Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Im vorliegenden Fall steht Herr M., 89 Jahre alt und mittlerweile pflegebedürftig, vor der Situation, dass seine Rente die Pflegekosten nicht mehr abdeckt und zusätzlich ein laufender Kredit in Höhe von ca. 5.000 € bedient werden müsste. Die Bank droht nun mit Kontopfändung und beruft sich darauf, Vorrang gegenüber den Pflegekosten zu haben. Dieses Vorgehen bedarf einer differenzierten rechtlichen Bewertung:
1. Vorrang der Bank gegenüber Pflegekosten?
Grundsätzlich gilt: Private Gläubiger – und dazu zählt auch die Bank – haben nicht automatisch Vorrang vor öffentlich-rechtlichen oder existenzsichernden Leistungen wie Heimkosten oder Hilfe zur Pflege. Vielmehr sind Pflegekosten grundsätzlich vorrangig zu sichern, da sie Teil des sozialrechtlichen Existenzminimums sind. In der Praxis bedeutet das: Reicht das Einkommen eines Pflegebedürftigen nicht aus, so ist zunächst Sozialhilfe zu gewähren (hier: Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII), und diese prüft dann, ob eine gesetzliche Unterhaltspflicht Dritter oder ein Anspruch auf Rückzahlung aus vorhandenem Vermögen besteht. Die Bank hat jedenfalls kein Vorrecht, sondern ist ein ganz normaler zivilrechtlicher Gläubiger.
2. Pfändung der Rente und Pfändungsfreibetrag
Auch im Fall einer Kontopfändung durch die Bank sind Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Nach § 850c ZPO gelten für Renten dieselben Pfändungsschutzgrenzen wie für Arbeitseinkommen. Der pfändungsfreie Betrag liegt derzeit (Stand 2025) bei etwa 1559 € netto monatlich für alleinstehende Personen; bei Unterhaltspflichten erhöht sich dieser Betrag. Wichtig ist außerdem, dass das betroffene Konto unbedingt als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) geführt werden sollte. Nur dann wird der pfändungsfreie Betrag auch tatsächlich geschützt – andernfalls darf die Bank das Konto im Rahmen der Pfändung vollständig sperren, was oft gravierende Folgen hat.
3. Verhalten der Ehefrau beim Banktermin
Für den anstehenden Banktermin empfehle ich, dass die Ehefrau strukturiert und sachlich auftritt und insbesondere folgende Punkte vorbereitet:
• Aktuelle Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen, einschließlich Heimunterbringung und Pflegekosten.
• Auf den Pflegebedarf und die nicht gedeckten Heimkosten hinweisen.
• Deutlich machen, dass der Kredit derzeit nicht aus eigenem Einkommen bedient werden kann.
• Stundung oder Ratenreduzierung anregen und notfalls auf eine außergerichtliche Schuldenbereinigung im Sinne von § 305 InsO hinwirken.
• Sofern noch nicht geschehen, das Konto als P-Konto umwandeln (die Bank ist gesetzlich verpflichtet, dies auf Antrag vorzunehmen).
• Falls bereits Sozialhilfe beantragt wurde: Bestätigung vom Sozialamt mitbringen.
• Optional kann die Ehefrau einen Schuldnerberater oder einen Rechtsanwalt hinzuziehen – auch dies kann Druck aus der Situation nehmen.
Die Bank hat natürlich ein berechtigtes Interesse an Rückzahlung, aber sie darf ihre Forderungen nicht auf Kosten der Existenzsicherung durchsetzen. Herr M. hat als pflegebedürftiger Mensch ein Recht auf menschenwürdige Versorgung – notfalls greift hier das Sozialrecht ein. Die Bank ist also gut beraten, sich in diesem Fall auf eine faire Lösung einzulassen.
Sollte die Bank dennoch eine Kontopfändung umsetzen, ohne dass ein P-Konto eingerichtet wurde, empfehle ich dringend die sofortige Einrichtung eines P-Kontos sowie die Prüfung etwaiger Anträge auf Freigabe von Sozialleistungen (§ 850k ZPO) beim zuständigen Vollstreckungsgericht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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