Renovierungspflicht bei Auszug (BGH-Urteil Az VIII ZR 361/03)

29. Oktober 2008 22:26 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Hallo,

wir möchten unseren Mietvertrag kündigen und möchten wissen, ob die darin enthaltene Renovierungsklausel gültig ist und wir bei Auszug renovieren müssen bzw. was wir renovieren müssen.

Hier die Details:

-Mietbeginn: 01.07.2003
-Kündigung fristgerecht zum 31.01.2009

-Mietvertrag: Formularmietvertrag "Haus & Grund Düsseldorf und Umgebung, Ausgabe 2003"

-Bei Übernahme der Wohnung waren Böden und Türen frisch renoviert, die Wände waren aber vom Vormieter alt tapeziert und alt gestrichen. Wir haben die Wände zum Einzugstermin frisch gestrichen, seitdem aber keine Schönheitsreparaturen durchgeführt.

-Es besteht kein schriftliches Übergabeprotokoll zum Zustand der Wohnung bei unserem Einzug.

Im Folgenden die unseres Erachtens relevanten Auszüge aus dem Mietvertrag (insb. §8):

"§1 Mieträume
(...)
3. Der Mieter übernimmt die Mieträume in dem vorhandenen und ihm bekannten Zustand nach eingehender Besichtigung am 7.5.2003 als vertragsgemäß, insbesondere als in jeder Hinsicht bezugsfertig und unbeschädigt, vorbehaltlich Übergabe.

(...)

§8 Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume
(...)
2. Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen in den Mieträumen unter Einschluss vorhandener Balkone, Loggien u.ä., Keller und Garagen fachmännisch auszuführen bzw. ausführen zu lassen. (...)

Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren, Streichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden einschl. Leisten, Heizkörper einschl. Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster, Außentüren von innen uns sonstiger innenliegender Holzteile oder alckierten Metallteile. Diese Arbeiten sind, soweit erforderlich, mindestens aber in folgendem zeitlichen Abstand fachgerecht auszuführen.

Die Zeitfolge beträgt: Bei Küchen, Bädern und Toiletten drei Jahre, bei Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen, Fluren, Treppenhäusern in Alleinbenutzung und bei mitvermieteten gewerblichen oder freiberuflich genutzten Räumen fünf Jahre und bei sonstigen Räumlichkeiten, wie Abstellräumen, innenliegenden Balkonfläche oder Kellerräumen, sieben Jahre.

Diese Fristen werden berechnet vom Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt von dem Mieter fachgerecht durchgeführt worden sind, von diesem Zeitpunkt an. (...) Nach jeder Schönheitsreparatur hat der Mieter dem Vermieter hierüber Nachweise zu erbringen.

(...)

§12 Beendigung der Mietzeit

1. Die Mieträume sind zum Vertragsablauf geräumt, sauber und in dem Zustand zurückzugeben, in dem sie sich bei regelmäßiger Vornahme der Schönheitsreparaturen - vgl. §8 Ziff. 2 - befinden müssen, wobei angelaufene Renovierungsintervalle - vgl. §8 Ziff. 2 - vom Mieter zeitanteilig zu entschädigen sind in Geld und auf der Basis eines Kostenvoranschlages. Der Mieter hat das Recht, die vorgenannte zeitanteilige Zahlungsverpflichtung durch Eigenvornahme fachgerecht auszuführender Schönheitsreparaturen zu ersetzen.

2. Hinsichtlich des Bodenbelages hat der Mieter bei Auszug diesen sauber, gereinigt und abgesehen von vertraglicher Abnuztung in eindwandfreiem und ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben (...)"

Unter §24 Sonstige Vereinbarungen wurde handschriftlich ergänzt:

"Der Mieter ist berechtigt, die Wände fachgerecht zu streichen. Der Vermieter übernimmt ausdrücklich keine Garantie zum Zustand der Wände."


Unsere Fragen sind:

1.) Ist die enthaltene Klausel zu den Schönheitsreparaturen aufgrund der darin enthaltenen starren Fristen ungültig (vgl. BGH-Urteil Az <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%20361/03" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 23.06.2004 - VIII ZR 361/03: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">VIII ZR 361/03</a>)?

