Einfriedung auf der Grenzelinie

11. Mai 2021 21:51 |
Preis: 25,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Ich wohne in einer Doppelhaushälfte in Hessen. Der Garten war bisher zum Nachbargrundstück nicht eingezäunt.
Da sich dass Verhältnis zu dem Nachbar aber verschlechtert hat, habe ich ihn zu einer gemeinsamen Lösung eines Zaunes aufgefordert. Er weigert sich allerdings um möchte keinen Zaun errichten, da er bald vorhabe sein Haus zu veräußern.
Was kann ich nun tun? Ich würde auch auf meine eigenen Kosten einen Zaun ziehen, kann ich aber dann auf die Grenzlinie setzen? Wie lange muss ich warten ?
Es ist nicht zumutbar so lange zu warten bis es neue Eigentümer gibt und ein guter Start für eine neue Nachbarschaft ist es auch nicht gerade.

Vielen Dank!
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten, bitte beachten Sie jedoch, dass kleinste Abweichungen in der Sachverhaltsschilderung zu einem anderen Ergebnis führen können:

Grundsätzlich bestimmt sich das Einfriedungsrecht nach dem Hessisches Nachbarrechtsgesetz (NachbG Hessen).

Im vierten Abschnitt des NachbG Hessen ist die Einfriedung geregelt. Ich gehe davon aus, dass sich die Grundstücke in einem bebauten Ortsteil befinden und kein Gebäude auf der Grenze steht. Wenn dem so ist, dann greift § 14 I NachbG Hessen ein. Danach sind auf Verlangen eines Eigentümers, beide Eigentümer, soweit die Grundstücke bebaut sind, gegenseitig verpflichtet bei der Einfriedung mitzuwirken.

Nach § 14 Absatz 2 NachbG Hessen ist die Einfriedung auf der Grenze zwischen den Grundstücken zu errichten. Die Einfriedung hat dabei nach § 15 NachbG Hessen aus einem ortsüblichen Zaun zu bestehen. Wenn sich eine solche nicht feststellen lässt, dann besteht die Einfriedung aus einem 1,20m hohen Zaun aus verzinkten Maschendraht.

Nach § 17 Abs. 1 NachbG Hessen tragen die Grundstückseigentümer die Kosten gemeinsam. Ihr Angebot die Kosten alleine zu übernehmen, sind daher schon recht großzügig und sollten eigentliche vom Nachbarn auch honoriert werden.

Problematisch ist nun, dass der Nachbar scheinbar kein Interesse an einer Einfriedung hat. Nachbarschaftsstreitigkeiten sind oft für beide Beteiligten mühsam, daher würde ich Ihnen dennoch raten, falls dies überhaupt möglich ist, erneut das Gespräch zu suchen und dem Nachbarn zu überzeugen.

Falls der Nachbar sich weiter weigern sollte, einen Zaun auf die Grundstücksgrenze zu setzen, müsste in letzter Konsequenz nach einem vorher durchgeführten Schlichtungsverfahren über eine Klage nachgedacht werden. Denn es ist nicht klar, ob der Nachbar das Grundstück überhaupt verkauft/verkaufen kann.

Einfach so den Zaun auf die Grenze zu setzen würde ich nicht empfehlen, weil damit gerechnet werden muss, dass der Nachbar diesen wieder abbaut und dann wäre Ihnen auch nicht geholfen.





Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Vestweber
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 12. Mai 2021 | 08:14

Vielen Dank für die Antwort.
Ich würde nur gerne wissen, ob es in Hessen auch eine Art Fristsetzung gibt, nach dessen Ablauf ein Nachbar dazu berechtigt ist auf die Grenzlinie eine ortsübliche Einfriedung zu setzen ?
Denn in Nordrhein-Westfalen ist zum Beispiel geregelt: Wirkt die Nachbarpartei nicht innerhalb von zwei Monaten nach schriftlicher Aufforderung an der Errichtung der Einfriedigung mit, so kann die Eigentümerin oder der Eigentümer die Einfriedigung allein errichten.

Und wenn dem in Hessen nicht so ist. Kann ich einen ortsüblichen Zaun, „nahe" der Grenzlinie aber noch auf meinem eigenen Grundstück ziehen ohne befürchten zu müssen , dass der Nachbar da dran geht und Abbau verlangen kann?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. Mai 2021 | 09:10

Guten Morgen,


In NRW bestimmt § 32 Abs. 1 Nachbarrechtsgesetz NRW "Wirkt der Nachbar nicht binnen zwei Monaten nach schriftlicher Aufforderung bei der Errichtung mit, so kann der Eigentümer die Einfriedigung allein errichten"

Eine solche Vorschrift beinhaltet das Nachbarrechtsgesetz Hessen nicht.

Zur zweiten Rückfrage:

Es ist Ihnen unbenommen, dass Sie auf Ihrem Grundstück einen Zaun aufstellen. Ich möchte jedoch vorsorglich darauf hinweisen, dass es möglich erscheint, dass der jetzige Nachbar oder künfitge Nachbar nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB einen Beseitigungsanspruch geltend machen könnte.

Ob Ihr Nachbar mit dem Vorgehen einverstanden ist und wie die Reaktionen seinerseits sein werden, kann ich von hier nicht beurteilen.


Viele Grüße


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