Bebauung im Aussenbereich

| 9. November 2010 19:00 |
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Baurecht, Architektenrecht


Zusammenfassung

Kann ein Grundstück, das an einen Bereich mit qualifiziertem Bebauungsplan angrenzt, durch eine Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogen werden?

Ja, da nur ein bestehender Bebauungszusammenhang zwischen dem einzubeziehenden Grundstück und der vorhandenen Baunutzung im angrenzenden Bereich relevant ist. Der Bebauungszusammenhang wird nicht durch die Festsetzungen im qualifizierten Bebauungsplan unterbrochen.

Guten Tag,
wir würden gerne im Aussenbereich ein Einfamilienhaus mit Möglichkeit der Pferdehaltung bauen. Die Gemeinde wäre bereit über eine Abrundungssatzung das Grundstück in den Innenbereich zu holen. Das Grundstück liegt hinter eine Reihe von Häusern. Eine Zufahrt und die Erschließung ist möglich. Nun kam aber von Seiten des Kreisbauamtes die Antwort dies sei nicht möglich weil für die bereits vorhandenen Häuser ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt. Ist das richtig dass man an einen Bebauungsplan angrenzend nicht mehr abrunden kann (oder ergänzen)? Welche Möglichkeiten gibt es noch? Ein Bebauungsplan mit mehreren Baugrundstücken kommt aufgrund der Situation nicht in Frage.
Sehr geehrter Fragesteller,

ich beantworte Ihre Frage aufgrund Ihrer Angaben wie folgt:

Die Ansicht der Bauaufsichtsbehörde ist falsch.

Gem. § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGG kommt es nur auf einen bestehenden Bebauungszusammenhang zwischen dem einzubeziehenden Grundstück aus dem Außenbereich und der vorhandenen Baunutzung in dem angrenzenden Baubereich.

§ 34 BauGB lautet wie folgt:
4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1. die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2. bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3. einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Dieser Bebauungszusammenhang gem. Nr. 3 wird nicht durch die Festsetzungen im qualifizierten Bebauungsplan nicht unterbrochen.

Dazu gibt es auch eine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die mir jetzt wegen eines Absturzes vom Netz nicht zugänglich ist. Diese werde ich aber nachreichen.
Ergänzung vom Anwalt 9. November 2010 | 22:58
Es tut mir leide wegen des Absturzes vom Netz.

Ich habe sehr lange und intensiv an Ihrem Fall gearbeitet:

Jetzt zum Fall:

Eine Abrundungssatzung unter Einbeziehung Ihres Grundstücks kommt nur dann in Betracht, wenn Ihr Bauvorhaben im Sinne des § 34 BauGB zu beurteilen wäre.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.10.1975
Aktenzeichen: IV C 16.73 ergibt sich Unbeachtlichkeit des qualifizierten Bebauuungsplanes für die Beurteilung eines Baugrundstückes im Sinne des § 34 BauGB. Bei dieser Beurteilung kommt es ausschließlich auf die vorhandene und geplante Bebauung an. Von diesem Grundsatz ist auch keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt. Das bedeutet in Ihrem Fall, dass nur danach zu fragen ist, ob die einbezogenen Flächen aus Ihrem Bauvorhaben durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind. In dem Falle kann die Gemeinde durch die Satzung Ihr Grundstück gem. § 34 Abs. 4 Nr. 3 aus dem Außenbereich in den Innenbereich einbeziehen, wenn auch weitere Voraussetzungen des § 34 Abs. 5 BAuGB vorliegen. Das Vorhandensein des qualifizierten Bebauungsplanes spielt dabei keine Rolle.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in der besagten Entscheidung ausgeführt:

"Was die Möglichkeit betrifft, daß das Grundstück des Klägers vielleicht deshalb nicht nach § 34 BBauG zu beurteilen sein könnte, weil es sich bei den Bauten östlich dieses Grundstücks gar nicht um einen Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 BBauG handelt, ist folgendes zu sagen: Das Berufungsgericht wirft zunächst die Frage auf, ob dieses Gebiet trotz der dort noch vorhandenen Lücken etwa deshalb als insgesamt im Zusammenhang bebaut angesehen werden müsse, weil insoweit ein qualifizierter Bebauungsplan (vgl. § 30 BBauG) besteht. Es verneint diese Frage. Dem ist beizupflichten. Bei § 34 BBauG "kommt es als Maßstab ausschließlich auf die vorhandene Bebauung an... . Wenngleich dabei der Begriff der Bebauung weit zu nehmen ist und beispielsweise auch alles das einschließt, was sich, ohne selbst Bebauung zu sein, in der vorhandenen Bebauung 'niederschlägt' ..., so ändert dies nichts daran, daß sich alle Umstände und Belange auf den Maßstab des § 34 BBauG doch immer nur auswirken können, wenn sie durch die vorhandene Bebauung zumindest vermittelt werden" (Urteil vom 29. November 1974 - BVerwG IV C 10.73 - in Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46 S. 121 (126) mit weiteren Nachweisen). Von diesen Grundsätzen ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt."

Sie sollen sich auch nicht durch das Datum der Entscheidung verunsichern lassen. In Deutschland ist es üblich, dass zuerst die obersten Gerichte einen Grundsatz finden und sich dieser später in einem Gesetz niederschlägt (weil die Richter bessere Juristen seien, so heißt es immer inoffiziell). Das jetzt geltende Gesetz galt damals nicht, aber der Grundsatz, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes keine Rolle bei der Beurteilung, ob ein Baugebiet gem. § 34 BauGB vorliegt, und ob das im qualifizierten Baugebiet vorhandene auch als im Zusammenhang bebautes Ortsteil angesehen werden kann und somit in es auch eine Fläche aus dem Außenbereich einziehbar ist, findet sich auch im § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB wieder, weil eindeutig festgelegt ist, dass es nur auf die bauliche Nutzung in dem angrenzenden Baugebiet ankommt und nicht darauf an, ob diese bauliche Nutzung in einem ein qualizifietes Bebauungsplan gem. § 30 Abs. 1 BauGb festgelegt ist, der dann etwa den Bebauungszusammenhang unterbrochen hätte, wie dies die Behörde sieht. Zwar ist gesetzlich festgelegt, dass einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehbar sind, nicht aber dass diese in einen qualifizierten Bebauungsplan einzubeziehen sind, wie das der Fall sein soll. Das bedeutet aber nicht, dass die zu Ihren Grundstück angrenzende Bebauung nicht im Bebauungszusammenhang steht und dadurch als die im Zusammenhang bebaute Ortsteile im Sinne des § 34 BauGB. Dadurch ist es möglich, Ihr Bauvorhaben mit den Vorderen Gebäuden als ein im Zusammenhang bebautes Ortsteil anzusehen und die Außenfläche durch die Abrundungssatzung einzubeziehen, vorausgesetzt Ihr Vorhaben mit dem Pferdestall fügt sich in die nähere Umgebung ein und es besteht ein Bebauungszusammenhang. Das kann ich natürlich von hier heraus auf Grund Ihrer Angaben nicht beurteilen.

Eine andere Möglichkeit wäre gem. § 35 Abs. 2 BauGB eine Baugenehmigung zu beantragen. Dann gelten andere Voraussetzungen.

Ich hoffe, Ihre Frage ausreichend beantwortet zu haben und wünsche viel Erfolg bei der Durchsetzung des Vorhaben bei der Baubehörde.

Das war eine erste Einschätzung der Rechtslage.
Bewertung des Fragestellers 10. November 2010 | 18:18

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