24. September 2014
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22:45
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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unter Berücksichtigung des vorliegenden Sachverhalts möchte ich Ihre Fragen wie folgt beantworten.
Die von Ihnen aufgeführten „Schenkungen" sind es dann, wenn der Erblasser keine Verpflichtung zur Leistung hatte und keine Gegenleistung hierfür zu erwarten war.
Sie sprechen an von Ihrem Vater ein Jahr lang regelmäßig monatliche Zahlungen in Höhe von 316 Euro während Ihres Studiums erhalten zu haben, soweit es sich dabei um Unterhaltsleistungen Ihnen gegenüber handelte, sind die Zahlungen jedoch keine Schenkung. Dafür wäre von familienrechtlicher zu klären, in wie weit Sie hier einen entsprechenden Unterhaltsanspruch während Ihrer Ausbildung zustand. Grundsätzlich haben Kinder bis zum Erreichen des Abschlusses ihres ersten Bildungsweges Anspruch auf elterlichen Unterhalt.
Ebenso könnte die monatliche Leistung des Erblassers gegenüber Ihrer Mutter Unterhalt des getrennt lebenden Ehegatten sein. Hier könnte es sich um sogenannten Trennungsunterhalt handeln. Leider gehört das Familienrecht nicht zu meinem Repertoire, so dass ich hier auf einen entsprechend qualifizierten Kollegen verweisen möchte.
So es sich in beiden Fällen um Unterhaltszahlungen handelte, sind dies logischer Weise aber keine Schenkungen seitens des Erblassers, was zur Folge hat, dass sie alle nach Ihrem Vortrag quasi „enterbt" wurden. Trotz, dass Sie letztlich gesetzliche Erben wurden, haben Sie nach §§ 2325 BGB einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch. Danach kann der Pflichtteilsberechtigte, dies sind gemäß § 2303 die Abkömmlinge des Erblassers und dessen Ehegatte, sowie die Eltern des Erblassers. Soweit die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, also keine notarielle Vereinbarung einer Gütertrennung getroffen haben, kann der überlebende Ehegatte den Zugewinnausgleich geltend machen.
Der Gesetzgeber möchte mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch sicherstellen, dass die Pflichtteilsberechtigten eben gerade nicht durch Schenkungen vor dem Ableben deren Erbrecht erheblich schmälert.
Die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist etwas kompliziert. Grundsätzlich soll aber, soweit der Nachlass unter Einbeziehung der Schenkungen an Dritte innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall positiv war, der Pflichtteilsberechtigte zumindest den Wert seines Pflichtteilsanspruches erhalten.
Nach den von Ihnen genannten Zahlen wären das für Ihre Mutter 20.000 Euro und für sie und Ihren Bruder jeweils 10.000 Euro. Der Wert der Eigentumswohnung zusammen mit deren Belastung ist hierbei jedoch entsprechend anzurechnen.
Nein, der Wert der Immobilie bemisst sich vornehmlich nach dem Verkehrswert, erst wenn ein solcher nicht festgestellt werden kann, kommen andere Bewertungsverfahren, wie das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren oder das Ertragswertverfahren (bei vermieteten Immobilien) zum Zuge.
Ich hoffe Ihre Fragen hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen
Rechtsanwalt Andreas Wehle