Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
Sie haben über den Vertreter einen Vertrag mit dem Stromanbieter geschlossen, das heißt dass das Unternehmen sich die Willenserklärungen des Vertreters zurechnen lassen muss (dies ergibt sich aus § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB
). Der Inhalt des Vertrages richtet sich also danach, was Sie mit dem Vertreter vereinbart haben, dabei sind auch mündliche Vereinbarungen gültig.
Nun steht aber die mündliche Vereinbarung sowie die Zusicherung des Vertreters, wonach Sie eine „Flatrate“ unabhängig von Ihrem tatsächlichen Verbrauch zur Verfügung gestellt bekommen, im Widerspruch zu dem schriftlichen Vertrag, wonach Sie zusätzliche Kosten zu den € 30 monatlich bezahlen müssen, und entsprechende Nachzahlungen leisten müssen, wenn der Verbrauch höher ist als die dort angegebenen kWh.
2.
Da ich davon ausgehe, dass der Stromlieferungsvertrag, wie Sie Ihn unterschrieben haben, für eine Vielzahl von anderen Fällen dem Stromanbieter gleichlautend verwendet wird, gelten die Vorschriften der §§ 305 ff BGB
über Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Gemäß § 305b haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinem Geschäftsbedingungen, weswegen hier die mündliche Vereinbarung die schriftliche Vereinbarung „schlägt“. Dies gilt auch dann, wenn in dem Vertrag etwas anderes stehen sollte (z.B. dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen).
Deshalb sind Sie meines Erachtens rechtlich nicht verpflichtet, die Nachzahlung zu leisten, wenn nicht unbekannte Umstände des Falles eine andere Beurteilung nahe legen.
3.
Ob Sie sich vor Gericht durchsetzen können, liegt in erster Linie daran, ob Sie die mündliche Vereinbarung beweisen können. Hierfür stehen Ihnen zwei Zeugen zur Verfügung, das Unternehmen wird wiederum den Vertreter als Zeugen benennen können, so dass es im Wesentlichen darauf ankommt, ob das Gericht die Aussage Ihrer Zeugen für glaubhaft hält.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Rechtslage gut erklären und Sie haben alles verstanden. Sonst können Sie hier bei Bedarf gerne noch eine Rückfrage zu meiner Auskunft stellen.
Die von mir erwähnten Vorschriften finden Sie auf der nachfolgend benannten Internetseite:
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Wie sollte ich Ihre Meinnung nach am bestens als nächste Schritte vorgehen, nachdem ich am 27. Oktober 2008 die erste Mahnung erhalten habe!
Sehr geehrter Ratsuchender,
nachdem Sie gegenüber dem Stromanbieter Ihre Auffassung bereits schriftlich mitgeteilt haben, und dieser aber - wie zu erwarten - auf seiner Auffassung beharrt, wird ein weiteres Schreiben an das Unternehmen mit einer Erklärung vermutlich nichts bringen. Stattdessen konnen Sie im Prinzip das weitere Vorgehen des Stromanbieters abwarten, wenn Sie sicher genug sind, dass Sie sich mit Ihrer Rechtsauffassung vor Gericht mittels Zeugenbeweis durchsetzen konnen. Denn Sie können damit rechnen, in dieser Angelegenheit verklagt zu werden.
Wenn Sie abwarten, kann es allerdings auch sein, dass zuerst ein Mahnverfahren gegen Sie angestrengt wird, und Sie riskieren einen negativen Eintrag bei der Schufa, wodurch Sie zwischenzeitlich Schwierigkeiten bei dem Abschluss anderer Verbraucherverträge bekommen können. Dies können Sie z.B. abwenden, indem Sie den angemahnten Betrag unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung bezahlen, und müssen dann aber selber Klage erheben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt