Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Otto
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ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
Ihre Annahmen greifen zentrale Aspekte der Regelung im Ehevertrag zutreffend auf, enthalten aber einzelne Unklarheiten. Eine präzise juristische Einordnung ergibt Folgendes:
Die zitierte Klausel stellt klar, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt, jedoch mit ausdrücklicher Modifikation dahingehend, dass bestimmte Vermögenswerte (voreheliches Vermögen, Erbschaften, Schenkungen, Ausstattungen und deren Surrogate) vollständig aus dem Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden.
Diese Werte bleiben sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen unberücksichtigt.
Aus der gewählten Formulierung ... [i]in keiner Weise ...[/i] ist durch Auslegung abzuleiten, dass auch Surrogate (also umgewandelte oder ersetzende Vermögenswerte) und deren Erträge (Wertsteigerungen) unberücksichtigt bleiben sollen.
Eine Berechnung Ihres Beispieles, Voreheliches Barvermögen von 100.000 €, davon 80.000.- zum Immobilienerwerb verwendet und 20.000.- verbraucht, ergibt bei einem Zeitwert der Immobilie heute von 150.000.- folgendes Ergebnis:
Die Immobilie ist Surrogat des bei der Zugewinnberechnung ausgenommenen Anfangsvermögens (80.000 €).
Damit ist nicht nur der investierte Betrag, sondern auch der Wertzuwachs (70.000 €) aus dem Endvermögen auszunehmen.
Die restlichen 20.000 € wurden verbraucht; sie existieren nicht mehr und sind daher irrelevant.
Das Endvermögen beträgt rechnerisch:
150.000 € (Immobilie) – 150.000 € (vollständig als Surrogat ausgenommen) = 0 € berücksichtigungsfähiges Endvermögen im Zugewinnausgleich
Ihre Rechnung mit 150.000 € – 100.000 € = 50.000 € wäre im Kontext dieses Ehevertrags falsch, da die Klausel ausdrücklich auch Surrogate vom Zugewinnausgleich ausschließt.
3. Indexierung (Anpassung des Anfangsvermögens)
Nach § 1376 Abs. 2 BGB wird das Anfangsvermögen zum Schutz gegen Inflation indexiert. Dies gilt aber nur, wenn das Anfangsvermögen überhaupt in die Berechnung eingeht.
Da der Vertrag bestimmt, dass das Anfangsvermögen nicht in die Berechnung einbezogen wird, ist eine Indexierung hier gegenstandslos.
Kurz: Nein, eine Indexierung nach Verbraucherpreisindex findet in Ihrem Fall nicht statt.
4. Ergebnis
Das Anfangsvermögen (100.000 €) ist vollständig vom Zugewinn ausgeschlossen.
Die Immobilie ist ein voll ausgenommener Surrogatgegenstand, auch der Wertzuwachs bleibt außen vor.
Der tatsächliche Zugewinn beträgt daher 0 €, unabhängig von der Wertsteigerung.
Eine Indexierung findet nicht statt, da das Anfangsvermögen nicht in die Berechnung einbezogen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Otto,
herzlichen Dank für Ihre rasche Antwort. Eine Rückfrage hätte ich tatsächlich noch:
Die Immobilie habe ich ja erst während der Ehe (konkret: 5 Jahre nach der Eheschließung) gekauft. In diesen 5 Jahren gab es natürlich viel Bewegung auf meinem Girokonto: Einzahlungen durch Gehalt und auch alltägliche Ausgaben. Muss ich nun nachweisen, dass ich nach 5 Jahren die 80.000 EUR für die Immobilie aus meinem Anfangsvermögen gezahlt habe und nicht (zumindest teilweise) aus laufenden Einnahmen wie bspw. Gehalt? Es liegt ja alles "vermischt" auf einem einzigen Girokonto.
Anders formuliert:
Mein Anfangsvermögen von 100.000 EUR auf dem Girokonto war ja nicht „farblich markiert". Angenommen das wäre aber möglich: Mein Anfangsvermögen sei „rot" und Geld, das durch Gehalt jeden Monat reinkommt, sei „blau". Alles liegt auf einem einzigen Girokonto. Wie kann ich nach 5 Jahren nachweisen, dass ich die 80.000 EUR für die Immobilie mit meinem „roten" Geld gekauft habe und sie damit vom Zugewinn ausgeschlossen ist?
Mein Barvermögen am Scheidungstag ist ja auf Null. D.h. irgendwohin muss mein Anfangsvermögen ja geflossen sein...
Guten Abend,
es muss das für die Immobilie verwendete Kapital nicht dem ursprünglichen Anfangsvermögen konkret zugeordnet werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass es sich um Surrogatvermögen handelt – also um eine wertmäßige Fortsetzung des Anfangsvermögens.
Sie sollten versuchen, die Kontenverläufe der ersten 5 Ehejahre zu rekonstruieren, um auf der sicheren Nachweisseite zu sein.
Mit freundlichen Grüßen