2.) Falls sie ungültig ist, müssen wir überhaupt etwas renovieren? Oder müssen wir auf Grundlage des Mietvertrags die Wohnung so übergeben, wie wir sie übernommen haben? Dazu müsste es doch auch ein Übergabeprotokoll geben, oder?

3.) Falls wir wegen Unwirksamkeit der Klausel nicht zu Schönheitsreparaturen bzw. zu einer Endrenovierung verpflichtet sind: Empfiehlt es sich, zusammen mit der fristgerechten Kündigung der Wohnung auf die Unwirksamkeit der Klausel hinzuweisen und die Vermieterin aufzufordern, diese Unwirksamkeit anzuerkennen?

4.) Falls die Klausel gültig ist, zu welchen Renovierungen können wir verpflichtet werden?

Vielen Dank!

29. Oktober 2008 | 23:28

Antwort

von


(400)
Wessels Str. 13
49134 Wallenhorst
Tel: 05407-8575168
Web: https://www.scheidung-ohne-rosenkrieg.de
E-Mail:

Sehr geehrte Fragestellerin, sehr geehrter Fragesteller,

da die Schönheitsreparaturen lt. dem Mietvertrag "mindestens" in den dort aufgeführten Fristen durchzuführen sind, handelt es sich um "starre" Renovierungsfristen. Solche Klauseln sind nach nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam. Die Abgeltungsklausel in § 12 des Mietvertrages basiert auf diesem starren Fristenplan und ist damit ebenfalls unwirksam (siehe auch BGH, Az. VIII ZR 178/05 ).

Sie brauchen aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel keine Schönheitsreparaturen durchzuführen. Mit Schönheitsreparaturen ist allerdings nur die Beseitigung der Abnutzungserscheinungen gemeint, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind. Eine Wandgestaltung in grellen oder ungewöhnlichen Farben zählt nicht dazu. Dies gilt nach der Rechtsprechung als Beschädigung der Mietsache. Solche Wände müssten Sie unabhängig von einer Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in Ordnung bringen (oder ansonsten dafür ggf. Schadensersatz leisten). Dies gilt ebenso für andere Beschädigungen der Mietsache (wie z.B. zerbrochene Glasscheiben, Brandlöcher im Bodenbelag, durchbohrte Fensterrahmen, übermäßig viele Dübellöcher), die nicht mehr nur auf einen vertragsgemäßen Gebrauch (normale Abnutzungserscheinungen) zurückzuführen sind.

Es besteht leider kein Anspruch darauf, dass zusammen mit dem Vermieter bei der Rückgabe ein Übergabeprotokoll erstellt wird. Eine Übergabeprotokoll, in dem der Zustand der Wohnung beim Auszug festgehalten wird, ist aber empfehlenswert. Ebenso der von Ihnen angesprochene Hinweis auf die Unwirksamkeit der Klausel bereits bei der Kündigung des Mietverhältnisses. Auf der sichersten Seite wären Sie, wenn die Vermieterin schriftlich anerkennt, dass die Wohnung beim Auszug in einem vertragsgemäßen Zustand ist und Sie keinerlei Renovierungsarbeiten in der Wohnung vornehmen müssen.

Ich hoffe, dies hilft Ihnen als erste rechtliche Orientierung in Ihrer Angelegenheit weiter.
Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Soweit ansonsten aus dem Bereich frag-einen-anwalt.de heraus eine Kontaktaufnahme an mich gewünscht ist, bitte ich zunächst ausschließlich um Kontakt per E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin


ANTWORT VON

(400)

Wessels Str. 13
49134 Wallenhorst
Tel: 05407-8575168
Web: https://www.scheidung-ohne-rosenkrieg.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Familienrecht, Sozialrecht, Erbrecht, Miet- und Pachtrecht, Zivilrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Eine so ausführliche und schnelle Beantwortung ist mehr als lobenswert. Keine Rückfrage notwendig. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank für die schnelle und nachvollziehbare Erläuterung. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Wow hätte Noenals gedacht das ein Fremder Mensch für wenig Geld hier mir so Hilft vielen Dank. ...
FRAGESTELLER