Stimmrecht nach der Unterteilung einer Einheit in drei Untereinheiten

5. November 2019 15:47 |
Preis: 60,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


18:00

Zusammenfassung

Es geht um den Inhalt von Teilungserklärung(en) nach dem WEG und das Stimmrecht nach Veräußerung.

Die Eigentümergemeinschaft bestand bis Ende 2018 aus zwei Einheiten. Eigentümer A hatte 540/1000 MEA (Wohnung 1), Eigentümer B 460/1000 MEA (Wohnung 2). Bezüglich des Stimmrechtes wurde das Objektprinzip vereinbart, so daß jeder Eigentümer eine Stimme hatte.

Nun hat Eigentümer A ohne Wissen des Verwalters und ohne Wissen des Eigentümers B seine Einheit in insgesamt drei Einheiten aufgeteilt, was auch nicht zu beanstanden ist. Eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung wurde seitens des Eigentümer A Ende 2018 beurkundet. Neue Grundbücher wurden angelegt. Zwischenzeitlich wurde auch die neu geschaffene Wohnung 3 an einen neuen Eigentümer C verkauft.

Die Unterteilung der Wohnung 1 in drei Untereinheiten führt zu folgender Neuaufteilung der Miteigentumsanteile:

Wohnung 1 = 283/1000 MEA (Eigentümer A)
neue Wohnung 3 = 125/1000 MEA (Eigentümer C)
neue Wohnung 4 = 132/1000 MEA (Eigentümer A)
Summe der unterteilten Einheiten = 540/1000 MEA


Die herrschende Meinung sagt, dass es bei Geltung des Objektprinzips nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte kommen darf. Vielmehr müsse bei Veräußerung einer unterteilten Einheit die auf das ursprüngliche Wohnungseigentum entfallende Stimme auf die durch Unterteilung gebildeten neuen Wohnungseigentumsrechte nach Bruchteilen aufgeteilt werden, wobei das Bruchteilsstimmrecht selbstständig ausgeübt werden kann.

Daraus leitet Eigentümer B folgendes Szenario bezüglich des Stimmrechtes ab:

Wohnung 1 = 283/1000 MEA = 0,524 Stimme (= 283/540 Anteil)
Wohnung 2 = 460/1000 MEA = 1,000 Stimme
Wohnung 3 = 125/1000 MEA = 0,232 Stimme (= 125/540 Anteil)
Wohnung 4 = 132/1000 MEA = 0,244 Stimme (= 132/540 Anteil)

Für das Verständnis des Eigentümers B verbleibt es bei dem Objektprinzip mit insgesamt 2 Stimmen.


Nun gibt es aber folgende Vereinbarung in der Teilungserklärung:
"Das Stimmrecht der Wohnungseigentümer wird nicht nach Miteigentumsanteilen bemessen, sondern für jedes Wohnungseigentum einheitlich. Jedes Wohnungseigentum gewährt eine Stimme. Wird eine Wohnungseigentumseinheit in selbständige Untereinheiten aufgeteilt und ist eine Dritte Person außer dem Eigentümer A und Eigentümer B Eigentümer oder Miteigentümer einer Wohnungseigentumseinheit und als solcher im Grundbuch eingetragen, so bemisst sich das Stimmrecht der Eigentümer nach ihrem Miteigentumsanteil. Das Stimmrecht kann für jede Einheit nur einheitlich ausgeübt werden."

Diese vorgenannte Vereinbarung spiegelt für den Eigentümer B die herrschende Meinung wieder.

Die Eigentümer A und C vertreten allerdings die Rechtsauffassung, dass mit der Unterteilung der Einheit 1 nunmehr nicht mehr das Objektprinzip gilt. Vielmehr gelte ab sofort das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen, so wie es für deren Verständnis auch die Vereinbarung vorsieht.

