Einziehung von Gesellschafteranteilen/Wert/Immobile in GmbH

3. März 2013 17:42 |
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Gesellschaftsrecht


Zusammenfassung

Buchwertklauseln im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters können anfänglich unwirksam sein oder nachträglich durch ein erhebliches Missverhältnis zwischen Buchwert und wirklichem Anteilswert werden

Sehr geehrte Damen und Herren,

hier mein Problem:

Gesellschafter A und Gesellschafter B (ich) gründen im Jahr 2010 eine GmbH. Deren Zweck ist der Handel mit Medizinprodukten. Gründungskapital 25.000 €

Gesellschafter A hält 60 % Gesellschafter B 40 %. Gesellschaftereinlagen wurden beglichen. Zur GF wurde ein Mitarbeiter des Gesellschafters A bestellt. Gesellschafter A besitzt noch eine andere GmbH mit ähnlichem Zweck. GF erhält eine Vergütung von 400,- €

Die Lage ist so, dass Gesellschafter B fast alles alleine tätigt Kundenakquise, Preisverhandlungen usw. Aus bestimmten Gründen darf Gesellschafter B nicht aussenwirksam auftreten. So dass er zwar die ganze Arbeit macht, aber ständige Querelen in der Firma jetzt dazu führen, dass B sich überlegt aus der Gesellschaft auszutreten.

Im Gesellschaftervertrag ist Einziehung unter den üblichen Bedingungen (Insolvenz usw) aber eben auch der Punkt der AUflösungsklage oder Austritt aus der Gesellschaft festgehalten.Mit Übergang der Geschäftsanteile auf die restlichen Gesellschafter oder einen Dritten.

hierzu steht:

Abs.2
Die Einziehung wird durch die GF erklärt.Sie bedarf einer Gesellschafterbeschlusses, der mit Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen gefasst wird. Dem betroffenen Gesellschafter steht bei den Beschlüssen gem. Abs.1 Buchst. a bis h kein Stimmrecht zu. Der Einziehungsbeschluss wird mit einer schriftlichen Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter wirksam.

Abs.1 Buchst.g beinhaltet: das der GS Auflösungsklage erhebt oder seinen Austritt erklärt.

desweiteren:

Abs.3
GS deren Geschäftsanteile eingezogen werden oder gemäß Abs.3 an die Gesellschaft, Gesellschafter oder dritte Personen abgetreten werden, erhalten hierfür ein Entgeld, das dem Buchwert des Geschäftsanteiles entspricht, soweit zulässig. Schuldner ist die Gesellschaft wenn der Geschäftsanteil eingezogen wird oder derjenige an den der Geschäftsanteil abgetreten wird.

o.a. Abs. 3 beinhaltet:

Anstelle der Einziehung können die übrigen GS mit der durch diese Satzungsbestimmung- unter Befreiung des § 181 BGB - erteilten Ermächtigung des betroffenen Gesellschafters oder seiner Rechtsnachfolger beschließen, dass der der Einziehung unterliegende Geschäftsanteil ganz oder teilweise auf die Gesellschaft und /oder die Gesellschafter oder einen Dritten übertragen wird.

Hier komme ich zu Punkt 1 meiner Frage:

da unter Abs. 1 Punkt g die Einziehung der Geschäftsanteile "angedroht" wird wenn ich AUstritt oder Auflösungsklage beghere, und weiter unter Punkt 2 (s.o) erklärt wird, dass dies durch die GF erklärt wird und ein Gesellschafterbeschluss mit 75 % nötig ist, schließt sich das doch aus? Da ich 40 % der ANteile halte?



Zum o.a. Entgeld gegen Buchwert:

In 2011 erwarb die GmbH eine Immobilie. Diese wurde saniert. Der Kaufpreis (50.000) der Immobilie wurde aus laufenden Geschäftseinnahmen getilgt.

Es wurden Sanierungskosten von 140.000 € veranschlagt. Diese wurden von meiner Seite mit einer privaten Bürgschaft über 70.000 € abgesichert.

Durch wiederum erhebliche Nachlässigkeit meines Geschäftspartners mussten wir erheblich nachfinanzieren.

Und zwar insgesamt 300.000 € von denen nochmals 50.000 durch Kredit abgesichert wurden, von diesem habe ich wiederum 25.000 € privat abgesichert (Bürgschaft)

Mein Geschäftspartner wohl auch, diese Verträge habe ich nie gesehen. Insgesamt hat uns diese Immobilie 350.000 an Kosten verursacht. Die fehlende Summe von 100.000 € wurde wiederum aus dem laufenden Umsatz getilgt.

Die Immobilie ist momentan komplett vermietet und müsste nach 7 Jahren auch schuldenfrei sein. So dass in diese Immobilie 150.000 € aus dem Umsatz und 200.000 € aus einem Bankdarlehen geflossen sind. (Verkehrswert dürfte momentan zwischen 350.00 und 400.00 € liegen)

Wie verhält sich das mit dem mir evtl zu erstattenden Buchwert? Die Gesellschaft macht momentan einen Umsatz von ca. 250.000 €. Die Immobilie ist noch mit ca. 150.000 € verschuldet. Würde sich aber selber tragen.

Deswegen meine Frage sehen Sie hier irgendeine Möglichkeit mir zu sagen was für mich der beste Weg ist?

Gesellschaft nur wegen Immobilie bestehen lassen? Sprich den Zweck der Gesellschaft ändern?

Oder versuchen zu verkaufen? Oder noch 7 Jahre durchhalten?

