Haftungsumfang GbR bei Privatinsolvenz

| 5. Februar 2008 19:24 |
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Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


00:37

Arzt-Praxisgemeinschaft (nicht Gemeinschaftspraxis!):
in welchem Ausmaße sind Gegenstände, die durch die GbR angeschafft wurden, pfändbar, wenn einer der beiden Gesellschafter Privatinsolvenz anmeldet, bzw. einer seiner Gläubiger zuvor seine Forderungen versucht gerichtlich einzutreiben?
Die GbR hat keine direkten Einnahmen, d.h. sie wird von den beiden Gesellschaftern durch mtl. Einlagen gespeist, um die gemeinsamen Ausgaben zu bestreiten, was am Ende des Jahres zu einer jeweiligen Verlustzuweisung führt.

5. Februar 2008 | 20:51

Antwort

von


(139)
Nördliche Auffahrtsallee 65
80638 München
Tel: 089 / 550 559 45
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Für eine Praxisgemeinschaft, die ein Zusammenschluss von mehreren Ärzten gleicher oder verschiedener Fachrichtungen darstellt und die gemeinsame Nutzung von Prxisräumen, -Einrichtungen und Personal zum Ziel hat, gilt, dass jeder Arzt seine Praxis selbständig führt, seinen eigenen Patientenstamm und eine eigene Karteiführung hat. Daher gilt auch, dass nur für den gemeinschaftlich genutzten Bereich eine gesamtschuldnerische Haftung entsteht. Gleichwohl kann darüber hinaus eine gesamtschuldnerische Haftung entstehen, wenn die Ärzte nach außen hin gemeinsam auftreten und für den Patienten nicht erkennbar ist, dass jeder Arzt selbständig arbeitet.
Allein die Bezeichnung "Praxisgemeinschaft" schließt eine gesamtschuldnerische Haftung der Praxisinhaber jedenfalls noch nicht aus, da der Patient regelmäßig den rechtlichen Unterschied zwischen Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft nicht kennt und daher beide Gesellschaftsformen als gleichartige Zusammenschlüsse beurteilt.

Eine Unpfändbarkeit von Sachen nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO scheidet bei einer BGB-Gesellschaft (die eine Praxisgemeinschaft darstellt) aus, da nur natürliche Personen von dem Anwendungsbereich betroffen sind. Allerdings gilt für eine BGB-Gesellschaft - auch für eine BGB-Innengesellschaft - § 859 ZPO . Danach ist NUR der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen der Pfändung unterworfen, nicht aber der Anteil eines Gesellschafters an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen. Daher sind nur beispielsweise der Auseinandersetzungsanspruch oder der Gewinnanspruch der Pfändung unterworfen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen in Ihrer Sache eine erste rechtliche Orientierung geben konnte.
Falls noch Unklarheiten bestehen sollten, bitte ich Sie die kostenlose Nachfrageoption zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Manfred A. Binder
- Rechtsanwalt -


Ich darf schließlich noch auf Folgendes hinweisen:

Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.



Rückfrage vom Fragesteller 5. Februar 2008 | 22:37

Sehr geehrter Herr Binder,

vielen dank für Ihre prompte und konkrete antwort.
Zur Sicherheit, aufgrund der etwas sehr fachspezifischen Nomenklatur, für mich noch einmal zur Bestätigung: gemeinsam angeschafte Gegenstände wie Mobiliar, Computer oder Diagnostikgeräte, können also nicht von Gläubigern eines privatinsolventen Partners mir "mitweggepfändet" werden, sondern nur, soweit vorhanden/geleistet evtl. Einlagen, i.S. "Gesellschaftsvermögen", wenn desweiteren eben auch keine gemeinsamen kurativen oder gutachterlichen Einnahmen existieren. Schlußfolgerung: der nicht insolvente Partner muß nicht grundsätzlich befürchten, aufgrund dieses Aspektes, vom insolventen Partner "mit in den Abgrund gezogen zuwerden"?!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. Februar 2008 | 00:37

Sehr geehrter Ratsuchender,

zunächst ist zu konkretisieren, dass man unter den pfändbaren Gesellschaftsanteil die Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten an der Gesellschaft versteht. Der private Gläubiger des Gesellschafters kann den Gesellschaftsanteil am Gesellschaftsvermögen als Ganzen pfänden. Ist dies geschehen, hat der private Gläubiger das Recht zu einer fristlosen Kündigung der Gesellschaft mit der Maßgabe, dass das Pfandrecht sich dadurch in ein solches an dem Anspruch des Gesellschafters verwandelt, Auseinandersetzung zu verlangen. (Palandt § 725, Rd. 3). Wie die Auseinandersetzung zu erfolgen hat, ist grundsätzlich eine Sache der Vereinbarung. Falls eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden ist, dann greifen §§ 732 ff. BGB ein. Eine Vereinbarung kann aber auch erst nach Auflösung der Gesellschaft getroffen werden. Eine Auseinandersetzung kann beispielsweise durch gegenständliche Aufteilung, durch Abfindung eines Gesellschafters, durch Übernahme durch den anderen Gesellschafter oder durch Veräußerung des Gesellschaftsvermögen an einen Dritten erfolgen. Schließlich kann der solvente Gesellschafter auch den Privatgläubiger des Gesellschafter-schuldners befriedigen mit der Konsequenz, dass dessen Anspruch samt Pfandrecht auf ihn übergeht, § 268 BGB .
(Letzteres ist aber nicht anzuraten, da das Forderungsrisiko damit auf den Ablösenden übergeht).

Festzuhalten ist, dass der Gläubiger im Wege der Auseinandersetzung den Verkauf des Gesellschaftsvermögens als Ganzes betreiben und sich aus dem Anteilserlös des Schuldners befriedigen kann. Die gemeinsam angeschafften Gegenstände, also Mobiliar, Computer oder Diagnostikgeräte unterfallen dabei dem Gesellschaftsvermögen.


Ich hoffe, dass ich Ihnen weiteren Aufschluss über die Rechtslage im Rahmen Ihrer Angaben geben konnte.

Für eine weiterführende Interessenvertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred A. Binder
- Rechtsanwalt -


RA Manfred A. Binder
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