Verbeitragung eines Veräußerungsgewinns als freiwilliges GKV-Mitglied

| 3. Dezember 2020 16:44 |
Preis: 73,00 € |

Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Ich bin 51 Jahre alt, erwerbslos, ledig und lebe ausschließlich von meinen Reserven.

Ab dem 01.01.21 werde ich durch die obligatorische Anschlussversicherung zum freiwilligen Mitglied der GKV. Zuvor war ich 25 Jahre selbstständig und PKV-Mitglied, anschließend (2020) 12 Monate Pflichtmitglied der GKV (Midi-Job).


Meine konkreten Fragen zum Thema Veräußerungsgewinn/Vermögenszuwachs:

1. Ich habe in 2008 einen Teil meiner Ersparnisse in Edelmetallen angelegt, deren Wert seitdem stark gestiegen ist. Ich plane daher einen Verkauf.
Hat die GKV einen Anspruch auf Verbeitragung des Veräußerungsgewinns, falls ich die Edelmetalle erst nach dem 01.01.21 verkaufe?

2. Mit Notarvertrag vom 18.12.2018 hat mir meine Mutter eine Immobilie mit eingetragenem Nießbrauchrecht geschenkt, die sie selber im Jahr 2003 durch Erbschaft erhalten hat.
Ab welchem Zeitpunkt könnte ich die Immobilie verkaufen, ohne dass die GKV einen Anspruch auf Verbeitragung des Veräußerungsgewinn hat?

3. Dezember 2020 | 17:25

Antwort

von


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65201 Wiesbaden
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Sehr geehrter Fragesteller,

zu 1.:
sobald Sie freiwillig gesetzlich versichert sind kann die Krankenkasse auch die Gewinne aus Spekulationsgeschäften als Bemessungsgrundlage heranziehen. Die meisten Krankenkassen haben dies in ihrer Satzung entsprechend verankert, es gibt hier auch ein entsprechendes Urteil des Az. S 8 (3) KR 114/01 des Sozialgerichts Münster, hier heißt es unter anderem:

Zitat:
Diese Regelung in § 17 der Satzung der Beklagten verstößt nicht gegen die Ermächtigungsgrundlage in § 240 Abs. 1 SGB V . Bereits in der Begründung zum Gesundheitsreformgesetz zur Regelung in Art. 1 § 249 des Reformentwurfs, Bundestagsdrucksache 11/2237, S. 225 , die unverändert im derzeit geltenden § 240 Abs. 1 SGB V seine gesetzliche Entsprechung gefunden hat, hieß es:" Die Vorschrift ermöglicht es allen Krankenkassen, das Beitragsrecht für freiwillig Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln.


Sie sollten also von der Krankenkasse ein verbindliche Auskunft einholen und insbesondere danach fragen, ob die Krankenkasse sich dann nur an den steuerbaren Einkünften orientiert und ausschließlich den Steuerbescheid zu Grunde legt oder es allein darauf ankommt, ob überhaupt Einkünfte erzielt wurden.

Das Bundessozialgericht hat zwar im Urteil vom 28. 5. 2015 (Az.: B 12 KR 12/13 R ) festgestellt, dass im Grunde allein der Steuerbescheid taugliche Auskunft über die Einkünfte geben kann:

Zitat:
Die hierfür maßgebenden, vorwiegend teleologischen Gründe (hierzu sogleich) gelten im Wesentlichen ebenso für Einnahmen aus Kapitalvermögen. Denn nur eine Beitragsbemessung unter Anknüpfung an die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte gewährleistet, dass bei der Beitragsbemessung entsprechend dem Gebot des § 240 Abs 1 S 2 SGB V die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt wird.


Dennoch sollten Sie sich bei der Krankenkasse erkundigen ob hier in der Satzung etwas abweichend geregelt ist und sei es nur um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Davon ausgehend, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgericht hier berücksichtigt wird und auch in der Satzung nichts anderes vermerkt ist wären dann die möglichen Spekulationsgewinne nur dann bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen, wenn diese auch steuerbar sind. Ansonsten bleiben diese außen vor.

zu 2.:
Für die Veräußerung der Immobilie fällt nach § 23 EStG keine Spekulationssteuer an, diese ist lange abgelaufen, die Übertragung durch die Mutter an Sie löst keine neue Frist aus, da die Übertragung unentgeltlich erfolgte, siehe § 23 Absatz 1 Nr. 3 Satz 3:


Zitat:
§ 23 - Private Veräußerungsgeschäfte
(1) Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
1. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. 2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. 3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden;
2. Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden. Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre;
3. Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb. Als Anschaffung gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe. Bei unentgeltlichem Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung oder die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. .......


Im Ergebnis dürfte es sich daher um Geschäfte handeln bei denen keine Spekulationssteuer anfällt und damit auch kein Berücksichtigung bei der Beitragsbemessung.

Ich hoffe damit Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünschen Ihnen noch einen schönen Abend.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke




Bewertung des Fragestellers 3. Dezember 2020 | 17:39

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