Mit meinem Geschäftspartner könnte ich dies wahrscheinlich alles besprechen.

Leider sind dort aber zu viele andere "Leute" sprich Familienmitglieder, Freunde usw involviert, die teilweise reinreden und alles besser wissen.

Ich möchte eigentlich nur die Hälfte des jetzigen Wertes der Immobilie und das Risiko der Bürgschaft abgeben. Dann würde ich am liebsten den "Bethel" hinschmeißen.

Haben Sie irgendeinen Rat, bevor ich das Geld zum Psychiater trage?

Bitte sehen Sie mir die lange Ausführung nach es ist etwas kompliziert.

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gern nachfolgend beantworte.

"Hier komme ich zu Punkt 1 meiner Frage:

da unter Abs. 1 Punkt g die Einziehung der Geschäftsanteile "angedroht" wird wenn ich AUstritt oder Auflösungsklage beghere, und weiter unter Punkt 2 (s.o) erklärt wird, dass dies durch die GF erklärt wird und ein Gesellschafterbeschluss mit 75 % nötig ist, schließt sich das doch aus? Da ich 40 % der ANteile halte?"

Um dies abschließend und sicher beurteilen zu können, müsste der gesamte Wortlaut bekannt sein. Entscheidend dürfte aber in Ihrem Fall folgender Passus in Abs. 2 sein:

"Dem betroffenen Gesellschafter steht bei den Beschlüssen gem. Abs.1 Buchst. a bis h kein Stimmrecht zu."

Insofern wären Sie bei dem Beschluss über die Einziehung nicht stimmberechtigt.

Dies entspricht auch § 47 IV GmbHG.

So wäre also ein Stimmanteil von 100 % zu erreichen.

"Wie verhält sich das mit dem mir evtl zu erstattenden Buchwert? Die Gesellschaft macht momentan einen Umsatz von ca. 250.000 €. Die Immobilie ist noch mit ca. 150.000 € verschuldet. Würde sich aber selber tragen.

Deswegen meine Frage sehen Sie hier irgendeine Möglichkeit mir zu sagen was für mich der beste Weg ist?

Gesellschaft nur wegen Immobilie bestehen lassen? Sprich den Zweck der Gesellschaft ändern?

Oder versuchen zu verkaufen? Oder noch 7 Jahre durchhalten?"

Ich bitte sie um Verständnis, dass ein abschließender Rat, wie Sie am besten agieren sollten, ohne detaillierte Kenntnis der Bücher, des Gesellschaftsvertrags und auch Ihrer persönlichen Situation unmöglich ist.

Ich kann Ihnen aber Hoffnung machen mit folgenden Ausführungen:

Bei der Abfindung nach Buchwert "bilden allein die Buchwerte der Aktiva und Passiva die Basis für die Berechnung der Abfindung, wobei die nicht verbrauchten Einlagen, die noch nicht ausgeschütteten Gewinne und alle in der Bilanz ausgewiesenen Positionen mit Eigenkapitalcharakter Berücksichtigung finden. Stille Reserven oder ein Geschäftswert des Unternehmens (Goodwill) werden hingegen bei der Ermittlung der Abfindung nicht berücksichtigt", Leuering, Die rechtliche Behandlung von Buchwertklauseln, NJW-Spezial 2008, 239.

Inzwischen geht die Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass solche Buchwertklauseln unwirksam sein können - bereits anfänglich oder wegen später eintretender Umstände, die zu einem erheblichen Missverhältnis führen.

Für eine anfängliche Unwirksamkeit fehlt es zunächst an Anhaltspunkten.

Nach Ihren Schilderungen erscheint es aber als möglich, dass nachträglich ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem wirklichen Anteilswert und der durch die Regelungen des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Abfindung eintrat.

Der BGH nimmt in solchen Fällen eine von den Parteien nicht bedachte Vertragslücke an, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sein soll, vgl. BGH NJW 1993, 3193.

Zu fragen soll dann sein, "welchen Inhalt die Klausel unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben hat und ob sie gegebenenfalls im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse zu ergänzen ist", wiederum Leuering, Die rechtliche Behandlung von Buchwertklauseln, NJW-Spezial 2008, 239.

Feste Grenzen, ab wann ein erhebliches Missverhältnis vorliegt, sollen nach Leuering kaum anzugeben sein. In der Literatur sollen aber Faustregeln vertreten werden, die die Grenze der noch zulässigen Abfindung bei zwei Dritteln des wirklichen Anteilswerts sehen, so Ulmer in MüKo-BGB, 4. Aufl., 2004, § 738, Rn. 52, bzw. bei 50 - 60% des anteiligen Ertragswerts, K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., 2002, S. 1490.

Die Rechtsfolge wäre eine Vertragsanpassung dahingehend, dass unter Berücksichtigung der Interessen der GmbH und von Ihnen die Höhe der Abfindung in einem Bereich zwischen Buchwert und Verkehrswert anzusetzen wäre.

Teilweise wird sogar ausschließlich das Ansetzen des Verkehrswerts befürwortet.

Ich empfehle Ihnen daher, einen im Gesellschaftsrecht tätigen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater mit der Überprüfung der Buchwertklausel anhand der Bücher der GmbH seit 2010 durchführen zu lassen. Möglicherweise können Sie so die Zahlung einer über dem Buchwert liegende Abfindung erreichen.

Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.

Bitte beachten Sie, dass meine Antwort nur eine erste Einschätzung darstellt. Dies kann eine persönliche Beratung regelmäßig nicht ersetzen.

Mit freundlichen Grüßen

- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt
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