Bestatter nimmt ohne Wissen der Angehörigen Fingerabdruck des Verstorbenen

11. Juli 2021 10:36 |
Preis: 75,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Darf der Bestatter einfach Fingerabdrücke von dem Verstorbenen machen und diese den Erben als Erinnerungsstück verkaufen?

Das postmortale Persönlichkeitsrecht schützt die ideellen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Verstorbenen. Die Erben können als Wahrnehmungsberechtigte Unterlassungsansprüche geltend machen, wenn das Ansehen des Verstorbenen verletzt wird. Da der Fingerabdruck hier nur genommen wurde, um den Angehörigen Erinnerungsstücke anzubieten und nicht anderweitig verwendet werden kann, liegt keine Persönlichkeitsverletzung vor.

Von einem Bestattungsinstitut wurde ohne unser Wissen ein Fingerabdruck des Verstorbenen genommen.
Mit der Rechnung wurden wir informiert, das Bestattungsinstitut "habe sich erlaubt einen Fingerabdruck des Verstorbenen zu nehmen". Beigefügt war ein Prospekt über verschiedene billige Schmuckstücke, mit denen ein solcher Fingerabdruck verewigt werden könnte.

Die Familie ist sehr geschockt und erlebt dieses Vorgehen als übergriffig und Pietätlos, auch dem Verstorbenen gegenüber. Über die Möglichkeit, ein solches "Erinnerungstück" in Auftrag zu geben, wurde die Familie weder vor der Bestattung noch danach informiert.
Es wurde kein Einverständnis eingeholt, bevor der Fingerabdruck genommen wurde.

Nun ist unsere Frage, ob der Bestatter hier eine Pflichtverletzung begangen hat und z.B. gegen Art. 5 des bayerischen Bestattungsgesetzes verstoßen hat, in dem es heißt "Mit Leichen und Aschenresten Verstorbener darf nur so verfahren werden, [...] und die Würde des Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht verletzt werden."

Welche Möglichkeiten gibt es, das Bestattungsinstitut hier zur Rechenschaft zu ziehen? Welches Vorgehen ist möglich?

11. Juli 2021 | 11:16

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

2. Artikel 5 des bayerischen Bestattungsgesetzes bezieht sich auf Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Den 2. Teil des Satzes kann man daher nicht isoliert lesen.

3. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Verstorbenen erlischt grundsätzlich mit dessen Tod erlischt.
Aus der Menschenwürdesich lässt sich jedoch ein "postmortales Persönlichkeitsrecht" ableiten.

Grund dafür ist das Bedürfnis nach dem Schutz solcher Nachwirkungen und Ausstrahlungen des Persönlichkeitsrechts, die wie die Ehre und das Ansehen in der Erinnerung der Nachwelt einen von dem Lebensbild des Verstorbenen nicht zu trennenden Wert darstellten. Geschützt werden also die sog. ideellen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Da nun aber der Verstorbene die Verletzung dieser Bestandteile nicht mehr geltend machen kann, steht den Wahrnehmungsberechtigten - sprich den Erben - nach dessen Tod die Möglichkeit hierzu zu. Dies bezieht sich zum einen darauf, dass nur diese eine Einwilligung in die Verbreitung von Fotos erteilen können. Zum anderen können sie auch Unterlassungsansprüche durchsetzen. Aufgrund des besonderen Charakters der ideellen Bestandteile können die Erben hingegen keine Schadensersatzansprüche geltend machen.

4. Anwendung auf den Fall
Fraglich ist nun, ob eine Persönlichkeitsverletzung in diesem Sinne vorliegt. Der Fingerabdruck wurde genommen, um den Familienangehörigen Erinnerungsstücke anzubieten. Zweck ist natürlich, Gewinn zu machen.
Die Frage ist, ob dadurch das Ansehen des Verstorbenen verletzt wird. Dies muss man meiner Ansicht verneinen. Das Bestattungsunternehmen kann den Fingerabdruck auch nicht anderweitig verwenden. Der einzige denkbare Nutzungszweck ist für die Familienangehörigen.

ich kann daher keine Persönlichkeitsverletzung erkennen.
Und selbst wenn, wäre lediglich ein Unterlassungsanspruch gegeben.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


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