Diebstahlvorfalls im Rahmen eines gewerblich genutzten Mietverhältnisses

15. Juli 2025 09:25 |
Preis: 30,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich an Sie mit der Bitte um rechtliche Beurteilung eines Diebstahlvorfalls im Rahmen eines gewerblich genutzten Mietverhältnisses.

Ich habe im 04.2024 einen Lagerraum zur Aufbewahrung meines Warenbestands gemietet. Der Zugang erfolgt über ein elektronisches Schließsystem, bei dem jedem Mieter ein personalisierter Zugangsschlüssel (Transponder) zugewiesen wird.

Im 07-08.2024 wurde mein Lagerraum ohne sichtbare Einbruchsspuren geöffnet und Ware im Wert von ca. 4.000 € entwendet. Die Auswertung der Schließanlage ergab, dass der Raum mehrmals mit einem weiteren elektronischen Schlüssel geöffnet wurde, dessen Seriennummer höher liegt als meine, was darauf hindeutet, dass dieser Zugangsschlüssel erst nach meinem Einzug ausgestellt wurde.

Der Vermieter hat die Auswertung weiterer Türen (z. B. Gebäudeeingang, Kellerzugänge, andere Räume) verweigert sowie auch den Zugriff auf die Videoüberwachung nicht gestattet. Trotz meiner Anzeige bei der Polizei im August 2024 wurde das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft kürzlich ohne Ergebnis eingestellt.

Nach aktuellem Stand gibt es keinen Hinweis, dass der Diebstahl auf meine Verantwortung zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie um eine rechtliche Einschätzung zu folgenden Punkten:

Trägt der Vermieter eine Haftung, wenn ein offensichtlich nachträglich vergebener Schlüssel zum Zugriff auf meinen Raum verwendet wurde?
Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz ?


Mit freundlichen Grüßen

15. Juli 2025 | 11:42

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, die vermieteten Räume in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, wozu natürlich auch gehört, dass keine fremden Personen unberechtigt Zugang erlangen. Gerade bei besonders schutzbedürftigen Flächen wie Lagern oder Gewerberäumen bestehen erhöhte Sorgfaltspflichten beim Zutrittsmanagement.

Grundsätzlich haben Sie durch das elektronische Schließsystem ja den Vorteil, dass positiv nachgewiesen ist, mit welchem Schlüssel der Lagerraum geöffnet wurde. Hätten Sie ohne dieses nachweisbare Schließsystem die Entwendung von Waren festgestellt, wäre es vermutlich ungleich schwieriger, den Vermieter hier in die Haftung zu nehmen.

Grundsätzlich müssen Sie den Eintritt des Schadens und den Zusammenhang mit einer Pflichtverletzung des Vermieters beweisen. Allerdings spricht im Falle eines technisch nachweisbaren, unberechtigten Zugriffs mit einem neu vergebenen Schlüssel viel für eine sog. sogenannte „Beweislastumkehr", bzw. es muss der Vermieter zumindest im Rahmen der sekundären Beweislast darlegen, wie es zur Herausgabe eines weiteren Schlüssels gekommen ist. Grundsätzlich würde ich ja auch erwarten, dass vermerkt wird, an wen dieser Schlüssel herausgegeben wird.

Unklar ist zudem, weshalb der Vermieter die Auswertung weiterer Türen verweigert hat. Dass er Ihnen direkt den Zugriff auf die Videoüberwachung verweigert hat, ist aus Datenschutzgründen noch nachvollziehbar, allerdings hoffe ich, dass er selbst die Aufnahmen gesichtet und die relevanten Aufnahmen gespeichert hat. Entsprechendes gilt für die Auswertung der anderen Türen.

Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat, kann letztlich viele Gründe haben. Wichtig ist für Sie für Ihre zivilrechtlichen Ansprüche, was zuvor ermittelt wurde, d.h. Ob die Staatsanwaltschaft z.B. Erkenntnisse bzgl. der Videoaufnahmen oder der Auswertung der weiteren Türen hat, ob es Erkenntnisse gibt, weshalb ein weiterer Schlüssel für den zugang zu Ihrem Raum herausgegeben wurde etc. Demzufolge ist auf jeden fall zu empfehlen, Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen.

Wenn sich am Ende herausstellt, dass der Vermieter (oder seine Mitarbeiter/Erfüllungsgehilfen) einen Zugangsschlüssel nach Ihrem Einzug fahrlässig oder bewusst an Dritte herausgegeben oder nicht ausreichend gesichert haben, können Sie Schadensersatz für den Wert des entwendeten Eigentums fordern. Die endgültigen Erfolgsaussichten hängen letztlich von der ganz konkreten Beweisführung und den Informationen aus der Ermittlungsakte und den (ggf. verweigerten) Informationen des Vermieters ab.

Mit freundlichen Grüßen

Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Arnd-Martin Alpers

Rückfrage vom Fragesteller 30. Juli 2025 | 09:48

Hallo Herr Alpers,

ich bedanke mich für Ihre Antwort.

Leider gewährt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht nur an Anwälte.


Zu der Frage der Herkunft des Transporters hat der Vermieter folgendes mitgeteilt:

Hier existierten ganz offenbar Generaltransponder aus der Zeit des Voreigentümers, die uns weder bekannt waren, die wir nicht ausgegeben haben, die nirgendwo vermerkt waren o.ä. Die Transpondernummern, die sich zu Ihrem Lagerraum Zutritt verschafft haben, sind im System des Hausmeisters gänzlich unbekannt und konnten somit von ihm nur gesperrt, aber niemandem mehr zugeordnet werden. Wir haben das Objekt zum 1.1.2022 so gekauft und seitdem existiert auch eine Historie der Transponder - aus der Zeit davor aber nicht. Die ganze Angelegenheit ist also ein mehr als unglückliches Zusammenspiel von Altbestand, der nicht vernünftig gepflegt übergeben wurde, verlorenen Transpondern aus der Vergangenheit und offenbar vorhandenen Sicherheitslücken, die uns zuvor nicht bekannt waren.

Kann man dem Vermieter grobe Fahrlässigkeit unterstellen? Der Vermieter hat das Objekt mit elektronischem Zugangssystem ohne Inventur und anscheinend ohne Transporderliste übernommen.


Lohnt es sich noch die Akteneinsicht?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 30. Juli 2025 | 10:34

Sehr geehrter Herr Roth,

der Vermieter versucht natürlich aus nachvollziehbaren Gründen, eine eigene Haftung zu verneinen.

Um beantworten zu können, ob und wenn ja welches Verschulden den Vermieter trifft, muss man natürlich wissen, ob die Schilderung des Vermieters so richtig ist. Die weitere Frage ist, ob man nicht einfach das System so einstellen konnte, dass nur bekannte Transpondernummern Zugang haben, alle anderen aber gesperrt sind. Letztlich quasi das gleiche Prinzip, als würde man ein Schloß nach dem Kauf auswechseln, weil man nicht weiß, wer von den Vorbesitzern alle noch einen Schlüssel zum Objekt hat.

Grundsätzlich hätte ich - gerade bei einem nach Angaben des Vermieters offenbar nicht gepflegten Altbestand - erwartet, dass das System entsprechend überprüft wird. Hierbei ist ja auch die Frage, ob man wirklich nur möglich ist, einzelnen Transponder so zu programmieren, dass sie Zutritt verschaffen oder ob man nicht das Ganze so programmieren kann, dass NUR bestimmte Transponder Zugang zu einem Raum haben und alle anderen gesperrt sind. In dem Fall hätte es zumindest keinen Transponder geben dürfen, der unberechtigt Zugang direkt zu Ihrem Lagerraum gewährt.

Leider reicht die Aussage des Vermieters daher nicht, um die Frage nach einem Verschulden und damit entsprechender Haftung zu beantworten. Im Ergebnis klingt es allerdings so, als würde es sich hier der Vermieter etwas zu einfach machen.

Ob sich eine Akteneinsicht lohnt, weiß man leider am Ende erst, wenn man diese gesehen hat, da mir natürlich völlig unbekannt ist, was und wie hier Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelt haben. An Ihrer Stelle würde ich allerdings immer versuchen, an den Akteninhalt zu gelangen, um hieraus mögliche Ansatzpunkte für ein Verschulden zu ersehen.

Das Problem ist tatsächlich, dass es ohne Anwalt oft schwierig ist, Akteneinsicht zu erhalten. Allerdings sollten Sie ggf. im Zweifel noch einmal versuchen, hierum zu bitten, Gem. § 406 e Abs. 3 StPO (https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__406e.html) sind Sie nämlich grundsätzlich auch "befugt, die Akten einzusehen und amtlich verwahrte Beweisstücke unter Aufsicht zu besichtigen. " Teilweise werden auf entsprechendes Bitten auch Teile ggf. elektronisch übermittelt oder Kopien übersandt. Wenn es um Dinge wie Einsicht in etwaiges Videomaterial geht, würde hier ohne Verteidiger aber allenfalls eine Ansicht vor Ort in Betracht kommen. Ansonsten bleibt die Überlegung, einen Anwalt zunächst mit der reinen Akteneinsicht zu beauftragen, was überschaubare Kosten verursacht.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie hier am Ende doch noch erfolgreich Ihren Schaden ersetzt bekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt



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