Mietzahlungen/Verkauf Wohnungs-MEA (50 %) an Bruder

| 24. März 2021 11:03 |
Preis: 57,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


15:37

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Januar 2002 haben meine Eltern mir und meinem Bruder ihre lastenfreie Eigentumswohnung per Übertragungsvertrag zu je 50 % auf uns umgeschrieben, mit Eintragung ins Grundbuch.

Ich zitiere aus dem Vertrag; weitere Verträge oder Vereinbarungen gibt es zur Wohnung nicht:
„Die Erschienen (meine Eltern) erhalten ein (unentgeltliches) Wohnungsrecht auf Lebenszeit, unter Ausschluss der Übertragsnehmer" (ich nehme an, das sind mein Bruder und ich), an der vollständigen Wohnung (…)."

Weiter wurde im Vertrag die Einschränkung vereinbart, dass das Wohnungsrecht erlischt, wenn meine Eltern die Wohnung länger als 6 Monate nicht ununterbrochen nutzen. Der monatliche Wert des Wohnungsrechts wurde im Vertrag damals mit ca. 450,- Euro beziffert, hierzu gab es aber keine weiteren Erläuterungen, z.B. wenn unten genannter Fall eintritt, Bruder zieht als Mieter ein.

Mein Vater verstarb 2013, meine Mutter ist umgezogen, somit zog mein Bruder in die Wohnung ein und bezahlt die Nebenkosten. Da er teilweise arbeitslos war, habe ich keine Miete von ihm verlangt, bis heute nicht.

Meine Fragen:
1. Habe ich Anspruch auf eine monatliche Miete meines Bruders für die von ihm bewohnte Wohnung (marktübliche Nettokaltmiete wurde in aktuellem Wertgutachten mit ca. 540,- Euro angegeben)?
2. Habe ich Anspruch auf 50 % der monatlichen Miete, da ich zu 50 % Eigentümerin der Wohnung bin, also auf 270,- Euro?
3. Wie lange kann ich diese Miete zurückfordern?
4. Da ich meinen Anteil jetzt an meinen Bruder verkaufen möchte: Kann ich von ihm den Verkauf und somit die Auszahlung meines 50 %-igen Anteils an der Wohnung verlangen? In welchem Zeitraum? Ich vermute, dass sich der Verkauf aus verschiedenen von ihm genannten Gründen hinziehen wird.

Vielen Dank für Ihre Antwort!

24. März 2021 | 12:08

Antwort

von


(775)
Wrangelstrasse 16
24105 Kiel
Tel: 0431-895990
Web: https://www.kanzlei-steidel.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ihr Bruder und Sie sind hälftige Miteigentümer des Wohnungseigentums. Sie bilden also eine sog. Bruchteilsgemeinschaft an diesem Grundvermögen im Sinne der §§ 741 ff. BGB.

Das Wohnrecht spielt hier keine Rolle mehr, da dies persönlich und ausschließlich für Ihre Eltern , nicht für Ihren Bruder bestimmt war.

Sie können von Ihrem Bruder verlangen, dass er Ihnen für die Nutzung Ihres Miteigentumsanteils eine Entschädigung zahlt. Sofern ein Mietvertrag abgeschlossen wird, wäre diese Nutzungsentschädigung als Miete zu bezeichnen. Sie können und sollten daher einen Mietvertrag einmal anbieten.

Unabhängig vom Abschluss eines Mietvertrages schuldet Ihr Bruder aber Nutzungsentschädigung in Höhe von 50 % eines marktüblichen Mietzinses. Nach Ihren Schilderungen also 270,- EUR monatlich. Dieser Anspruch folgt aus § 743 BGB.

Rückwirkend ist ein solcher Anspruch allerdings nicht durchsetzbar. Sie müssen zunächst eine Änderung der bislang stillschweigend geduldeten unentgeltlichen Nutzung verlangen. Dies tun Sie indem Sie Ihrem Bruder am besten schriftlich mitteilen, dass sie künftig eine Nutzungsvergütung für Ihren Mieteigentumsanteil verlangen und ihn auffordern ab dem Folgemonat 270,- EUR zu zahlen.

Sofern Sie schliesslich mitteilen, Ihren Anteil verkaufen zu wollen, so bedeutet dies rechtlich, dass Sie eine Aufhebung der Gemeinschaft anstreben. Dazu haben Sie jederzeit nach § 749 BGB das Recht.
Sie können also Ihrem Bruder den Ankauf Ihres Miteigentumsanteils oder den Verkauf des Grundvermögens an einen Dritten anbieten. Findet dies nicht die Zustimmung Ihres Bruders, so bliebe als Mittel eines zwangsweisen Durchsetzung die Teilungsversteigerung des Grundvermögens.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Sascha Steidel
Fachanwalt für Familienrecht

Rückfrage vom Fragesteller 24. März 2021 | 13:41

Danke für die sehr umfassende Antwort. Beim Verkauf des Grundvermögens an einen Dritten, wovon ich nicht ausgehe (ich denke, es sollte "so bliebe als Mittel einer zwangsweisen Durchsetzung die Teilversteigerung des Grundvermögens" heißen): In diesem Falle wäre es praktisch unmöglich, an meinen 50%-Anteil der Wohnung zu kommen, da weder Dritte noch Banken lediglich 50% der Wohnung ersteigern würden. Zum Verkauf seiner 50 % wurde mein Bruder von Amts wegen als Leistungsbezieher bereits in früheren Jahren einmal aufgefordert. Ohne Erfolg, da im Normalfall niemand nur 50 % einer Wohnung kaufen möchte. Schließlich gehe ich davon aus, dass bei einer 50 % Teil-(Zwangs-?)Versteigerung auch nicht annähernd der Marktpreis erzielt werden würde, was ich natürlich vermeiden möchte.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. März 2021 | 15:37

Gern nehme ich ergänzend Stellung. Die Teilungsversteigerung nach §§ 180 ZVG bezieht sich keineswegs auf Ihren Miteigentumsanteil. Versteigert wird dabei das gesamte Grundvermögen.

Die Teilungsversteigerung erfolgt ja gerade zum Zwecke der Auseinandersetzung der Gemeinschaft.
Natürlich können beide Miteigentümer hier mit bieten und müssten dann nur den hälftigen Anteil an den jeweils anderen zahlen. Ersteigert aber ein Dritter, so erlangt er das volle Eigentum.

Sollten Sie eine weitere Beratung oder Vertretung wünschen, setzen Sie sich gern per email mit meiner Kanzlei in Verbindung.

Vielen Dank in jedem Falle für die sehr positive Bewertung .

Bewertung des Fragestellers 24. März 2021 | 12:29

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