Sehr geehrte Ratsuchende,
lassen Sie mich Ihre Fragen,
1) "Kann ein Einspruch Sinn machen? Die Kosten des Verfahrens trägt auch meine Mutter, daher werden diese vermutlich nur steigen.",
2) "Macht es Sinn, die Höhe der Strafe anzufechten? Oder ist das schon eine relativ geringe Strafe?
Man müsste selbst bei einer Ratenzahlung alle Dokumente/Nachweise (Einnahmen & Schulden, Kosten für Wohnung, etc.) offenlegen.",
3) "Wenn sie die Strafe bezahlt, gleicht das einem Eingeständnis?
Die Versicherung könnte somit die Kosten der bezahlten Stoßstange des gegnerischen Autos im Nachgang zurückfordern (Regress)?",
wie folgt beantworten.
Es geht hier um den Strafttatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, § 142 Abs. 1 StGB:
"Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten [...] der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit [...] ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
Desweiteren sieht § 69 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 3 StGB vor:
"Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt [...], so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist."
Zu einer Fahrerlaubnisentziehung kommt es aber in der Regel nur, wenn ein "bedeutender Schaden" entstanden ist und der Beschuldigte dies auch erkannt hat.
Leider ist es so, dass sehr oft der Vorsatz bezüglich eines Schadens dem oder der Beschuldigten unterstellt wird, denn ein fahrlässiges Entfernen vom Unfallort (ein man hätte den Schaden erkennen können oder müssen) kennt das Strafrecht nicht.
(Im Vorfeld des Strafbefehls hätte mit anwaltlicher Unterstützung vielleicht eine Einstellung des Verfahrens gegen die Bezahlung einer Geldauflage erreicht werden können.)
Selbst unsere Bundesregierung plant die Strafbarkeit der "Unfallflucht" bei bloßen Sachschäden abzuschaffen.
1.
Es kommt sehr auf das Schadensbild und die Aussage des Zeugen an, ob ein Einspruch mit anschließender Hauptverhandlung sinnvoll ist.
Im schlimmsten Fall würde das Gericht auch ein Sachverständigengutachten über die Wahrnehmbarkeit des Schaden und die Schadenshöhe einholen. Das wären aber zusätzliche Kosten, die Ihre Mutter im Falle einer Verurteilung tragen müsste.
Ohne eine/n Verteidiger/in ist es aber nicht zu empfehlen, in die Hauptverhandlung zu gehen.
Das Gericht könnte bei einem Einspruch aber auch über die Strafe im Strafbefehl hinaus gehen, muss dann aber darauf hinsweisen, sodass dann der Einspruch immer noch zurückgenommen werden kann (, mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft).
2.
Die Strafe setzt sich aus der Anzahl der Tagessätze und der Tagessatzhöhe zusammen.
Die Anzahl der Tagessätze liegt im untersten möglichen Bereich.
Für die Höhe der Tagessätze wurde das Netto-Einkommen geschätzt mit (30 x 30 =) 900 €.
Beträgt des Einkommen nur 600 €, ist ein Einspruch gegen die Höhe der Geldstrafe (beschränkter Einsspruch, § 410 Abs. 2 StPO) sinnvoll, weil dann der Tagessatz nur 20 €, die gesamte Strafe nur 20 x 20 = 400 € betragen würde.
§ 411 Abs. 1 S. 3 StPO:
"Hat der Angeklagte seinen Einspruch auf die Höhe der Tagessätze [...] beschränkt, kann das Gericht mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden; von der Festsetzung im Strafbefehl darf nicht zum Nachteil des Angeklagten abgewichen werden [...]."
Sie müssen nicht zwingend alle Dokumente offenlegen. Ihre Mutter muss ihr Einkommen aber glaubhaft machen.
Es muss anhand des Einkommens überlegt werden, ob mittels Einspruch gegen die Höhe des Tagessatzes vorgegangen werden soll, um eine Minderung der Geldstrafe von vielleicht 200 € (600 zu 400) zu erreichen.
Die Geldstrafe ist bereits gering.
Auch das Fahrverbot von vier Wochen oder einem Monat ist mild.
3.
Die Bezahlung der Strafe im Strafverfahren ist zivil- oder versicherungsrechtlich kein Eingeständnis.
Der Nichteinspruch führt lediglich dazu, dass das Strafverfahren endet.
Der Strafbefehl wirkt dann wie ein Urteil.
Tatsächlich ist ein Regress der Versicherung grundsätzlich möglich, hier aber nicht naheliegend, weil sich die Unfallflucht nicht auf den Schadensfall ausgewirkt hat.
Juristisch ist es schon ratsam, fristgemäß Einspruch zu erheben und einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin mit der Akteneinsicht zu beauftragen, der z.B. eine Einstellung des Verfahrens anregt.
Wirtschaftlich ist aber zu bedenken, dass im Vergleich zur milden Strafe die Kosten steigen und erheblich sind und die Chancen einer milderen Strafe oder Auflage gering sind.
Eine Ratenzahlung ist möglich und wird dann aber im Nachgang mit der Staatsanwaltschaft geregelt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen nachvollziehbar beantworten konnte.
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Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
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