Sehr geehrter User,
Bei einer privaten BU-Versicherung ist in der Regel spätestens ab der ersten Beitragszahlung der Versicherungsschutz in vollem Umfang gegeben. Manche Versicherer gewähren über die sog.
vorläufige Deckung sogar schon ab Eingang des Antrages Versicherungsschutz.
Nun zu der der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung:
Es liegt an der Fragestellung im neuen Antrag. Wird hier keine Frage nach der Gesundheit gestellt und/oder kein Verweis auf die Annahme der richtigen Beantwortung im Altvertrag gestellt, ist der Versicherer nicht zum Rücktritt berechtigt. Eine Anzeigepflicht ohne entsprechende Frage in Textform gibt es nicht.
Das neue Versicherungsvertragsgesetz, welches für Neuverträge seit dem 01.01.2008 gilt, regelt folgendes:
"§ 19 Anzeigepflicht
(1) 1Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. 2 Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) 1Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. 2In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) 1Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. 2Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) 1Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. 2Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) 1Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. 2Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen."
"§ 21 Ausübung der Rechte des Versicherers
(1) 1Der Versicherer muss die ihm nach § 19 Abs. 2 bis 4 zustehenden Rechte innerhalb eines Monats schriftlich geltend machen. 2Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht, die das von ihm geltend gemachte Recht begründet, Kenntnis erlangt. 3Der Versicherer hat bei der Ausübung seiner Rechte die Umstände anzugeben, auf die er seine Erklärung stützt; er darf nachträglich weitere Umstände zur Begründung seiner Erklärung angeben, wenn für diese die Frist nach Satz 1 nicht verstrichen ist.
(2) 1Im Fall eines Rücktrittes nach § 19 Abs. 2 nach Eintritt des Versicherungsfalles ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht bezieht sich auf einen Umstand, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. 2Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht arglistig verletzt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.
(3) 1Die Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 erlöschen nach Ablauf von fünf Jahren nach Vertragsschluss; dies gilt nicht für Versicherungsfälle, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind. 2 Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder arglistig verletzt, beläuft sich die Frist auf zehn Jahre."
Es bleibt dem Versicherer aber noch § 22 VVG
. Dort heißt es:
§ 22 Arglistige Täuschung
Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.
Im BGB heißt es hierzu:
§ 124 Anfechtungsfrist
(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
(2) 1Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. 2Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
Handelt der Versicherungsnehmer in der von Ihnen beschriebenen Kenntnis und kann dies die Versicherung beweisen, kommt eine Anfechtung bis zum Jahr 2018 in betracht.
Sehr geehrter Herr Jeromin,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe:
Beim neuen Vertrag wäre ein Rücktritt ausgeschlossen, da keinerlei Gesundheitsfragen im Antrag gestellt werden und die Versicherungsgesellschaft sich auch nicht auf die Gesundheitsfragen des alten Vertrags beruft (einzige Erwähnung des Altvertrages ist "Hiergegen erlischt Vertrag Nr. xxx.").
Der neue Vertrag wäre aber bis 2018 wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Wobei sich mir die Frage stellt, worin die arglistige Täuschung besteht, wenn keine Gesundheitsfragen gestellt werden.
Mir ist weiterhin unklar, ob der VN (zumindest zeitlich betrachtet) auf der sichereren Seite wäre, wenn er den alten Vertrag weiterlaufen läßt, in der Hoffnung, dass bis 2014 keine BU eintritt, oder im Rahmen des Angebotes des Versicherers von der Wechseloption Gebrauch macht, damit er auch schon vor 2014 einen Schutz bei BU hat, der dann greift?
Freundliche Grüße!
Sehr geehrter Herr Muhr,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe:
Beim neuen Vertrag wäre ein Rücktritt ausgeschlossen, da keinerlei Gesundheitsfragen im Antrag gestellt werden und die Versicherungsgesellschaft sich auch nicht auf die Gesundheitsfragen des alten Vertrags beruft (einzige Erwähnung des Altvertrages ist "Hiergegen erlischt Vertrag Nr. xxx.").
Der neue Vertrag wäre aber bis 2018 wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Wobei sich mir die Frage stellt, worin die arglistige Täuschung besteht, wenn keine Gesundheitsfragen gestellt werden.
Mir ist weiterhin unklar, ob der VN (zumindest zeitlich betrachtet) auf der sichereren Seite wäre, wenn er den alten Vertrag weiterlaufen läßt, in der Hoffnung, dass bis 2014 keine BU eintritt, oder im Rahmen des Angebotes des Versicherers von der Wechseloption Gebrauch macht, damit er auch schon vor 2014 einen Schutz bei BU hat, der dann greift?
Freundliche Grüße!
Sehr geehrter User,
Sie werden bei dem gewählten Beratungsumfang nicht erwarten, dass ich einzelne Ausführungen zu dem rechtlich komplexen Thema der Anfechtung einer anfechtbaren Willenserklärung mache.
In dem geschilderten Fall könnte die Täuschung darin liegen, dass die Aufklärung über den vermeintlich „bestandskräftiger“ Altvertrag nicht erfolgt, der im Gegenzug wegfällt oder die im Altvertrag etwaig bestehende „Nachmeldepflicht“ bis zuletzt unterlassen wurde. Hier kann man gewiss streiten.
Eine Anfechtung kommt bis zum Jahr 2018 in betracht, da beim zweiten Vertrag lediglich eine Willenserklärung (Vertragsschluss bei Entfall des alten Vertrag hiergegen) abgegeben wird. Daher ist keine andere Berechnung der Frist möglich.
Der VN steht sich besser, wenn er den neuen Vertrag annimmt.