Sehr geehrter Fragender,
§4 Nr. 20a UStG
regelt folgendes:
„die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen…“
Das bedeutet, dass nach obigem Paragraphen bestimmte Umsätze von der Umsatzsteuer befreit sind – und zwar kraft Gesetzes, wenn es sich um Einrichtungen des Bundes, der Länder usw. handelt, also diese staatlich sind.
Da dies nach der gesetzlichen Regelung für privatrechtlich organisierte Unternehmer - wie Ihre Band - nicht kraft Gesetzes (also nicht automatisch) gilt, müssen Sie von der Landesbehörde – in diesem Fall die Bezirksregierung – zunächst feststellen lassen, dass sie eben „die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen“ wie die Einrichtungen, die kraft Gesetzes befreit sind, um diesen gleichbehandelt zu werden.
Dieses hat Ihnen nun die Bezirksregierung bescheinigt, d.h., dass §4 Nr. 20a UStG
die Umsätze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 (die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.) von der Steuer befreit wären.
Aber:
Durch den Hinweis stellt die Behörde jedoch klar, dass es sich bei Ihrer Tätigkeit eben nicht um ein Rahmenprogramm handeln darf, da dann die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Und da ist eben zu unterscheiden:
Laut einem Urteil des VG Minden (23.2.2005) 11 K 7523/03
sind Auftritte einer Party- und Tanzband bei Anlässen wie etwa Betriebs-, Stadt- und Feuerwehrfesten, Karnevalsfeiern; Hochzeiten oder Vereinsfestivitäten, bei denen diese (nur) den musikalischen Rahmen liefern, nicht von der Umsatzsteuer befreit.
Dies prüft das Finanzamt, was mit dem Hinweis „Ich weise darauf hin, dass die Entscheidung darüber, ob Sie eine "gleichartige Einrichtung" im Sinne des § 4 Nr. 20 a) UStG
darstellen [...], der Finanzverwaltung obliegt. Sie entscheidet hierüber im Rahmen der Steuerfestsetzung bzw. Steuerbefreiung."“
gemeint ist.
Hauptzweck obig genannter Veranstaltungen ist nicht die „Präsentation der kulturellen Darbietungen“, da die Menschen i.d.R. nicht deshalb zu diesen Veranstaltungen kommen, um gezielt die musikalischen Darbietungen zu hören, sondern das Fest bzw. die Feier besuchen, um sich allgemein zu unterhalten und um sich beim Tanzen zu vergnügen. Die Musik hat nach Meinung des Verwaltungsgerichts hier nur eine dem Veranstaltungszweck dienende Funktion und erfüllt daher nicht „gleiche“, sondern andere kulturelle Aufgaben als die in §4 Nr. 20a UStG
genannten Einrichtungen, weil sie anders als diese Einrichtungen im Regelfall nicht im Rahmen von Konzerten auftritt.
Auch sind z.B. Hochzeiten, Betriebsfeiern nicht öffentlich, weshalb nach Auffassung des Gerichts die „örtliche Kultur nicht in vergleichbarer Weise bereichert“ wird, wie bei regelmäßig öffentlich in Konzerten auftretende Musiker der Ensembles öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaften.
Anders wäre es, wenn Sie überwiegend im Rahmen öffentlicher Konzerte spielen und nur ab und an bei öffentlichen Veranstaltungen wie beispielsweise Stadtfesten spielen, da auch dort gelegentlich Orchester auftreten, die steuerbefreit sind.
Daher prüft das Finanzamt (und nicht die Bezirksregierung), ob Sie unter letztere Voraussetzungen fallen oder ob Sie eben überwiegend oben genannte „Partyband“ darstellen.
Das hat die Bezirksregierung nicht geprüft und daher den Hinweis angebracht.
Erst wenn das Finanzamt po¬sitiv bescheidet, ist der betreffende Umsatz tatsächlich steuerfrei nach § 4 Nr. 20a Satz 2 UStG
sein.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen Einblick verschafft zu haben.
