7. Februar 2025
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10:29
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Schulze
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Gesamtrechnung der Anwartschaften
Die Versicherungsgesellschaft vertritt den Standpunkt, dass sie die beiden unterschiedlichen Verträge (unabhängig von den vertraglich verwendeten Tarifbezeichnungen) miteinander zu addieren hat, sodass sich aus der Summe beider Anwartschaften eine höhere monatliche Leistung ergibt als es die Geringfügigkeitsgrenze zulässt. Konkret ergibt sich aus Ihren Angaben:
Vertrag 1: 27,79 EUR monatliche Rentenanwartschaft
Vertrag 2: 19,47 EUR monatliche Rentenanwartschaft
Gesamtsumme: 27,79 EUR + 19,47 EUR = 47,26 EUR
Auch wenn beide Verträge einzeln betrachtet die Grenze für eine Abfindung nicht erreichen, kann es – soweit die vertraglichen oder tariflichen Regelungen der Versicherung dies vorsehen – zulässig sein, die Anwartschaften zusammenzurechnen.
So eine Aggregierungsregelung ist nicht unüblich, wenn beide Verträge demselben Versicherungsunternehmen zuzurechnen sind und der Zweck darin besteht, den Gesamtschutzanspruch bzw. die Versorgungsleistung in einer einheitlichen Berechnungsgrundlage zusammenzufassen. Allerdings muss es hier eine Regelung dazu geben. Tarifvertrag, Versicherungsbedingungen. Lassen Sie sich diese Regelung zeigen! Das Argument "wir machen das immer so", funktioniert nur wenn es eben eine solche Regelung gibt! Ansonsten sind und bleiben es 2 Verträge!
Rechtliche Würdigung
Gemäß dem dargestellten Sachverhalt gilt:
Zulässigkeit der Zusammenrechnung:
Die Versicherungsgesellschaft kann prüfen, inwieweit die tariflichen Vertragsbedingungen – auch bei unterschiedlichen Tarifbezeichnungen – eine Zusammenrechnung vorsehen. Falls vertraglich vorgesehen ist, dass die bestehenden Anwartschaften eines Versicherungsnehmers in Summe betrachtet werden, um zu beurteilen, ob die Grenze für eine abfindungsfähige Bagatellanwartschaft überschritten wird, ist deren Berechnung nachvollziehbar. > Nachweis bzgl. Regelung anfordern s.o. (sonst geht das nicht!)
Geringfügigkeitsgrenze:
Die Abfindungsregelung nach § 3 BetrAVG richtet sich – zumindest in der Praxis – nach der Höhe der abzurufenden Rentenleistung. Überschreitet die zusammengerechnete Leistung den verhältnismäßig vereinbarten Geringfügigkeitswert, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine gesonderte, einmalige Abfindung.
Zusammenfassende Bewertung
Unter der Annahme, dass in den Versicherungsbedingungen bzw. im entsprechenden Tarif festgelegt ist, dass bei mehreren Verträgen desselben Versicherungsnehmers eine Gesamtrechnung stattfindet, ist das Vorgehen der Versicherungsgesellschaft – also das Zusammenführen beider Verträge zur Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze – rechtlich vertretbar, wenn man Ihnen eine Rechtsgrundlage vorlegt (s.o).
Das bedeutet, wenn die vertragliche Vereinbarung sowie die tarifliche Auslegung eine Aggregierung der einzelnen Anwartschaften vorsehen, liegt das Vorgehen der Versicherung im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen.
Aus den uns vorliegenden Informationen wird somit ersichtlich, dass die Versicherungsgesellschaft mit der Zusammenrechnung der beiden Anwartschaften und der damit verbundenen Ablehnung einer vorzeitigen Abfindung, sofern die aggregierte Anwartschaft den abfindungsfähigen Höchstwert überschreitet, korrekt handelt.