Eigeninvestitionen, Zwangsversteigerung, Sozialklausel

19. Januar 2005 12:39 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Sehr geehrter Anwalt,
meine Frau und ich bewohnen seit 01.05.1999 eine Doppelhaushälfte
zur Miete; die andere Hälfte bewohnt ein anderes Ehepaar, auch zur Miete. Wir bewarben uns um diese Wohnung 1998 über einen Makler, als das Haus noch gar nicht gebaut war. Deshalb durften wir beim Bau auch unsere Wünsche äußern, die wir dann bei Realisierung selbst finanziert haben. Der Vermieter sagte uns damals, dass er das Doppelhaus für seine zwei kleinen Kinder baut; wir könnten unseren Lebensabend hier in aller Ruhe verbringen.
Deshalb finanzierten wir einen eigenen Kamin, den zweiten Schornsteinzug für den Kamin, ein dreiteiliges Fenster mit elektrischem Rollo im Wohnzimmer(ein zweiteiliges war nur vorgesehen ), etwa die Hälfte der Steckdosen und Wandauslässe für Lampen, eine Einbauküche und anderes. Leider kommen die von uns finanzierten Objekte im Mietvertrag überhaupt nicht vor. Nur die Rechnungen haben wir, z.T. vom Vermieter selbst ausgestellt, z.T.von den entsprechenden Handwerkern bzw. Firmen. Mietnachlass wurde uns deshalb auch nicht gewährt. Es steht im Mietvertrag:" Das Haus ist bei Auszug vom Mieter in den zu Mietbeginn vorgefundenen Zustand zu versetzen"; welcher ist der vorgefundene Zustand? Vieles wurde von uns schon finanziert als das Haus noch gar nicht fertiggestellt war. An anderer Stelle steht:" Einrichtungen, mit denen der Mieter die Räume versehenhat, kann er wegnehmen"und " Bei Beendigung des Mietverhälnisses gehen die eingebrachten Sachen unentgeltlich in das Eigentum des Vermieters über" und " Eine Grundausstattung ist vorgesehen. Den Mehrpreis zahlt in jedem Fall der Mieter".
Wenn wir unseren Lebensabend tatsächlich hier verbringen könnten, würden wir dies ohne Sorgen betrachten.
Aber jetzt soll das Haus zwangsversteigert werden und wir wissen nicht, ob wir das alles umsonst finanziert haben?
Meine Fragen lauten:
1. Können wir diese Investitionen abwohnen (es sind etwa 20000 bis 30000 EURO )?

2.Am 06.05.1999 bekam ich einen Schlaganfall und als Folge bin ich schwerbehindert(90%)und habe die Pflegestufe I. Die Schwerbehinderung gilt zunächst bis März 2009. Hizu kommt ei insulinpflichtiger Diabetes und eine Makuladegeneration.
Meine Frau wurde 2003 operiert(eine Niere wurde entfernt ).
Sie ist seit dem zu 50% schwerbehindert. Beide sind wir 62 Jahre
alt.
Haben wir eine Chance, mit der Sozialklausel erfolgreich Widerspruch gegen eine Kündigung des evtl. Ersteigerers und
somit neuen Eigentümers einzulegen?
Wir glauben, daß wir einen Umzug nicht unbeschadet überstehen
würden.



Herzlichen Dank!
Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zunächst tritt auch der neue Eigentümer nach einer evt. Zwangsversteigerung mit allen Rechten und Pflichten an Stelle des alten Vermieters in den Mietvertrag ein.Der Mietvertrag gilt also uneingeschränkt weiter.

Bzgl. der von Ihnen finanzierten Einbauten gibt es jedoch innerhalb dieses Mietvertrages keine Regelung.
Wer in einer Mietwohnung Umbaumaßnahmen vornimmt - wie Holzdecken einziehen, Laminat verlegen, Fliesen legen - muss damit rechnen, dass er auf den Kosten sitzen bleibt, auch wenn der Vermieter im Vorfeld zugestimmt hat. Mieter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Kostenübernahme von Einbauten durch den Vermieter. Im schlimmsten Fall muss die Wohnung auf eigene Kosten wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden.

Ein Abwohnen wäre also nur möglich, wenn es eine entsprechende Vereinbarung geben würde. Ihr Mietvertrag enthält aber gerade die Klausel, dass die Wohnung im vorgefundenen Zustand zurückzugeben ist.

Allenfalls könnte Ihnen hier ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen den Vermieter zustehen.
Dieser ist jedoch spätestens nach 10 Jahren nicht mehr gegeben, da man davon ausgeht, dass Investitionen auf Einbauten nach 10 Jahren abgeschrieben sind.

Im Falle einer Kündigung durch den neuen Vermieter könnten Sie gegen diese Widerspruch gem. § 574 BGB wegen einer Härte einlegen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.
Die Härte liegt in Ihrem Fall in der vorliegenden Schwerbehinderung und dem hohen Alter. Beides sind von Rechtsprechung anerkannte Härtegründe.

Ich hoffe, Ihre Anfrage hinreichend beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Christian Kah
Rechtsanwalt
www.net-rechtsanwalt.de


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