Baurecht Mehrwertsteuer

8. Februar 2021 13:00 |
Preis: 55,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Brigitte Draudt-Syroth

Vertragstext:
§2 der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen nach diesem Vertrag einen Pauschalpreis inkl.19% MwSt. in Höhe von XXX€
§4 der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen nach diesem Vertrag einen Pauschalpreis gem. §2 dieses Vertrages.
Die Vergütung wird als Pauschalpreis vereinbart und beinhaltet die bei Vertragsabschluss gültige Mehrwertsteuer von zur Zeit 19%. Soweit nach Vertragsabschluss eine Erhöhung der gesetzlichen Mehrwertsteuer eintritt, ist dies gemessen am vollen Kaufpreis vom Auftraggeber zu tragen.
Der Kaufpreis erhöht sich um die Mehrwertsteuererhöhung.

Hierzu meine Frage:
Baubeginn war Septermber 2019.
Die Abnahme des Gebäudes fand am 3.7.2020 statt.
Alle Abschlagzahlungen wurden mit 19% MwSt. berechnet.
Es gab keine Teilabnahmen.
Der Auftragnehmer will die MwSt.- Senkung nicht weitergeben und hat statt der Schlussrechnung einer weitere Ratenrechnung gestellt, in der er die Nettosumme erhöht hat um auf den Bruttopreis zu kommen.
Ist dieses Vorgehen in Ordnung oder muss er eine Schlussrechnung mit 16% auf die gesamte Bausumme stellen?

Sehr geehrte Fragestellerin,

ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:

Es bedarf hier der Auslegung, eine ganz eindeutige Antwort kann man nicht geben. Entsprechende Gerichtsentscheidungen gibt es noch nicht, da das Thema noch zu neu dafür ist.

Daher folgende Argumentationen:

Sie haben grundsätzlich einen Festpreis inklusive 19 % Mehrwertsteuer vereinbart. Daher könnte man der Ansicht sein, dass Sie daher von der Mehrwertsteuersenkung nicht profitieren, weil es eben ein Festpreis sein soll. Damit wäre man bereits am Ende, was vertretbar wäre. Aber Sie könnten wie folgt weiter argumentieren.

Nun ist aber noch die weitere Klausel vereinbart, die sich auf Änderungen im Mehrwertsteuersatz beziehen. Bei Abschluss des Vertrages allerdings hat man allgemein nicht mit einer Mehrwertsteuersenkung gerechnet, sondern allenfalls mit einer Erhöhung. Corona war damals noch kein Thema.
Daher ist die Frage einer Mehrwertsteuersenkung niemandem in den Sinn gekommen und wurde daher nicht im Vertragstext berücksichtigt.
So müsste nun Ihre Argumentation sein, nämlich, dass Sie als Verbraucher unangemessen benachteiligt wären, wenn Sie nicht auch von einer Mehrwertsteuersenkung profitieren würden. Es würde sich also um eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung handeln, die nach §§ 307 ff. BGB unwirksam wäre.
Hinzu kommt, dass nach den Anweisungen des Bundesfinanzministeriums zur Handhabung der Mehrwertsteuersenkung Um­satz­steu­er (BMF Schreiben, Be­fris­te­te Ab­sen­kung des all­ge­mei­nen und er­mä­ßig­ten Um­satz­steu­er­sat­zes zum 1. Ju­li 2020 vom 30.06.2020) vorgegeben wurde, dass der Leistungszeitpunkt maßgebend sein soll. Nun ist hier auch noch das Werkvertragsrecht zu berücksichtigen, welches nach § 640 BGB vorsieht, dass die Abnahme der maßgebende Leistungszeitpunkt ist. Hier muss man also beides zusammen berücksichtigen. Teilabnahmen gab es ja nach Ihren Angaben nicht, so dass das die maßgebliche Abnahme ist. Das war am 3. Juli, also zu einem Zeitpunkt, in welchem 16 % Mehrwertsteuer galten. Auch das spricht für Sie.

Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

Draudt
Rechtsanwältin

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