6. Februar 2024
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21:08
Antwort
vonRechtsanwalt Timm Jacobsen
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Sie sollten dringend beim FA Einspruch einlegen, wenn noch nicht geschehen. Die Rechtsanwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist offensichtlich falsch. Sie widerspricht der Literatur, der höchstrichterlichen Rechtsprechung und sogar der Auffassung des Bundesfinanzministeriums und damit der Verwaltungspraxis. Hinsichtlich der Nebenkosten ist das ganz eindeutig. Hinsichtlich der Wohnungseinrichtung ist das schwieriger.
zu Nr. 2 Nebenkosten i.H.v. 2.000 Euro
Literatur:
[quote]Der ab dem VZ 14 geltende Höchstbetrag von 1000 € pro Monat (s. Rz. 400) umfasst die Aufwendungen des ArbN für die Nutzung der Zweitwohnung ohne Arbeitszimmer (s. Rz. 617 f.). Das ist (bei einer Mietwohnung) die Bruttokaltmiete oder (bei einer eigenen Wohnung sind es) Schuldzinsen u. AfA (s. Rz. 401). Dazu kommen die übrigen (warmen u. kalten) Betriebskosten einschließl. Strom (BFH VI R 18/17 v. 4.4.19, BStBl II 19, 449, Tz. 24 f., m. w. N.; Anm. Kanzler FR 19, 737 f.). [b]Der Höchstbetrag ist damit auch bei Aufwendungen für Reinigung u. Pflege, ZweitwohnungsSt, den Rundfunkbeitrag, sowie für etwaige Sondernutzungen, z. B. einen Garten zu beachten.[/b]
(Brandis/Heuermann/Thürmer, 169. EL November 2023, EStG § 9 Rn. 402)[/quote]
Rechtsprechung:
d) Nach Auffassung des Senats zählen zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft iSv § 9 I 3 Nr. 5 S. 4 EStG, die (nur) mit dem Höchstbetrag von 1.000 Euro pro Monat abgezogen werden können, alle Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Hat der Steuerpflichtige eine Wohnung angemietet, gehört zu diesen Aufwendungen zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die AfA auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. [b]Aber auch die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu diesen Unterkunftskosten (so bereits Senat, BFHE 258, 439 = BStBl. 2018 II 13 = NZM 2018, 581 Rn. 8 [zu § 9 I 3 Nr. 5 EStG aF]), da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch das ihre Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft entstehen.[/b]
(NJW 2019, 2054 Rn. 24, beck-online)
Bundesfinanzministerium zusammen mit obersten Landesfinanzbehörden:
[quote]Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder ‑unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Rn. 108
BMF-Schreiben vom 25.11.2020 IV C5-S 2353/19/10011 Rn. 108.[/quote]
Die 2.000 Euro sind also eindeutig als Werbungskosten abzuziehen.
zu Nr. 3 Anschaffungskosten in Höhe von 1.500 (AfA) oder 2.500 Anschaffungskosten
Hier wird es kniffliger. Grundsätzlich handelt es sich um sonstige notwendige Mehraufwendungen. Das BMF-Schreiben hält hierzu fest:
[quote]Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 4. April 2019 VI R 18/17, BStBl. II S. 449). Übersteigen die Anschaffungskosten des Arbeitnehmers für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5000 € einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt. Rn. 108[/quote]
Das BMF geht anscheinend von Aufwendungen beim Einzug aus, wenn es von 5.000 Euro ausgeht. Auch scheint Ihr FA davon auszugehen, dass man nur bei Bezug Einrichtungsgegenstände absetzen könnte. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG gibt das aber nicht her. Er spricht nur von notwendigen Mehraufwendungen, für die dann auch nicht der Höchstbetrag von monatlich 1.000 Euro gilt.
Es machte keinen Sinn lediglich die Erstbeschaffung von Einrichtung als notwendige Mehraufwendungen anzuerkennen. In Literatur und Rechtsprechung findet sich nichts zur Frage, ob Ersatzbeschaffungen miterfasst sind. Entweder kommt niemand auf die Idee das geltend zu machen oder die FÄ erkennen das immer an.
Es wäre aber absurd, einen Fernseher beim Einzug als notwendige Mehraufwendung anzuerkennen (FG Saarl 2 K 1251/17 v. 20.5.20, EFG 20, 1408, Tz. 2), weil es sich um Standard-Ausstattung handele, man aber später keinen mehr kaufen dürfe.
Oder wenn ein Bett kaputt geht, braucht man natürlich ein neues und kann dieses absetzen.
Der vom FA behauptete zeitliche Zusammenhang zwischen Begründung des Hausstandes und Ersatzbeschaffungen ergibt sich nicht aus dem Gesetz und wird nach meiner Recherche auch sonst von niemanden vertreten. Man kann ja auch 10 Jahre nach Begründung des zusätzlichen Hausstandes noch Familienheimfahrten absetzen.
Das BMF geht auch davon aus, dass bei möbliert vermieteten Wohnungen der Teil der Miete der auf die Einrichtung entfällt nicht bei der Höchstgrenze von 1.000 Euro erfasst ist, sondern als sonstige Mehraufwendungen abzuziehen ist. Das bedeutete, dass der Ersatz von Einrichtungsgegenständen in möblierten Wohnungen abzuziehen ist. Es ist keine Aussage des Gesetzes, der Rechtsprechung oder Verwaltung erkennbar, dass das bei unmöblierten Wohnungen anders zu handhaben wäre.
Zu diskutieren wäre höchstens, ob alle der von Ihnen geltend gemachten Einrichtungsgegenstände notwendig sind.
Zu bedenken wäre noch, ob die AfA überhaupt notwendig ist. Alle Gegenstände unter 800 Euro könnten Sie eigentlich auch direkt komplett absetzen.
[quote]Die weniger als 800 € [bis VZ 17: 410 €] (ohne USt) betragenden AK oder HK eines (abnutzbaren bewegl.) GWG können im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des WG in vollem Umfang als WK abgezogen werden; dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 2 n. F. i. V. m. § 6 Abs. 2 S. 1 bis 3. Die Regelung des § 6 Abs. 2a – Bildung eines Sammelpostens (s. § 6 Rz. 1163 f.) – ist nicht entspr. anzuwenden (ebenso Kirchhof/Seer § 9 Rz. 136; a. A. Kanzler FR 22, 233 f.).
(Brandis/Heuermann/Thürmer, 169. EL November 2023, EStG § 9 Rn. 480)[/quote]
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Timm Jacobsen