14. August 2025
|
15:19
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail: mail@ra-raab.de
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
[b]I.[/b]
Grundsätzlich ist Ihr Vorhaben, Ihrer Tochter bereits zu Lebzeiten Vermögen (Immobilie und/oder Bargeld) zu übertragen, rechtlich möglich und zulässig. Es gibt dabei jedoch einige wichtige Aspekte zu beachten, insbesondere im Hinblick auf Schenkungssteuer, Pflichtteilsergänzungsansprüche und einen möglichen Zugriff des Sozialamts im Pflegefall.
1. Schenkungssteuer und Freibeträge:
Als Tochter steht Ihrer Tochter ein Freibetrag von 400.000 Euro pro Elternteil zu. Das bedeutet, dass Schenkungen bis zu diesem Betrag innerhalb von zehn Jahren steuerfrei sind. Übertragen Sie beispielsweise die Immobilie (Wert 300.000 Euro) und Bargeld (200.000 Euro), würde der Gesamtwert 500.000 Euro betragen. In diesem Fall wären 100.000 Euro über dem Freibetrag und auf diesen Betrag würde Schenkungssteuer anfallen. Die genaue Höhe hängt von der Steuerklasse und dem Steuersatz ab, der für Kinder in der Regel moderat ist.
2. Wiederauffüllung des Freibetrags:
Der Freibetrag steht alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. Sie könnten also beispielsweise jetzt einen Teil (z.B. die Immobilie) schenken und nach zehn Jahren weiteres Vermögen übertragen, ohne dass Schenkungssteuer anfällt.
3. Reduzierung des steuerpflichtigen Werts durch Wohnrecht:
Wenn Sie sich im Rahmen der Schenkung ein lebenslanges Wohnrecht an der Immobilie notariell einräumen lassen, wird der Wert der Schenkung um den Wert dieses Wohnrechts reduziert. Das kann dazu führen, dass der steuerpflichtige Wert unter den Freibetrag sinkt und somit keine Schenkungssteuer anfällt.
4. Kosten für Ihre Tochter:
Neben einer eventuellen Schenkungssteuer (s.o.) fallen bei der Übertragung einer Immobilie Notar- und Grundbuchkosten an. Diese sind in der Regel vom Erwerber (also Ihrer Tochter) zu tragen, können aber auch von Ihnen übernommen werden. Die Höhe richtet sich nach dem Wert der Immobilie. Bei Bargeldschenkungen entstehen keine Notar- oder Grundbuchkosten.
5. Sozialamt und Pflegefall:
Sollten Sie innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung pflegebedürftig werden und Ihr eigenes Vermögen nicht ausreichen, um die Pflegekosten zu decken, kann das Sozialamt unter Umständen auf die Schenkung zurückgreifen und von Ihrer Tochter einen Teil des geschenkten Vermögens zurückfordern. Die sogenannte Zehnjahresfrist (§ 528 BGB) ist hier maßgeblich. Nach Ablauf von zehn Jahren ist ein Rückgriff in der Regel ausgeschlossen.
6. Pflichtteilsergänzungsansprüche:
Da Sie nur eine Tochter haben und keine weiteren Pflichtteilsberechtigten, ist dieser Punkt für Sie nicht relevant. Wären weitere Kinder oder ein Ehepartner vorhanden, müssten Schenkungen innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden.
[b]II.[/b]
Fazit:
Eine vorweggenommene Schenkung kann steuerlich und pflegerechtlich sinnvoll sein, insbesondere wenn Sie den Freibetrag optimal ausnutzen und sich ggf. ein Wohnrecht vorbehalten. Ihre Tochter muss mit Notar- und Grundbuchkosten sowie ggf. Schenkungssteuer rechnen, sofern der Freibetrag überschritten wird. Im Pflegefall kann das Sozialamt innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung auf das übertragene Vermögen zugreifen.
[b]III.[/b]
Empfehlung:
Sie können Ihrer Tochter z.B. die Immobilie schenken und sich ein Wohnrecht vorbehalten, um den steuerpflichtigen Wert zu senken. Das Bargeld könnten Sie in Tranchen unterhalb des Freibetrags schenken, ggf. verteilt über mehrere Jahre oder nach Ablauf der Zehnjahresfrist. Ein aktuelles Verkehrswertgutachten der Immobilie ist ratsam, um den Wert gegenüber dem Finanzamt zu dokumentieren.
Ihre Tochter muss mit den genannten Kosten rechnen, aber bei geschickter Gestaltung können diese minimiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt