Guten Tag,
beim Kauf einer Wohnung, die zunächst vermietet werden soll und später wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, gibt es einige rechtliche Aspekte, die Sie unbedingt beachten sollten. Eigenbedarf ist ein anerkannter Kündigungsgrund nach deutschem Mietrecht (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), aber er unterliegt strengen Voraussetzungen. Nachfolgend die wesentlichen Punkte, die Sie meines Erachtens beachten sollten:
1. Eigenbedarfskündigung – Grundsätzliche Möglichkeit:
Grundsätzlich haben Sie als Eigentümer das Recht, eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter oder enge Familienangehörige die Wohnung für sich selbst benötigen. Allerdings müssen Sie den Eigenbedarf konkret begründen und darlegen, warum Sie oder eine bestimmte nahestehende Person die Wohnung benötigen (z.B. wegen Arbeitsplatznähe, Familienzuwachs, gesundheitlicher Gründe etc.).
2. Mieterschutz – Schutzfristen und Sozialklausel:
Es gibt allerdings mehrere Schutzmechanismen zugunsten des Mieters, die Sie berücksichtigen müssen:
Die gesetzliche Kündigungsfrist hängt von der Mietdauer ab und beträgt mindestens drei Monate. Je länger das Mietverhältnis besteht, desto länger wird die Frist. Bei einer Mietdauer von mehr als fünf Jahren beträgt die Frist sechs Monate, ab acht Jahren sogar neun Monate.
Sozialklausel (§ 574 BGB): Der Mieter kann der Kündigung wegen Eigenbedarfs widersprechen, wenn diese für ihn eine unzumutbare Härte darstellt. Hier können gesundheitliche, familiäre oder wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen.
3. Besonderheiten bei Erwerb einer vermieteten Wohnung:
Falls die Wohnung zum Zeitpunkt des Kaufs bereits vermietet ist, greift der sogenannte Kauf bricht nicht Miete-Grundsatz (§ 566 BGB). Das bedeutet, dass Sie als neuer Eigentümer in den bestehenden Mietvertrag eintreten und die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters übernehmen. Allerdings können Sie auch in diesem Fall später wegen Eigenbedarf kündigen.
Wenn Sie eine vermietete Wohnung kaufen, gilt in vielen Bundesländern eine Kündigungssperrfrist, insbesondere wenn die Wohnung erst in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde (Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen). Diese Sperrfrist beträgt oft drei Jahre, in manchen Gebieten sogar bis zu zehn Jahre. Während dieser Sperrfrist ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen.
Zeitpunkt der Umwandlung: Wenn die Wohnung schon länger als Eigentumswohnung existiert (also nicht kürzlich umgewandelt wurde), gilt die Sperrfrist möglicherweise nicht. Dies ist jedoch von der jeweiligen Stadt oder Region abhängig.
4. Eigenbedarf bei Neuvermietung nach dem Kauf:
Wenn Sie nach dem Kauf selbst vermieten, können Sie den Mietvertrag so gestalten, dass Sie eine künftige Eigenbedarfskündigung erleichtern:
Hinweis auf Eigenbedarf im Mietvertrag: Sie können schon im Mietvertrag darauf hinweisen, dass Sie die Wohnung später selbst benötigen. Dies ist allerdings keine Garantie, dass der Mieter den Eigenbedarf widerspruchslos akzeptiert, da die formellen Eigenbedarfsanforderungen bei der Kündigung (konkrete Darlegung der Gründe) trotzdem eingehalten werden müssen.
Zeitlich befristeter Mietvertrag: Eine Möglichkeit wäre, einen befristeten Mietvertrag abzuschließen, der an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (z.B. geplanter Eigenbedarf nach einer bestimmten Zeit). Allerdings müssen Sie nach dem Mietrecht klare Gründe für eine Befristung angeben, etwa eine geplante Eigennutzung. Der Befristungsgrund muss im Mietvertrag genau angegeben werden.
5. Nachweispflicht und Beweisbarkeit des Eigenbedarfs:
Bei einer Eigenbedarfskündigung müssen Sie den Bedarf klar und plausibel darlegen. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, müssen Sie vor Gericht nachweisen, dass Sie den Eigenbedarf tatsächlich geltend machen können. In der Praxis bedeutet dies, dass der Eigenbedarf bereits zum Zeitpunkt der Kündigung absehbar sein muss, und Sie glaubhaft machen müssen, warum Sie die Wohnung benötigen. Vorratskündigungen, bei denen der Bedarf noch nicht konkret ist, sind nicht zulässig.
6. Steuerliche Konsequenze:
Wenn Sie die Wohnung zunächst vermieten und später selbst nutzen, gibt es auch steuerliche Aspekte zu beachten:
Falls Sie die Wohnung innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf wieder verkaufen und sie in dieser Zeit vermietet war, müssen Sie unter Umständen Spekulationssteuer auf den Gewinn zahlen. Wenn Sie die Wohnung aber mindestens in den letzten drei Jahren vor dem Verkauf selbst bewohnt haben, entfällt die Spekulationssteuer.
Abschreibungen und Werbungskosten: Solange die Wohnung vermietet ist, können Sie unter Umständen Abschreibungen auf die Anschaffungskosten und Werbungskosten (z.B. für Renovierungen oder Kreditzinsen) steuerlich geltend machen. Sobald Sie die Wohnung selbst bewohnen, entfallen diese steuerlichen Vorteile.
7. Risiko eines Rechtsstreits
Eigenbedarfskündigungen führen in der Praxis häufig zu Rechtsstreitigkeiten. Der Mieter kann die Kündigung anfechten, etwa durch Berufung auf die Sozialklausel oder durch Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs. Ein solcher Streit kann zeit- und kostenaufwändig sein. Um dies zu vermeiden, sollten Sie den Eigenbedarf gut vorbereiten und alle rechtlichen Voraussetzungen einhalten
Viele Grüße
6. Oktober 2024
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14:31
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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