Problem wegen nicht ausgestellter Quittung in Heilpraktikerpraxis

| 6. Januar 2020 17:58 |
Preis: 100,00 € |

Vertragsrecht


Guten Tag,

es darf gerne ein Anwalt antworten, den ich ggf. mit einem Schreiben beauftragen könnte, sollten die eigenen Bemühungen nicht fruchten.

Kürzlich habe ich, privat versichert, die Praxis einer Heilpraktikerin für Alternativmedizin zwei Mal aufgesucht. Beim ersten Treffen bot sie mir an, die Folgekonsultation von ihrem Lehrer durchführen zu lassen. Dieser wohne im Ausland (EU), sei dann aber da. Sie selbst sitze mit dabei. Sie nannte mir das Honorar für den Lehrer: einen fast dreistelligen Betrag x für die Konsultation und einen Betrag y (zweistellig im mittleren Bereich) für die Verschreibung von Kräutern.

In dieser Konstellation (Lehrer, Heilpraktikerin, ich) fand die zweite Konsultation statt. Als die Sitzung zu Ende war, verließen die Heilpraktikerin und ich den Raum, während der nächste Patient zu dem Lehrer ging. Am Empfang übergab ich der Heilpraktikerin x + y Euro in bar. Sie füllte einen Vordruck des Lehrers für die Rechnung aus ("invoice"). Zudem notierte sie auf einem neutralen Zettel vom Abrissblock die Namen zweier Arzneimittel, die ich mir später in der Apotheke besorgte.

Von der Heilpraktikerin während des Zahlens abgelenkt, merkte ich erst zu Hause, dass sie auf der Rechnung des Lehrers nur den Betrag x für eine naturheilkundliche "consultation" (einzige Angabe im Vordruck) eingetragen hatte, nicht aber den Betrag y für die Verschreibung. In einer E-Mail, in der ich alle Fakten festhielt, bat ich die Heilpraktikerin, mir eine Quittung über den Betrag y mit Angabe der Leistung nachzureichen. Die Heilpraktikerin mailte zurück, dass sie mir "natürlich" alles schicken würde. Ich solle die Rechnung des Lehrers "zerreißen", ich bekäme eine neue. Bekommen habe ich aber eine Briefsendung in anderer Sache, bei der außen auf dem Couvert geschrieben stand, die Quittung erfolge separat durch den Lehrer. Erfolgt ist nichts.

Meine Fragen:

1.
Gemäß § 368 BGB steht mir eine Quittung zu. Kann ich unter Fristsetzung (z. B. 10 Tage) die Heilpraktikerin auffordern, eine Quittung über die von ihr kassierten y Euro nachzureichen? Dabei wäre es mir egal, ob sie die Quittung selbst ausstellt oder beim Lehrer einholt. Als meinen Ansprechpartner sehe ich dafür aber nicht den Lehrer. Weder hat der Lehrer mit mir über sein Honorar gesprochen, noch war er bei der Zahlung dabei. Man kann also nicht sicher sagen, ob der (völlig überhöhte) Betrag y für eine simple Verschreibung einer echten Forderung des Lehrers entspricht. § 368 BGB wäre ausgehebelt, wenn derjenige, der kassiert, keine Quittung ausstellt mit dem Argument, bloß im Auftrag eines Dritten zu kassieren.

2.
Ich möchte die Quittung bei meiner privaten Krankenkasse und der Beihilfe einreichen. Angenommen, die Heilpraktikerin stellt die Quittung über die erhaltene Zahlung jetzt aus: Kann ich erwarten, dass außer der Unterschrift die Praxisbezeichnung der Heilpraktikerin auf der Quittung steht und nicht bloß ihr Name? Oder was hat auf der Quittung zu stehen, wenn ein Praxisinhaber Geld im Auftrag einer Drittperson kassiert, die die Leistung in der Praxis des Praxisinhabers erbracht hat?

3.
Ich möchte der Heilpraktikerin ein Einschreiben mit Rückschein schicken. Wie gehe ich weiter vor, wenn die Annahme verweigert wird?

4.
Spricht juristisch etwas dagegen, der Heilpraktikerin vorzuschlagen, alternativ zur Quittung den Betrag y auf mein Konto zurückzuüberweisen? So wäre die Quittung hinfällig und die Heilpraktikerin ihr Problem los.

Für die Klärung meiner Fragen danke ich im Voraus.

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfrage, zu der ich Ihnen gerne meine nachfolgende Einschätzung mitteile:

1.

Gemäß § 368 BGB haben Sie einen Rechtsanspruch auf Erhalt einer Quittung. Dieser Anspruch richtet sich gegen den Gläubiger der Leistung. Wenn der relevante Behandlungsvertrag zwischen Ihnen und dem Lehrer bestanden hat, so müssten Sie sich hinsichtlich der Quittung auch an diesen wenden. § 368 BGB verschafft Ihnen nämlich keinen Anspruch gegen einen Empfangsboten o.ä. Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich jedoch, dass die Heilpraktikerin Ihnen angeboten hat, "die Folgekonsultation durch den Lehrer durchführen zu lassen". Wenn die Heilpraktikerin die Folgekonsultation durch den Lehrer in dem Sinne durchführen ließ, dass sie sich des Lehrers als Erfüllungsgehilfen für die Erbringung einer selbst geschuldeten Leistung bediente, so besteht ein Behandlungsvertrag lediglich zwischen Ihnen und der Heilpraktikerin. Damit wäre die Heilpraktikerin Gläubigerin der Gegenleistung für die Behandlung in Form des Geldbetrages, womit Sie von ihr die Quittung verlangen können.

2.

Sofern Sie nach dem oben Gesagten einen Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Quittung gegen die Heilpraktikerin haben, so können Sie den Vermerk des Praxisnamens nur dann verlangen, wenn die Praxis als Rechtsperson (z.B. als GbR) Gläubigerin ist.

3.

Sofern der Zugang des Schreibens durch Annahmverweigerung vereitelt wird, so gilt das Schreiben gemäß § 242 BGB als zugegangen. In praktischer Hinsicht können Sie jedoch eine solche Situation dadurch vermeiden, dass Sie das Schreiben als Einwurf-Einschreiben anstatt Rückschein-EInschreiben übersenden.

4.

In juristischer Hinsicht spricht nichts hiergegen. Es steht sowohl Ihnen als auch der Heilpraktikerin frei, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Wenn Sie einen Anspruch gemäß § 368 BGB haben, so können Sie über diesen Anspruch frei disponieren und auf diesen z.B. gegen Rückerhalt der Geldsumme verzichten.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Einschätzung behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen

- Rechtsanwalt -

Bewertung des Fragestellers 13. Januar 2020 | 19:31

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Herrn Kianusch Ayazi bin ich für seine äußerst gewissenhafte Behandlung der Problemstellung sehr dankbar. Seine fundierten Ausführungen haben mich zum einen davor bewahrt, meinen Anspruch gegenüber der Heilpraktikerin auf den kurzen Beinen eines laienhaften Rechtsempfindens zu stellen. Zum anderen hat die Differenzierung, die Herr Ayazi aufgrund meiner konkreten Fallschilderung vorgenommen hat, mich mit der passenden Strategie für ein souveränes Auftreten ausgestattet. Das zeigt mir auch, dass Herr Ayazi den Text meiner Fallschilderung nicht bloß überflogen hat.
Die große Sorgfalt und Klarheit seines sprachlichen Ausdrucks habe ich als sehr wohltuend empfunden.

Unabhängig davon, ob ich jetzt von der Heilpraktikerin die Quittung bekomme oder nicht - meine Investition hat sich hier voll ausbezahlt.

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