8. Mai 2025
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16:22
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail: hesterberg@hsv-rechtsanwaelte.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Rechtliche Einschätzung zur Frage „Bereitschaft vs. Pause im Tachograph"
1. Hintergrund
Beim digitalen Tachographen gibt es verschiedene Betriebsarten (insb. „Lenken", „Andere Arbeiten", „Bereitschaft/Verfügbarkeit" und „Ruhe/Pause"), die jeweils unabhängig voneinander rechtliche Wirkungen entfalten. Für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 ist ausschließlich die richtige Eintragung als „Pause" bzw. „Ruhezeit" maßgeblich, damit diese Zeit tatsächlich als unbezahlte Fahrtunterbrechung oder Ruhezeit anerkannt wird.
2. Warum „Bereitschaft" keine Pause ist
Eine echte Ruhepause oder Fahrtunterbrechung liegt nur vor, wenn der Fahrer:
- frei von jeglicher Arbeitsverpflichtung ist und
- auch nicht in Bereitschaft stehen muss.
„Bereitschaft" bedeutet, dass der Fahrer dem Arbeitgeber grundsätzlich zur Verfügung steht und sich – ggf. in kurzer Zeit – wieder in den Lkw setzen oder andere Arbeiten ausführen kann. Bereitschafts- oder Wartezeiten werden daher nicht als echte „Pause" im Sinne der Vorschriften zur Lenk- und Ruhezeit anerkannt.
3. Keine „vorsätzliche Irreführung" durch die Tachograph-Software
Der Tachograph selbst ist technisch so konzipiert, dass die Betriebsart „Bereitschaft/Verfügbarkeit" nicht als Ruhezeit („Pause") gewertet wird. Das ist kein Trick oder Täuschungsmanöver des Herstellers/Arbeitgebers, sondern entspricht den Sozialvorschriften im Straßenverkehr. Der Fahrer (bzw. Unternehmer) ist verpflichtet, die richtige Einstellung am Tachographen vorzunehmen, wenn tatsächlich eine Ruhepause eingelegt wird.
Verantwortlichkeit des Fahrers:
Der Fahrer muss sich bei Fahrtantritt und bei Pausenbeginn vergewissern, dass der Tachograph korrekt bedient wird – also auf „Ruhe/Pause" umgestellt wird, wenn wirklich eine Pause (z.B. die vorgeschriebenen 45 Minuten nach 4,5 Stunden Lenkzeit) genommen wird.
Eine (fälschliche) Einstellung auf „Bereitschaft" ändert nichts daran, dass diese Zeit nicht als Pause gilt, selbst wenn man irrtümlich davon ausgeht.
Verantwortlichkeit des Arbeitgebers:
Dieser muss Ihnen eine ordnungsgemäße Einweisung in die technischen Feinheiten des Tachographen geben.
Ich bin erst einmal davon ausgegangen, dass dieses hier der Fall gewesen ist.
4. Rechtsfolgen bei Verstößen
Wenn durch eine BAG-Kontrolle (oder eine andere Behörde) festgestellt wird, dass die erforderlichen Pausen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet sind, kann dies zu Verwarn- und Bußgeldern führen. Dass hier nur eine Verwarnung und 30 Euro angefallen sind, deutet auf ein geringfügiges Vergehen hin. Nichtsdestotrotz kann die Behörde bei wiederholten Verstößen höhere Sanktionen verhängen.
5. Fazit
„Bereitschaft" ist arbeitsrechtlich/sozialvorschriftenrechtlich nicht mit einer echten Pause gleichzusetzen.
Eine Pause im Sinne der Lenk- und Ruhezeitvorschriften liegt nur vor, wenn im Tachographen auch die Statusart „Ruhe/Pause" ausgewählt wird und der Fahrer tatsächlich von jeder Arbeitsverpflichtung freigestellt ist.
Eine „vorsätzliche Irreführung" liegt nicht vor. Vielmehr obliegt es dem Fahrer, die richtige Einstellung im Tachographen vorzunehmen und die rechtlichen Vorgaben (EU-Verordnung 561/2006) einzuhalten. Ein Verschulden oder ein Mitverschulden des Arbeitgebers kann aber bei einer mangelhaften oder mangelnden Einweisung das technische System vorliegen, siehe oben.
Stand: Dies ist eine allgemeine arbeits- und verkehrsrechtliche Einschätzung auf Basis der aktuellen Rechtslage (insbesondere VO (EG) Nr. 561/2006).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Daniel Hesterberg