Familienversicherung: Thesaurierender ETF

| 7. September 2022 10:55 |
Preis: 50,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Frau ist über mich gesetzlich bei der Techniker Krankenkassen familienversichert und hat keine Einkünfte.

Einkommensgrenze für Familienversicherung in 2022: Wenn Ihr Familienmitglied im Jahr 2022 insgesamt regelmäßig mehr Einkommen hat als monatlich 470 Euro, ist keine Familienversicherung möglich. Zum Gesamteinkommen zählen u.a. Einnahmen aus Kapitalvermögen.

Meine Frau möchte €500.000 anlegen. Präferiert in einen ausschüttenden Welt ETF. Unterstellt man einmal eine aktuelle durchschnittliche Ausschüttungsrendite von 1,5%, so würde dies zu Ausschüttungen von €7.500 pro Jahr führen, die quartalsweise ausgeschüttet werden. Insofern könnte meine Frau nicht weiter familienversichert sein.

Fraglich ist, wie es sich bei einer Investition in einen thesaurierenden ETF verhält. Hier finden keine Ausschüttungen statt, ergo sollte sie auch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen haben, die bezüglich der Familienversicherung anzurechnen sind.
Diese Frage habe ich an die Techniker Krankenkasse gestellt, welche zu dieser Fragestellung relativ kompetenzlos war, aber die Aussage tätigte, dass auf Grund der Vorabpauschale trotzdem zu besteuerndes Einkommen anfallen würde, welches für die Familienversicherung relevant wäre.

Diese Begründung kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen und benötige bitte eine fachkundige Erläuterung zu der Fragestellung:

Stellt ein thesaurierender ETF (insbesondere im Zusammenhangt der Vorabbesteuerung) Einkommen dar, das im Kontext der Familienversicherung anzurechnen ist?

Mit bestem Dank für Ihre Ausführungen im Voraus und freundlichen Grüßen
Herr KWS

7. September 2022 | 11:28

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
Tel: 0611-13753371
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Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

leider sind die Angaben der Krankenkasse zutreffend, dies ergibt sich vor allem aus § 240 SGB V Absatz 1 und 4a:

