Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen gerne wie folgt:
1. die ausländerrechtliche und strafrechtliche Situation:
Die Tatsache, dass Sie mit Ihrer Ehefrau niemals eine eheliche Lebensgemeinschaft geführt haben, wird für Ihre Ehefrau keine negativen ausländerrechtlichen Konsequenzen haben, da Sie schreiben, dass Ihre Ehefrau niemals die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder eines Visums aufgrund der Eheschließung beantragt hat.
Strafrechtlich kann das Eingehen einer Scheinehe den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG
verwirklichen. Da aber weder Sie noch Ihre Ehefrau bei der Ausländerbehörde diesbezüglich falsche oder unvollständige Angaben gemacht haben und Sie insb. durch die Eheschließung auch nicht den Aufenthalt für Ihre Ehefrau ermöglichen wollten, scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG
nach Ihrer Schilderung aus.
Deshalb besteht auch nicht die Notwendigkeit, dass Sie sich bei der Ausländerbehörde oder auch der Polizei/Staatsanwaltschaft selber anzeigen.
2. die familienrechtliche Situation:
Wie Sie schon richtig geschrieben haben, kann Ihre Ehe möglicherweise gemäß § 1315 Abs. 2 Nr. 5 BGB
aufgehoben werden. Sie müssen dann aber beachten, dass eine solche Aufhebung wirklich nur dann in Betracht kommt, wenn sich beide Ehegatten über die Eingehung einer Scheinehe zum Zeitpunkt der Eheschließung wirklich einig waren. Hier müssten Sie also abklären, ob auch Ihre Ehefrau die Ehe nur rein formal schließen wollte (es gibt keine „einseitige“ Scheinehe“). Wenn Ihre Ehefrau dies bestreiten sollte (aus welchen Gründen auch immer), wird eine Aufhebung der Ehe gem. § 1315 Abs. 2 Nr. 5 BGB
schwierig.
Dies sollten Sie vor Einleitung des Aufhebungsverfahrens unbedingt mit Ihrer Ehefrau abklären.
Beachten Sie bitte auch die Ausnahmevorschrift des § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB
.
Sollte eine Aufhebung der Ehe an Ihrer Ehefrau scheitern, können Sie aber auch die Scheidung beantragen, da nach Ihrer Schilderung die Voraussetzungen des § 1565 BGB
vorliegen. Auch hier sollten Sie aber vor Einleitung eines Scheidungsverfahrens mit Ihrer Ehefrau abklären, ob von ihrer Seite irgendwelche Einwände gegen eine Scheidung bestünden.
Im Aufhebungs- und Scheidungsverfahren herrscht „Anwaltszwang“. Eine Aufhebung der Ehe und eine Scheidung sind nur mit einem Anwalt möglich. Im Falle einer einvernehmlichen Scheidung / Aufhebung müssen aber nicht notwendig zwei Anwälte eingeschaltet werden, sondern einer der Ehegatten kann aus Kostengründen auf einen Anwalt verzichten. Diesbezüglich wird Sie der Anwalt, den Sie für das Verfahren beauftragen müssen, beraten.
3. Zusammenfassung:
Nach Ihrer Schilderung haben Sie und Ihre Ehefrau weder ausländerrechtliche noch strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten. Besprechen Sie nach Möglichkeit vor Einleitung eines Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens die Angelegenheit aus den genannten Gründen mit Ihrer Ehefrau. Wenn Sie dann die Ehe tatsächlich aufheben bzw. scheiden lassen wollen, müssen Sie einen Anwalt, am besten einen Fachanwalt für Familienrecht, aufsuchen. Von diesem sollten Sie sich in jedem Fall ausführlich über das Verfahren und vor allem über die Rechtsfolgen der Aufhebung / Scheidung informieren lassen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Bei Bedarf können Sie gerne eine kostenlose Nachfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt
Alt-Moabit 62-63
10555 Berlin
Tel.: 030 / 397 492 57
Fax: 030 / 397 492 79
E-Mail: kontakt@kanzlei-cziersky.de
www.kanzlei-cziersky.de
Antwort
vonRechtsanwalt Björn Cziersky-Reis
Alt-Moabit 62-63
10555 Berlin
Tel: 030 / 397 492 57
Web: https://www.rechtsanwalt-ausländerrecht.de
E-Mail:
Vielen Dank für Ihre Antwort. Sie hat mir sehr weitergeholfen.
Noch eine Frage: Es existert ein notarieller Ehevertrag. Wir haben gegenseitige Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. Könnte meine Ehefrau welchen geltentmachen, wenn sie keine Arbeitserlaubnis hat?
Kann sie ggf. abgeschoben werden, wenn sie keine Geldmittel nachweisen kann (z. B. Bürgschaft)?
Sehr geehrter Fragesteller,
Der Ausschluss der Unterhaltsansprüche in dem notariellen Ehevertrag ist ja rechtswirksam. Insoweit kann Ihre Ehefrau dann auch keine Unterhaltsansprüche geltend machen. Ob Ihre Ehefrau eine Arbeitserlaubnis hat, hat mit dieser Frage nichts zu tun. Der vereinbarte Ausschluss von Unterhaltsansprüchen kann nur in großen Ausnahmefällen unwirksam sein. Dies ist ein wichtiger Punkt, den Sie mit Ihrem familienrechtlichen Anwalt besprechen sollten.
Ob Ihre Ehefrau abgeschoben werden kann, wenn Sie keine Geldmittel hat, kann ohne genaue Kenntnis des Einzelfalls nicht beantwortet werden. Dazu müsste ich ins. wissen, welcher Art die Aufenthaltserlaubnis Ihrer Ehefrau ist. GRUNDSÄTZLICH gilt die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
, wonach ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden darf, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt sichern kann. Wenn Sie mir per Ergänzung noch mitteilen, nach welcher Vorschrift des AufenthG Ihrer Frau die Erlaubnis erteilt worden ist, kann ich Ihnen möglicherweise noch etwas genaueres mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt