eines Bauvorhabens durch einen Architekten erlaubt, da diese als Nebenleistung zum Berufsbild des Architekten gehört.

Würde bei der Klärung von Unstimmigkeiten evtl. auch der §2 Abs. 4 RDG greifen, wenn man den Wunsch des Kunden versucht, durch reine Korrespondenz außergerichtlich ohne Verwendung von Rechtsparagraphen, durchzubekommen (könnte man dies als alternative Streitbeilegung bezeichnen)?

Die Korrespondenz darf keine rechtliche Darstellungen enthalten, sondern muss nur die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigen und ein Vorschlag zur Regelung unterbreiten: Bsp. Ratenzahlung unter Erlass ein Teil der Forderungen.





Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Patrick Hermes, Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 27. September 2012 | 12:39

Sehr geehrter Herr RA Hermes,

haben Sie vielen Dank für Ihre ausführliche und verständliche Antwort, welche mir schon sehr geholfen hat. Ich möchte die Nachfragefunktion nutzen, um ein paar Verständnisfragen zu klären und würde mich freuen, wenn Sie mir diesbezüglich noch einmal antworten würden.

1. Ein- und Widersprüche

Deute ich Ihre Antwort richtig, das die Tätigkeit also auch bei einem Widerruf eines Haustürgeschäfts oder einer fehlerhaften Auftragsbestätigung nicht erlaubt ist? Betrifft das Verbot auch die bloße Erstellung des Schriftstücks?

2. Formulare

Bei welchem konkreten Beispiel würde denn die rechtliche Prüfung bei einem Formular anfangen? Wenn ich bspw. Daten eintrage, die aus vorliegenden Unterlagen entnommen werden, wäre dies dann nicht eine mechanische Hilfeleistung (wenn Unterschrift und Versand durch dem Kunden getätigt werden)?

3. Kündigung

Wo beginnt hier die Rechtsprüfung?

4. Rechtliche Prüfung in der "Tiefe"

Könnten Sie dies anhand eines praktischen Beispiels darstellen, wo diese Grenze beginnt? Vielleicht ein solches, welches man generell als Anhaltspunkt verwenden kann.

Vielen Dank und viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. September 2012 | 14:01


1. Ein- und Widersprüche

Deute ich Ihre Antwort richtig, das die Tätigkeit also auch bei einem Widerruf eines Haustürgeschäfts oder einer fehlerhaften Auftragsbestätigung nicht erlaubt ist? Betrifft das Verbot auch die bloße Erstellung des Schriftstücks? Dies wäre sicherlich erlaubt, da der Schreibserrvice im Vordergrund steht und dies gerne intellektuelle Herausforderung darstellt und es keiner Vorbildung bedarf.


2.Bei welchem konkreten Beispiel würde denn die rechtliche Prüfung bei einem Formular anfangen? ZB bei der Einkommensteuererklärung (Dies sind Steuerformulare!!). Hier bedarf es mehr als der Übertragung der Zahlen. Wenn ich bspw. Daten eintrage, die aus vorliegenden Unterlagen entnommen werden, wäre dies dann nicht eine mechanische Hilfeleistung (wenn Unterschrift und Versand durch dem Kunden getätigt werden)? Dies wäre erlaubt. Hier übertragen Sie ja nur Daten und Zahlen.

3. Kündigung

3. und 4.Wo beginnt hier die Rechtsprüfung?

Wenn die Rechtsprüfung die Hauptleistung darstellt und das Schreiben der Kündigung an sich in den Hintergrund tritt. Beispiel: Kündigung eines Zeitschriftenabonements ist erlaubt, dagegen m.E. nicht eine Eigenbedarfskündigung für einen Vermieter. Hier ist eine Prüfung anhand des Gesetzes erforderlich, ob Gründe für eine Kündigung vorliegen, um das Schreiben rechtssicher zu formulieren. Dagegen müssen Sie bei einer Kündigung eines Zeitschriftenabos nur berücksichtigen, ob die Vertragsdauer abgelaufen ist und die Kündigungsfrist einhalten; ein Kündigungsgrund bedarf es in der Regel nicht.

Bewertung des Fragestellers 27. September 2012 | 13:12

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