Wehrpflicht trotz Fernstudiums?

| 12. Februar 2009 19:50 |
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Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Maik Elster

Hallo,

meinem Anliegen liegt folgender Fall zu Grunde:

Ich, 23, wurde 2006 vom Kreiswehrersatzamt (KWEA) gemustert, als T2 eingestuft und vom Wehrdienst aufgrund meiner damaligen Ausbildung zurückgestellt. Die Ausbildung habe ich nun Anfang 2009 beendet und wurde vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Der Arbeitsvertrag ist noch nicht unterschrieben, da mir einerseits ein Vertrag mit einem unbefristetem Arbeitsverhältnis und zwei mit einem befristeten Arbeitsverhältnis (auf 1 und 2 Jahre) vorliegen.

Während meiner Ausbildung, habe ich mich zum WS 07/08 an der Fernuniversität in Hagen, als Teilzeitstudent für den Studiengang Bachelor of Science im Fach Mathematik immatrikulieren lassen. Die Regelstudienzeit für diesen Studiengang beträgt 6 Semester bei einem Vollzeitstudium und 12 bei einem Teilzeitstudium. Zum gegenwärtigem Zeitpunkt befinde ich mich im 4 Semester des Teilzeitstudiums, so das mir rein rechnerisch gesehen noch 2/3 der Teilzeitstudienzeit zum Bachelor-Abschluss fehlen.

1 Frage:

Kann ich unter den geschilderten Umständen eine Zurückstellung vom Wehrdienst gemäß § 12 Absatz 4 Satz 2 Nr 3 Buchstabe b WPflG beantragen bzw. fordern?

Schließlich unterscheidet der Gesetzgeber ja nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitstudium im WPflG, es wird lediglich ein Hochschulstudium vorausgesetzt. Auf der anderen Seite hat mir ein Mitarbeiter der Fernuniversität mitgeteilt, dass das Wehrpflichtgesetz kein Teilzeitstudium kennt, sondern ausschließlich das Vollstudium. Ist dies korrekt?

2 Frage:

Sofern die erste Frage mit Ja zu beantworten ist, würde es in meinem Fall bedeuten, dass das KWEA mich über die Vollendung meines 25 Lebensjahres zurückstellen müsste und ich somit generell der Wehrpflicht entgehen könnte?

3 Frage:

Sollten die in Frage 1 und 2 geschilderte Vorgehensweise nicht greifen. Könnte mir dann, ein auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis die Einberufung um ein Jahr hinaus ziehen? - Oder gar ein auf zwei Jahre befristetes Arbeitsverhältnis, das nach Vollendung des 25 Lebensjahres abläuft mich so gesehen von der Wehrpflicht retten?


Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:

Frage 1.)

§ 12 Abs. 4 Satz 1 WpflG besagt, dass ein Wehrpflichtiger vom Wehrdienst auf Antrag zurückgestellt werden soll, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Gemäß § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 lit. b) liegt eine solche in der Regel vor, wenn die Einberufung des Wehrpflichtigen ein Hochschulstudium, bei dem zum vorgesehenen Diensteintritt das dritte Semester erreicht ist, unterbrechen würde.

In diesem Zusammenhang haben Sie richtig erkannt, dass der Gesetzgeber in § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe b WPflG nicht zwischen Vollzeit, Teilzeit- oder Fernstudium unterscheidet, sondern lediglich ein Hochschulstudium voraussetzt. Eine Unterscheidung kann auch aus der Begründung zum Gesetzentwurfs der Bundesregierung nicht entnommen werden.

Frage 2.)

Sofern Sie durch eine erneute Zurückstellung im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe b WPflG das Alter 25. Lebensjahr überschreiten, haben Sie gemäß § 5 Abs. 1 WPflG keinen Grundwehrdienst mehr zu leisten.

Frage 3.)

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen dürfte sich Ihr diesbezügliches Anliegen erübrigt haben.

---

Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Ich hoffe Ihnen einen Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Maik Elster
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 13. Februar 2009 | 10:07

Vielen Dank Herr Elster! Jetzt bin ich noch auf die Bescheinigung der Fernuniversität gespannt und später auf die Reaktion des KWEA.

Eine letzte Bitte hätte ich vielleicht noch, wäre es möglich kurz auf die 3te Frage einzugehen. Ich sollte meinem Arbeitgeber asap mitteilen für was ich mich entscheide. Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Februar 2009 | 12:51

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:

Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Minden vom 12.06.2006 (Az.: 10 K 803/06 ; nicht rechtskräftig) kann es der Einberufung zum Grundwehrdienst entgegen stehen, wenn der in einem befristeten Arbeitsverhältnis tätige Wehrpflichtige die konkrete Aussicht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat.

Ich muss Sie jedoch darauf hinweisen, dass es sich bei der vorgenannten Entscheidung um einen Einzelfall handelt, welcher nicht uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen kann.

Darüber hinaus käme in dem Ihrerseits angefragten Fall für eine Zurückstellung lediglich die Vorschrift des § 12 Abs. 4 Satz 1 WPflG in Betracht, welcher die Begründung einer besonderen Härte für den Wehrpflichtigen im Falle einer Einberufung zur Voraussetzung hätte. Allein das Vorliegen eines befristeten Arbeitsvertrages kann hierbei nicht als solche besondere Härte angesehen werden.

Darüber hinaus ist § 12 Abs. 6 Satz 1 WPflG zu beachten. Dieser besagt, dass in den Fällen des Absatzes 4, ausgenommen Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 3 und 4, sowie des Absatzes 7, der Wehrpflichtige vom Grundwehrdienst höchstens so lange zurückgestellt werden darf , dass er noch vor der für ihn nach § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 maßgebenden Altersgrenze einberufen werden kann. Eine Zurückstellung bis zum Erreichen der Altergrenze ist gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 WPflG demnach nicht möglich. Gemäß § 12 Abs. 6 Satz 2 WPflG kann nur in Ausnahmefällen, in denen die Einberufung eine unzumutbare Härte bedeuten würde, auch darüber hinaus zurückgestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Maik Elster
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 13. Februar 2009 | 14:28

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