Fragen Sie bitte in der Nachfrage ansonsten konkreter nach.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. C. Seiter
Mein Denk-Problem ist, daß ich es so verstanden hatte, daß die GbR als Ganzes mit ihren Umsätzen MwSt-befreit ist, wenn sie (wie nun bescheinigt) die Voraussetzungen erfüllt.
Ihre Erläuterungen verstehe ich aber so, daß es nun darauf hinausläuft, daß die Befreiung nun für jeden einzelnen Auftritt geprüft werden müßte - und zwar nachträglich, vom FA. Wie soll das denn bitte in der Praxis funktionieren?
Wenn das so ist, dann stellt der "Hinweis" in Wirklichkeit eine Beschränkung der Bescheinigung dar. Denn eigentlich müßte die Bescheinigung doch dazu führen, daß die Umsätze der Band (ohne Wenn und Aber) umsatzsteuerbefreit sind. Für so einen einschränkenden "Hinweis" gibt das Gesetz, soweit ersichtlich, keine Grundlage her.
Kann der "Hinweis" dann isoliert angefochten werden?
Oder habe ich die Systematik falsch verstanden?
Wie geht es jetzt weiter? Muß derselbe Antrag noch einmal beim Finanzamt gestellt werden, um für die Band insgesamt eine Befreiung zu erlangen, oder läuft es auf eine Einzelfallprüfung aller Auftritte hinaus, wenn die Band ihre Steuererklärung einreicht?
Sehr geehrter Fragender,
tatsächlich ist es so, dass die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine etwaige Umsatzsteuerbefreiung nach §4 Nr. 20 a UStG
grds. für jeden einzelnen Umsatz im Rahmen der Veranlagung durch die Steuerverwaltung (Finanzamt) durchzuführen ist. Es gibt also insofern keinen "Persil-Schein", der den Unternehmer als solches von der Umsatzsteuer befreien könnte. Insbesondere stellt das Finanzamt auch keinen solchen aus.
Die Bescheinigung darüber, ob bestimmte Leistungen der Gruppe unter §4 nr. 20 a UStG
einzuordnen sind, kann nur von der zuständigen Landesbehörde (Kultusministerium) ausgestellt werden.
In der von Ihnen zitierten Bescheinigung heißt es im Übrigen auch eindeutig, dass die abschließende Beurteilung durch das Finanzamt erfolgt (die Behörde hat bereits erkannt, dass Ihre Gruppe im Sinne des UStG unterschiedlich einzuordnende Leistungen erbringt). Dieses wiederum wird sich ggf. im Wege der Amtshilfe an die Landesbehörde wenden, um von dort eine Beurteilung zu erhalten.
Meiner Ansicht nach sollte die Bescheinigung (zur Klarstellung) aber in jedem Falle an die GbR bzw. an einen Gesellschafter (ausdrücklich) "für die GbR" ergehen und nicht - wie in Ihrem Falle - nur an einen Gesellschafter ohne weiteren Bezug. Hier sollte ggf. ein entsprechender neuer Antrag erfolgen.
Der Inhalt der Bescheinigung eröffnet ferner kein "Wahlrecht", etwa die offiziell als steuerfrei bescheinigten Umsätze dennoch steuerpflichtig zu behandeln, sondern ist in jedem Falle für den Unternehmer (und im Übrigen auch ggf. für den Veranstalter) bindend.
Die letztendliche umsatzsteuerliche Feststellung, ob in jedem Falle (jeder Umsatz) richtig abgerechnet wurde, wird sich ggf. erst nach Durchführung einer Betriebsprüfung bzw. Umsatzsteuersonderprüfung ergeben.
Sollten Sie weitere steuerliche Beratung und Unterstützung benötigen, so stehe ich Ihnen hierfür selbstverständlich gerne im Rahmen einer gesonderten Beauftragung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. C. Seiter