Anstellung bei ausländischer Firma, Abreit aber hauptsächlich in Deutschland

7. Februar 2016 10:29 |
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Arbeitsrecht


Zusammenfassung

Muss mein Arbeitgeber aus Hongkong besondere Punkte im Vertrag aufnehmen oder sich in Deutschland anmelden, damit meine Anstellung in Deutschland gültig ist?

Der Arbeitsvertrag sollte explizit Deutschland als Arbeitsort definieren. Trotz des Firmensitzes im Ausland unterliegen in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Der Arbeitgeber hat die gleichen Pflichten wie ein in Deutschland ansässiger Arbeitgeber, einschließlich der Anmeldung des Arbeitnehmers bei der zuständigen Krankenkasse und der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe ein Anstellungsangebot einer Firma in Hongkong, mit der Möglichkeit hauptsächlich in Deutschland zu arbeiten (nur selten am Firmensitz Hongkong, teilweise Reisetätigkeiten in Europa, hauptsächlich aber in Deutschland wobei ich hier aussuchen kann, ob HomeOffice oder ob ein Leihbüro angemietet werden soll). Zur Info: Es handelt sich um IT arbeiten

Die Firma selbst hat keinen Sitz in Deutschland. Nun zu meiner Frage.

Müssen besondere Punkte im Vertrag aufgenommen werden, damit die Anstellung in Deutschland gültig ist? Muss die Firma sich vielleicht in Detuschland irgendwo anmelden? Im Moment wurde es mir so erklärt, dass ich die deutschen Sozialabgaben auf mein Gehalt aufgerechnet bekomme und diese in Deutschland (genau wie Lohnsteuer) selbst zu zahlen habe. Dafür muss ich mich bei einer Krankenkasse anmelden (die verteilt das Geld dann weiter). Ist das schon alles? Was ist mit dem Finanzamt ...und ist das alles so gültig/erlaubt oder muss man weitere Dinge beachten?

Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte(r) Rechtssuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt summarisch beantworten möchte:

Ob eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort rechtmäßig ist, hängt zunächst von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Das Gleiche gilt für eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz mit einem anderen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich. Sind die vertraglichen Vereinbarungen nicht näher konkretisiert, dann kann eine Versetzung über das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitgebers gerechtfertigt sein.
Daher sollten Sie darauf dringen, dass explizit Deutschland als Ihr Arbeitsort definiert ist.

Arbeitnehmer, die in Deutschland beschäftigt sind, unterliegen dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat und in Deutschland keine Niederlassung betreibt.

Gelten die deutschen Rechtsvorschriften, hat der ausländische Arbeitgeber seinen Pflichten so nachzukommen, als hätte er seinen Sitz in Deutschland, d. h. ihn treffen die gleichen Arbeitgeberpflichten wie einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber.
Er ist verpflichtet, den Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden, Meldungen und Beitragsnachweise einzureichen sowie den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.

Den praktischen Problemen dabei hat Artikel 109 der EWGVO 574/72 Rechnung getragen. Dort wurde festgelegt, dass der Arbeitgeber, der keine Niederlassung in dem Staat hat, in dessen Gebiet sein Arbeitnehmer beschäftigt wird, und der betroffene Arbeitnehmer vereinbaren können, dass dieser die Pflichten des Arbeitgebers zur Abführung der Beiträge wahrnimmt. Diese Vereinbarung setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den von ihm zu tragenden Beitragsanteil erstattet. Weiterhin sieht Artikel 109 EWGVO 574/72 vor, dass die getroffene Vereinbarung dem zuständigen Sozialversicherungsträger angezeigt wird.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte eine solche Vereinbarung immer Bestandteil des Arbeitsvertrages sein. Zusätzlich sollte vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer die regelmäßige Weiterleitung der Sozialversicherungsbeiträge mit geeigneten Belegen (z.B. Überweisungsbelegen oder Bestätigungen des Sozialversicherungsträgers) nachzuweisen hat.

Ein ausländischer Arbeitgeber (ohne Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Geschäftsleitung, Sitz, Betriebsstätte oder ständigen Vertreter in Deutschland) ist nicht verpflichtet, die Lohnsteuer für in Deutschland tätige Arbeitnehmer einzubehalten und abzuführen. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer Einkommensteuervorauszahlungen an sein zuständiges Finanzamt zu entrichten.

Um es für Sie auf den Punkt zu bringen:

Letztlich ist es so, wie bereits von Ihrem Arbeitgeber mitgeteilt. Sie sollten nur auf die vertragliche Festlegung des Arbeitsortes hinwirken. Ihr Arbeitgeber braucht sich in Deutschland nicht extra "anzumelden".

Ich möchte abschießend darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine vollständige und persönliche Rechtsberatung kann hierdurch nicht ersetzen werden. Auch führt das Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen unter Umständen zu einer völlig anderen rechtliche Beurteilung.

Mit freundlichem Gruß
N.Schulze
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