Zitat:
§ 240 Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder
(1) Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt; sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223). Weist ein Mitglied innerhalb einer Frist von zwölf Monaten, nachdem die Beiträge nach Satz 2 auf Grund nicht vorgelegter Einkommensnachweise unter Zugrundelegung der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt wurden, geringere Einnahmen nach, sind die Beiträge für die nachgewiesenen Zeiträume neu festzusetzen. Für Zeiträume, für die der Krankenkasse hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten, hat sie die Beiträge des Mitglieds neu festzusetzen. Wird der Beitrag nach den Sätzen 3 oder 4 festgesetzt, gilt § 24 des Vierten Buches nur im Umfang der veränderten Beitragsfestsetzung.
(2) Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Abstufungen nach dem Familienstand oder der Zahl der Angehörigen, für die eine Versicherung nach § 10 besteht, sind unzulässig. Der zur sozialen Sicherung vorgesehene Teil des Gründungszuschusses nach § 94 des Dritten Buches in Höhe von monatlich 300 Euro darf nicht berücksichtigt werden. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen ist das an eine Pflegeperson weitergereichte Pflegegeld bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 Absatz 1 des Elften Buches. Die §§ 223 und 228 Abs. 2, § 229 Abs. 2 und die §§ 238a, 247 Satz 1 und 2 und § 248 Satz 1 und 2 dieses Buches sowie § 23a des Vierten Buches gelten entsprechend.
(3) Für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ist der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuß des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen.
(3a) (weggefallen)
(4) Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule oder als Studenten an einer ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben sind oder regelmäßig als Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung im Umherziehen anbieten (Wandergesellen), gilt § 236 in Verbindung mit § 245 Abs. 1 entsprechend. Satz 1 gilt nicht für freiwillige Mitglieder, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte dieses Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren; § 5 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(4a) Die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge werden auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt; dabei ist der Einkommensteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen; Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit werden die Beiträge auf der Grundlage der nachgewiesenen voraussichtlichen Einnahmen vorläufig festgesetzt. Die nach den Sätzen 1 und 2 vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt. Weist das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nach, gilt für die endgültige Beitragsfestsetzung nach Satz 3 als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Für die Bemessung der Beiträge aus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gelten die Sätze 1, 3 und 4 entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht, wenn auf Grund des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides oder einer Erklärung des Mitglieds für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe des 30. Teils der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.
(4b) Der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder sind 10 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zugrunde zu legen, wenn der Anspruch auf Leistungen für das Mitglied und seine nach § 10 versicherten Angehörigen während eines Auslandsaufenthaltes, der durch die Berufstätigkeit des Mitglieds, seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder eines seiner Elternteile bedingt ist, oder nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ruht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach § 16 Abs. 1 der Anspruch auf Leistungen aus anderem Grund für länger als drei Kalendermonate ruht, sowie für Versicherte während einer Tätigkeit für eine internationale Organisation im Geltungsbereich dieses Gesetzes.
(5) Soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen von Ehegatten, die nicht einer Krankenkasse nach § 4 Absatz 2 angehören, berücksichtigt wird, ist von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das keine Familienversicherung besteht, ein Betrag in Höhe von einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße, für nach § 10 versicherte Kinder ein Betrag in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen. Für jedes unterhaltsberechtigte Kind des Ehegatten, das nicht zugleich ein Kind des Mitglieds ist, ist ein Betrag in Höhe von einem Sechstel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen, wenn für das Kind keine Familienversicherung besteht; für jedes nach § 10 versicherte Kind des Ehegatten, das nicht zugleich ein Kind des Mitglieds ist, ist ein Betrag in Höhe von einem Zehntel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen. Für nach § 10 versicherungsberechtigte Kinder, für die eine Familienversicherung nicht begründet wurde, gelten die Abzugsbeträge für nach § 10 versicherte Kinder nach Satz 1 oder Satz 2 entsprechend. Wird für das unterhaltsberechtigte Kind des Ehegatten, das nicht zugleich ein Kind des Mitglieds ist, vom anderen Elternteil kein Unterhalt geleistet, gelten die Abzugsbeträge nach Satz 1; das freiwillige Mitglied hat in diesem Fall die Nichtzahlung von Unterhalt gegenüber der Krankenkasse glaubhaft zu machen. Der Abzug von Beträgen für nicht nach § 10 versicherte Kinder nach Satz 1 oder Satz 2 ist ausgeschlossen, wenn das Kind nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 versichert oder hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist oder ein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet, oder die Altersgrenze im Sinne des § 10 Absatz 2 überschritten hat.


Bei der Bemessung der Beiträge kommt es auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, diese wird grundsätzlich durch den Steuerbescheid nachgewiesen. Auch wenn Sie bei einem thesaurierenden ETF aktuell keine Gelder als Auszahlung erhalten so wird dennoch der erzielte Gewinn ermittelt und besteuert. Ähnliches gilt z.B. auch bei Gesellschaftern einer GmbH, welche ebenfalls die Gewinne in der Firma belassen könne, ohne sich diese auszuzahlen. Es kommt also nicht darauf an, ob Ihnen das Geld faktisch in dem Jahr zur Verfügung steht, sondern es kommt auf den Gewinn an sich an. Im Grunde gilt dieser Grundsatz der Bemessung nach der jährlichen Leistungsfähigkeit immer, lediglich bei fest gebundenen Rentenverträgen oder der staatlichen Renten wird davon (teilweise) abgewichen.

Soweit also steuerlich ein Gewinn anfällt ist dieses Ergebnis auch für die Beitragsbemessung maßgeblich, ich bedauere Ihnen hier leider keine andere Auskunft erteilen zu können.


Ich hoffe damit Ihre Frage zumindest inhaltlich zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke








Bewertung des Fragestellers 9. September 2022 | 10:46

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