Heranziehung zur Kostenerstattung bei Hilfsmitteln

20. Mai 2022 05:45 |
Preis: 65,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Haushalt lebt unser schwerbehinderter und pflegebedürftiger Sohn (jetzt 4,5 Jahre alt) für den wir seit seinem 6. Lebensmont Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen.

Wir sind von Sachsen nach Niedersachsen verzogen. Durch die Änderungen der Zuständigkeitsregelungen durch das BTHG bleibt der bisherige Landkreis in Sachsen (LK X) als Kostenträger für uns zuständig.

Wir haben einen Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Fahrradanhänger gestellt um mit unserem Sohn Ausflüge zu machen. Bei diesem Hänger kann das Kind selbst mittreten und Erfahrungen im Radfahren sammeln (https://www.weehoo.de/weehoo-fahrradanhnger-produkte/weehoo-thrill-fahrradanhnger).

LK X hat unseren Antrag erhalten und Antragsunterlagen inkl. Einkommens- und Vermögensprüfung übersendet. Die Vermögensprüfung war für uns neu. Wir haben grob überschlagen und festgestellt, dass wir keinen Anspruch haben sollten. Deshalb haben wir den Antrag zurückgezogen.

Daraufhin haben wir es bei der Pflegekasse versucht und den Antrag dort eingereicht. Diese hat den Antrag an den Wohnort LK Y in Niedersachsen weitergeleitet. Die Bearbeiterin dort sagte mir, dass aus ihrer Sicht keine Kosten zu erheben sind nach § 113 (2) Nr. 8 SGB IX i. V. m. § 138 (1) Nr. 7 SGB IX, da unser Sohn noch nicht schulpflichtig ist.

Weiterhin hat die Bearbeiterin von LK Y im LK X angerufen und gefragt, ob sie den Antrag an LK X zurückgeben kann. LK X hat dies bejaht. Der Antrag liegt wieder dort und es soll eine Vermögensprüfung durchgeführt werden. Lt. Bearbeiterin vom LK X sagt der Kommentar von NOMOS, dass es keine Beitragsfreiheit in dieser Konstellation gebe.

Meine Fragen lauten wie folgt:
Ist der Fahrradanhänger (siehe Link) ein Hilfsmittel i. S. v. § 113 (2) Nr. 8 SGB IX?
Ist dafür ein Beitrag zu entrichten oder nicht nach § 138 (1) Nr. 7 SGB IX?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüße
Ralf Schumann


20. Mai 2022 | 07:18

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

ich teile die Auffassung des LK Y in Niedersachen.

Bei dem Fahrradanhänger handelt es sich um ein Hilfsmittel im Sinne von § 113 (2) Nr. 8 SGB IX.

Zur dieser Frage hat das LSG Sachsen, durch Urteil vom 15.09.2020, Az.: L 8 SO 30/19 ausführlich Stellung genommen. Die entsprechenen Passagen aus dem Urteil gebe ich hier im Zusammenhang wieder. Auch wenn es sich in dem Urteil um ein Therapiefahrrad gehandelt sind, sind doch die Grundsätze auch auf den angedachten Anhänger anzuwenden.

Der Anhänger muss

Zitat:
die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Hilfsmittels als Soziale Teilhabeleistung zur Eingliederung in die Gesellschaft nach § 113 Abs. 1 und 2 Nr. 8 SGB IX i. V. m. § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, erfüllen; die Erforderlichkeit, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen.


Und genau das ist auch bei dem Anhänger der Fall.

Der Fahrradanhänger ermöglicht für Ihren Sohn

Zitat:
einen erheblichen Beitrag zur Mobilität und damit zur Teilhabe am Leben und Aktivität des täglichen Lebens leisten. Durch die Bewegung im Freien wird die Lebensfreude gestärkt, was sich positiv auf die Psyche auswirkt.


Auch wenn es sich "nur" um einen Anhänger handelt, wird die Aktivität Ihres Sohnes gesteigert, was sich dann als Folge auch positiv auswirkt.

Zudem werden auch Tadem Co-Pilot - Räder als Hilfsmittel anerkannt. Auch dabei findet eine Nutzung durch zwei Personen statt und dem Betroffenen wird die Möglichkeit gegeben durch Mittreten aktiv tätig zu werden. Und das ist bei dem Anhänger nichts anderes.

Da der Anhänger als Hilfsmittel anzusehen ist, hat das dann auch zur Folge, dass nach § 138 (1) Nr. 7 SGB IX kein Betrag zu entrichten ist.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle


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