3. Januar 2012
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17:28
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias F. Schell
Daimlerstr. 24 G
65197 Wiesbaden
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E-Mail: schell-rechtsanwalt@email.de
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes als ERST-Beratung gerne wie folgt beantworte:
1. Kann man diesen Anwalt nicht belangen?
Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, ob der Rechtsanwalt das Geld rechtmäßig einbehalten hat. Leider gibt Ihre Frage hierüber keine Auskunft.
Stand dem Rechtsanwalt keine irgendwie geartete Rechtsgrundlage zum Einbehalt bzw. zur Zurückbehaltung des Betrages zur Seite, war er ungerechtfertigt bereichert und hatte das Geld an Sie herauszugeben. Zivilrechtlich könnte Ihnen somit gegen den Rechtsanwalt ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe Ihrer Rechtsanwaltkosten und – soweit ein (weitergehender) Schaden vorhanden – auch ein Schadensersatzanspruch zustehen.
Bei unrechtmäßiger Zurückbehaltung des Geldes könnten auch strafrechtliche Tatbestände verwirklicht sein
2. Kann man da irgend etwas unternehmen?
a. Der deutsche Gesetzgeber bezeichnet Personen, die im Besitz von Nachlassvermögen sind, das ihnen nach geltendem Recht nicht zusteht, als Erbschaftsbesitzer. In § 2018 BGB ist der Erbschaftsbesitzer auf diese Weise gekennzeichnet: „Wer den Besitz einer Erbschaft ohne Ligitimation übernimmt, maßt sich eine Erbenposition an". Ein Erbschaftsbesitzer beruft sich auf sein Erbrecht, doch anders als rechtmäßige Erben, tut er dies unrechtmäßig. Ob sich der Erbschaftsbesitzer aus Unwissenheit auf sein vermeintliches Erbrecht beruft oder aus Boshaftigkeit handelt, ist für den Gesetzgeber zunächst vollkommen unerheblich. Häufig handelt es sich hierbei um Wohnungs- oder Lebenspartner, die dies jedoch in der Regel nicht absichtlich machen.
Herausgabeanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer: Stellt sich im Zuge des Nachlassverfahrens heraus, dass sich ein vermeintlicher Erbe auf ein nicht existentes Erbrecht berufen hat, können Sie als rechtmäßiger Erbe selbstverständlich einen Herausgabeanspruch geltend machen. Gemäß §§ 2018 ff. BGB besteht in einem solchen Fall ein juristischer Herausgabeanspruch der Erben gegen den Erbschaftsbesitzer. Dieser muss den Erben die betreffenden Erbschaftsgegenstände aushändigen und gegebenenfalls Schadensersatz leisten, sofern er beispielsweise Früchte aus der Nutzung der Erbschaft gezogen hat.
b. Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass Ihre Mutter in Amerika (Florida) verstorben ist. Nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB ist das Erbstatut das Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes, so dass vorliegend also amerikanisches Recht einschlägig sein könnte. Das amerikanische IPR unterscheidet grundlegend zwischen der Erbfolge („Will and Inheritance" oder „Succession") und der Verwaltung und Verteilung des Nachlasses („Estates"). Außerdem wird in allen Staaten zwischen dem beweglichen („movables") und unbeweglichen („immovables") Nachlass unterschieden („Nachlassspaltung", Englisch: „scission"). Zur Verfolgung weitergehender Ansprüche gegen den Lebensgefährten Ihrer verstorbenen Mutter wegen der von ihm in Amerika in Besitz genommenen Erbmasse sollten Sie daher – ggf. vor Ort - einen auf diesem Rechtsgebiet versierten Rechtsanwalt beauftragen.
3. und wie könnte ich einen Erbschein bekommen?
Der Erbschein muss am Nachlassgericht beantragt werden, bei dem der Verstorbene als letztes gemeldet war. War der Verstorbene - wie hier - im Ausland gemeldet, so muss der Antrag zum Erbschein beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg eingereicht werden. Der Erbschein ist keine Bedingung für die Erbschaft. Der Erbschein dient vielmehr dazu, sich als Erbe zu identifizieren, beispielsweise um ein Konto des Verstorbenen bei der Bank aufzulösen oder andere Rechtsgeschäfte über den eigenen Teil der Erbmasse durchzuführen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen als rechtliche Orientierung im Rahmen der Erstberatung weitergeholfen.
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Natürlich können Sie mich in dieser weitergehenden Angelegenheit auch beauftragen. Ich bin gerne bereit, Ihre Interessen im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zu vertreten, wobei die hier gezahlte Gebühr angerechnet werden würde. Dank Email, Fax und Telefon stellt auch die Vertretung über größere Entfernung kein Problem dar. Bitte kontaktieren Sie mich dazu über die unten genannte Rufnummer bzw. E-Mail-Adresse.
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen: Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Der Umfang meiner Beratung ist dabei durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG begrenzt. Die Beantwortung Ihrer Frage erfolgt ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt am Main
Mathias F. Schell
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Mathias F. Schell