Wohnung 1 = 283/1000 MEA (Eigentümer A)
Wohnung 2 = 460/1000 MEA (Eigentümer B)
Wohnung 3 = 125/1000 MEA (Eigentümer C)
Wohnung 4 = 132/1000 MEA (Eigentümer A)

Welcher Eigentümer hat recht?

5. November 2019 | 16:54

Antwort

von


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Gerne zu Ihrer Fragestellung:

Nach der Rechtsprechung (BGH v. 24.11.1978, V ZB 2/78 ) ist die Teilungserklärung maßgebend. Sieht die wie vorliegend ein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung in Abweichung zu § 25 Abs. 2 S. 1 WEG nach dem Objektprinzip vor, dann führt die nachfolgende Unterteilung eines Wohnungseigentums nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung, sondern vielmehr zu einer Aufteilung (0,5 : 0.5. Denn mit der Unterteilung darf grundsätzlich der Status der verbleibenden Eigentümer nicht verändert werden. Bei Abstimmungen hat die ursprüngliche Stimmenzahl grundsätzlich gleich zu bleiben hat. Oder m.a.W.: Die Rechtsstellung der anderen Miteigentümer darf nicht durch die nachfolgende Unterteilung verschlechtert werden.

Im Einzelnen der BGH a.a.O.:

Zitat:
Zur Wahrung des Status der übrigen Wohnungseigentümer darf daher hinsichtlich der Fassung von Mehrheitsbeschlüssen (§§ 25 , 18 III WEG) die ursprüngliche Stimmenzahl durch eine Teilveräußerung von Wohnungseigentum keine Änderung erfahren. Dabei kann hier offenbleiben, ob zur Erzielung dieses Ergebnisses in den Fällen, in denen die gesetzliche Regelung des § 25 II 1 WEG nicht abbedungen ist und daher jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat, die Vorschrift des § 25 II 2 WEG entsprechend abzuwenden ist in dem Sinn, daß die Inhaber der verselbständigten Teilrechte zusammen nur eine Stimme haben (so Soergel-Baur, § 3 WEG Rdnr. 29; Palandt-Bassenge, Vorb. § 1 WEG Anm. 2 B d cc; Bärmann, § 8 Rdnrn. 42 ff., und JZ 1968, 565; Meier-Kraut, MitBayNot 1974, 16), oder ob die Stimme nach Bruchteilen aufzuteilen ist (so Ziege, NJW 1973, 2186). Bleibt die ursprüngliche Stimmenzahl als solche aufrechterhalten, so ist auch bei der Beschlußfassung über die Entziehung von Wohnungseigentum nach § 18 III WEG eine Stimmenverschiebung ausgeschaltet. Wenn dagegen, wie es in der Praxis häufig der Fall ist, das in § 25 II WEG vorgesehene Stimmrecht nach Köpfen abbedungen und durch ein Stimmrecht nach Anteilen (an dem gemeinschaftlichen Miteigentum, meist nach Hundertstel- oder Tausendstelanteilen) ersetzt worden ist, ergeben sich keine Schwierigkeiten. In solchem Fall kann das Stimmrecht gemäß der jeweiligen Höhe der Miteigentumsanteile auf den Erwerber übergehen.

Auch sonstige, nicht das Stimmrecht betreffende Befugnisse der Inhaber der verselbständigten Teilrechte müssen sich im Rahmen dessen halten, was dem Inhaber des ursprünglichen Wohnungseigentums bis zur Aufteilung seines Rechts zustand (vgl. dazu und wegen weiterer Einzelheiten auch OLG Braunschweig, MDR 1976, 1023 ; Bärmann, § 8 Rdnrn. 42 ff., und JZ 1968, 565; Röll, Rpfleger 1976, 284). Hinzunehmen sind dagegen Nachteile rein tatsächlicher Art, wie sie etwa in der stärkeren Belegung eines Hauses und in der Benutzung des Gemeinschaftseigentums durch eine größere Zahl von Personen bestehen. Denn die Zahl der Bewohner und Benutzer kann sich auch im Fall einer Veräußerung des ursprünglichen Wohnungseigentums im ganzen oder im Fall seiner Vermietung vergrößern; es handelt sich daher insoweit nicht um Folgen, die der Zulassung der freien Veräußerung aufgeteilter Eigentumsrechte eigentümlich sind."


