Guten Tag,
ich möchte Ihre Anfrage auf der Basis der von Ihnen mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
Sie würden objektiv gesehen eine Arbeitsverweigerung begehen, wenn Sie zukünftig Briefe der S. nicht zustellen.
Ob Sie zu dieser Verweigerung berechtigt sind, ist abzuwägen, vgl. zu der gesamten Rechtslage z.B. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.01.2009, Az.: 5 Sa 270/08
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Grundsätzlich gilt die Gewissensfreiheit des Art. 4 GG
auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber keine Tätigkeiten zuweisen darf, die den Arbeitnehmer in Gewissenskonflikte bringen würde.
Andererseits ist auch anerkannt, dass der Arbeitnehmer das Auftreten berufstypischer Konflikte im Vorfeld absehen und sich nicht nachträglich auf die Gewissensfreiheit berufen kann.
Wer Briefzusteller wird, muss in der Regel damit rechnen, auf Briefe zustellen zu müssen, deren Absender oder Empfänger oder Inhalt mit seinem Gewissen nicht vereinbar ist. Er nimmt diesen Umstand üblicherweise in Kauf, wenn er sich entschließt, Zusteller zu werden.
Zudem ist nicht nur die Gewissensfreiheit des AN, sondern auch die Berufsausübung des AG in Art. 12 GG
geschützt, so dass hier zwei Grundrechte miteinander kollidieren.
Es wird im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen sein, ob eines der beiden eine deutlich stärkere Gewichtung erfahren muss.
Wie diese Abwägung ausgeht, kann kaum prognostiziert werden.
Sie müssen alledrings damit rechnen, dass eine beharrliche Weigerung zur Abmahnung und ggf. auch Kündigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Otto
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Vielen Dank für die Antwort. Hatte ich denn das Recht, die Geschäftsbeziehung der Gewerkschaft zu melden, die eventuell einen Artikel auf ihrer Homepage veröffentlichen wird, oder ist die Bekanntgabe dieser Geschäftbeziehung als rufschädigend einzustufen und würde eine Kündigung rechtfertigen?
Die Information an die Gewerkschaft ist aus Ihrer Sicht sicherlich sachlich gerechtfertigt und kann keine Kündigung nach sich ziehen.
Zudem kann es ja nicht als verwerflich angesehen werden, diese Tatsache der Gewerkschaft bekannt zu geben, da der Arbeitgeber selber ja davon ausgeht, dass die S. "ein Kunde wie jeder andere" ist.
Hier würde ich mir nicht allzu große Gedanken machen.
Mit freundlichen Grüßen