AOK behauptet, meine Bezüge liegen unter der JAEG und verwehrt Verbleib in der PKV

| 16. September 2025 20:00 |
Preis: 51,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


21:13
Guten Tag,

ich bin seit meinem 2. Lebensjahr über meinen Vater privat versichert. Ich habe nun mein Studium beendet, am 15.09.25 eine sozialversicherungspflichtige Arbeit begonnen und möchte in der privaten KV bleiben.

Mein Arbeitgeber hat nun bei der AOK angefragt und diese hat mitgeteilt, dass eine weitere Mitgliedschaft in der PKV nicht mehr möglich sei, da die JAEG nicht erreicht werde.

Nachfolgend meine Gehaltssituation:

Ich werde nach Tarifvertrag bezahlt. In diesem ist eine Höherstufung nach 6 Monaten (15.03.26) und eine Gehaltserhöhung ab 01.04.26 fest vereinbart.
Weiterhin sind über Betriebsvereinbarungen folgende Zulagen als ständige Einkünfte fixiert:
1. Eine zusätzliche Zahlung von 1/12 der tatsächlichen Bezüge.
2. 20% von 1/12 der tatsächlichen Bezüge
3. Urlaubsgeld je Urlaubstag
4. Zulage in Form von einem Essensgutschein je Arbeitstag, was jedoch als Sachbezug betitelt ist.

Unter der Voraussetzung, dass sämtliche vorgenannten Bezüge für den Vergleich mit der JAEG herangezogen werden können, liegt mein Gehalt sowohl in einer Vorausschau für die nächsten 12 Monate (15.09.25-14.09.26) als auch im Jahr 2026 über der JAEG. In 2026 sogar über der voraussichtlichen JAEG von 2026, die von der Bundesregierung angekündigt wurde.

Die AOK hat lediglich das derzeitige Startgehalt für einen Zeitraum von 12 Monaten berücksichtigt, jedoch ohne die bereits verankerten Erhöhungen aus Hochstufung und Gehaltserhöhung.
Weiterhin erkennt die AOK die o. g. Punkte 1-3 an, die Punkte 1 und 2 jedoch nur auf das derzeitige Startgehalt und berücksichtigt auch dort nicht die zukünftigen Erhöhungen.

Meine Frage ist, ob die AOK mit ihrer Ansicht recht hat.

Mit freundlichen Grüßen

16. September 2025 | 20:33

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Nach der gesetzlichen Systematik ist für die Frage, ob ein Verbleib in der privaten Krankenversicherung möglich ist, entscheidend, ob Ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) überschreitet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Maßgeblich ist dabei nicht das tatsächlich im Vorjahr erzielte Einkommen, sondern die vorausschauende Betrachtung ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses: Es ist zu prüfen, ob mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, dass Ihr regelmäßiges Arbeitsentgelt die JAEG überschreiten wird.

Dabei sind alle laufenden und mit hinreichender Verbindlichkeit zugesagten Vergütungsbestandteile einzubeziehen. Hierzu zählen auch fest vereinbarte Gehaltssteigerungen (z. B. tariflich festgelegte Höherstufungen oder automatische Gehaltserhöhungen zu einem bestimmten Datum) sowie wiederkehrende Sonderzahlungen, soweit diese vertraglich zugesichert sind und mit einem festen Anspruch wiederkehren. Einmalige, ungewisse oder erfolgsabhängige Zahlungen hingegen bleiben unberücksichtigt.

In Ihrem Fall sind die tariflich fixierte Höherstufung nach sechs Monaten sowie die Gehaltserhöhung zum 01.04.2026 zwingend in die Prognose einzubeziehen. Ebenso sind die in der Betriebsvereinbarung geregelten Sonderzahlungen (1/12-Zahlung, zusätzliche 20 %, Urlaubsgeld) als regelmäßiges Entgelt zu berücksichtigen. Selbst Sachbezüge wie Essensgutscheine können – bis zu den steuerlich anerkannten Freigrenzen – Teil des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts sein. Dass die AOK lediglich das Anfangsgehalt auf zwölf Monate hochgerechnet und dabei zukünftige, bereits verbindlich festgelegte Anpassungen unberücksichtigt gelassen hat, ist rechtlich nicht korrekt.

Die Rechtsprechung und auch die einschlägigen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes stellen klar, dass bei der vorausschauenden Betrachtung verbindlich vereinbarte Erhöhungen einzubeziehen sind. Entscheidend ist, ob sie mit hinreichender Sicherheit eintreten werden – was bei tariflich und betrieblich festgeschriebenen Regelungen eindeutig der Fall ist.

Im Ergebnis spricht somit vieles dafür, dass Ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt oberhalb der maßgeblichen JAEG liegt. Damit wäre eine Befreiung von der Versicherungspflicht und ein Verbleib in der privaten Krankenversicherung rechtlich möglich. Sollte die AOK weiterhin abweichend entscheiden, wäre dies angreifbar – gegebenenfalls im Rahmen eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari

Rückfrage vom Fragesteller 16. September 2025 | 21:06

Sehr geehrter Herr RA El-Zaatari,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Zu den Essensgutscheinen habe ich noch eine Frage: Wenn ich richtig informiert bin, ist die steuerliche Freigrenze 50 €/Monat. Dieser Betrag wird bei mir überschritten.

Werden in diesem Fall die 50 € angesetzt oder gar nichts?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 16. September 2025 | 21:13

In diesem Fall werden die 50,00 EUR angesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 30. September 2025 | 19:44

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