Haben sie bitte Verständnis, dass dies eine erste Einschätzung aus der Ferne ist, ohne Kenntnis der (aller) relevanten Teilungserklärung(en) und des Grundbuchs sowie aller Beschlüsse der WE-Versammlungen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 5. November 2019 | 17:05

Sehr geehrter Herr Burgmer,

besten Dank für Ihre erste Einschätzung, wonach Sie zum Ergebnis kommen, dass der Eigentümer B mit seiner Rechtsauffassung recht hat (= es verbleibt bei dem Objektprinzip mit insgesamt 2 Stimmen).

Bei Ihrer Einschätzung gehen Sie aber u.E. nicht auf die bestehende Vereinbarung der Teilungserklärung ein. Wir erlauben uns daher nochmals den entscheidenden Passus aus der Teilungserklärung, insbesondere auf den vorletzten Satz, hinzuweisen:

"Das Stimmrecht der Wohnungseigentümer wird nicht nach Miteigentumsanteilen bemessen, sondern für jedes Wohnungseigentum einheitlich. Jedes Wohnungseigentum gewährt eine Stimme. Wird eine Wohnungseigentumseinheit in selbständige Untereinheiten aufgeteilt und ist eine Dritte Person außer dem Eigentümer A und Eigentümer B Eigentümer oder Miteigentümer einer Wohnungseigentumseinheit und als solcher im Grundbuch eingetragen, so bemisst sich das Stimmrecht der Eigentümer nach ihrem Miteigentumsanteil. Das Stimmrecht kann für jede Einheit nur einheitlich ausgeübt werden."

Bleibt es trotz der vorgenannten Vereinbarung bei Ihrer bisherigen Einschätzung?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. November 2019 | 18:00

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Teilungserklärungen sind – wie auch andere WE - explizit nach objektivem Maßstab auszulegen. Es ist also allein maßgeblich der Wortlaut der Eintragung und ihr Sinn und Zweck , wie er sich aus objektiver Sicht als nächstliegendes Bedeutung der Eintragung ergibt (das ist im Zweifel das Gericht).

Danach ist der Begriff der Eigentumswohnung als Einheit zu sehen, weshalb der unterteilende Beteiligte nur eine Eigentumswohnung und somit auch nur eine Stimme hat. Dass kann somit nach Unterteilung zu keiner Änderung führen. Anders könnte das beim gesetzlichen Kopfprinzip sein, so die Entscheidung des KG v. 15.9.1999, 24 W 9353/97 zum Kopfprinzip nach § 25 Abs. 2 S. 1 WEG .

Lag eine berechtigte Unterteilungsmöglichkeit eines WE vor und war entweder das o.g. gesetzliche Kopfprinzip oder eben abweichend zu § 25 Abs. 2 S. 1 WEG ein Objektstimmrechtsprinzip vereinbart, wäre es ggf. vertretbar, dass hier die übrigen Eigentümer mit einer Stimmenvermehrung bzw. Stimmengewichtsverschiebung rechnen mussten. Beim Kopfprinzip und Wohnungsverkäufen etwa durch Bauträger ist das unstreitige Übung, da sich bei jeder Veräußerung die Eigentümerkopfzahl erhöht. Begriffe wie "Kopfspaltungen" entstanden hier und wurden abgelehnt. Beim Objektprinzip soll nun eine Stimmenquotelung erfolgen, was nicht überzeugen muss, wenn alle Eigentümer mit einer "berechtigten" Unterteilung rechnen konnten.

Fazit: Es kommt sehr auf die Verhältnisse vor Ort an und deshalb meine diesbezüglichen Vorbehalte.

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