Unterhaltstitel Kindesunterhalt Verjährung

| 5. Juni 2022 11:36 |
Preis: 50,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


18:36

Sehr geehrter Anwalt, 2008 setzte das Gericht einen Unterhaltstitel gegen den Vater meiner Kinder (damals 3 und 8 Jahre alt) fest. Es wurde der Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe festgesetzt. Er hat seit 2008 den Zahlbetrag nie erhöht und durchweg monatlich 438 € für beide Kinder gezahlt. ( Also keine Ampassung der Altersstufe€ Ich habe den Titel nie vollstreckt.
Nun hat der Vater einen sehr hohen Geldbetrag geerbt. Besteht die Möglichkeit, den zu wenig gezahlten Unterhalt rückwirkend geltend zu machen ? Der zu wenig gezahlte Unterhalt wurde von mir nie schriftlich angemahnt.

5. Juni 2022 | 12:42

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Da grundsätzlich ein Unterhaltstitel existiert, der die Verpflichtung des Vaters zur Zahlung des Mindestunterhaltes für Ihre beiden damals 3 und 8 Jahre alten Kinder ausspricht, existiert ein gerichtlicher Beschluss, der gem. § 197 INr. 3 BGB zunächst dazu führt, dass eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt.

Allerdings muss dann für die zukünftig fällig werdenden Ansprüche § 197 II BGB beachtet werden, der damit für die Ansprüche, die nach Titulierung in 2008 regelmäßig monatlich fällig werden, eine 3 jährige Verjährungsfrist anordnet. Die Frist zur Verjährung beginnt am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dies könnte dann zur Folge haben, dass die Differenz zum Mindestunterhalt, die alleine durch die jeweils sich ändernden Altersstufen, aber auch durch die seit 2008 vielfach eingetretenen Änderungen der Düsseldorfer Tabelle entstanden sind, jedenfalls verjährt sind, soweit diese Differenzen älter als 3 Jahre sind. Indessen ordnet § 207 I Nr. 2 BGB gerade zum Schutzes des Kindesunterhaltes an, dass die Verjährung von Kindesunterhalt gehemmt ist, bis das Kind nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat.

Indessen kann -obwohl hier keine Verjährung der Differenz eingetreten ist- sich leider das Problem der sog. Verwirkung stellen. Verwirkung als ein Unterfall des § 242 BGB bedeutet, dass bei längerer Nichtgeltendmachung von Unterhalt , also hier der Differenz zwischen dem damals titulierten Mindestunterhalt und dem real geschuldeten Betrag, der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann, weil sich der Vater berechtigterweise darauf einstellen durfte und konnte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Diese Verwirkung kann auch beim Kindesunterhalt eintreten, und zwar schon dann, wenn der Rückstand ein Jahr lang nicht geltend gemacht worden ist (so etwa: BGH Az. XII ZB 133/17). Allerdings ist dies -wie der BGH und auch andere Gerichte betonen- immer eine Einzelfallentscheidung. Alleine der Umstand, dass Sie den Vater nicht angemahnt hat oder aber nicht vollstreckt haben , reicht für die Verwirkung erstmal nicht aus (vgl. etwa: OLG Hamm, Beschluss vom 17.3.2014 – 6 UF 196/13 und KG, Beschluss vom 28.6.2017 – 13 UF 75/16).

Hier ist vielmehr eine Einzelfallbetrachtung nötig, wobei ich Ihnen hier anrate, dies umfassend prüfen zu lassen, zumal als weiterer Gesichtspunkt in Betracht kommt, dass derjenige, der verpflichtet ist, den Mindestunterhalt zu zahlen, von sich aus eine Anpassung vornehmen muss und sich m.E. später nicht auf Verwirkung berufen kann (so etwa: OLG Schleswig Az. 15 UF 148/12)

Sie sollten also aktiv jetzt umgehend auf den Vater zugehen.

Ich hoffe, Ihnen hiermit vorab geholfen zu haben und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein


Rechtsanwalt Thomas Klein
Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

Rückfrage vom Fragesteller 5. Juni 2022 | 18:28

Sehr geehrter Herr Klein, vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Zum besseren Verständnis wollte ich nachfragen , wer im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Kläger wäre. Meine Kinder oder ich ?

Freue mich auf Antwort

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Juni 2022 | 18:36

Sehr geehrte Fragestellerin,

Vielen Dank für Ihre Nachricht. Das hängt sehr vom Titel ab, der damals geschaffen worden ist. Solange noch ein Kind minderjährig ist, können Sie dies machen. Bei Volljährigkeit eines Kindes kann das anders sein.

Sie können mir gerne den Titel direkt an meine Email Adresse senden, ohne dass Ihnen Mehrkosten entstehen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein

Bewertung des Fragestellers 7. Juni 2022 | 06:41

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