Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
In Ihrem Fall dürfte tatsächlich eine werdende (faktische) Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen, so dass den Erwerbern ein Stimmrecht zusteht.
Bei der Teilung des Alleineigentums und der Veräußerung des Wohneigentums gemäß § 8 WEG
erfolgt die Eintragung ins Grundbuch regelmäßig erst einige Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe der Wohnung. In der Zwischenzeit treffen den Erwerber zwar die Rechte und Pflichten eines Wohnungseigentümers, jedoch ohne dass die Sondervorschriften aus dem WEG Anwendung finden. Um diese Diskrepanz zwischen der rechtlichen Stellung als Wohnungseigentümer ab Eintragung im Grundbuch und der faktischen Stellung als Wohnungseigentümer in der Zwischenzeit zu überbrücken, wurde die Figur der so genannten „werdenden (faktischen) Eigentümergemeinschaft" entwickelt, vgl. OLG Hamm, Urteil vom 3.12.2002 - 15 W 340/02
; OLG München, Urteil vom 09.01.2006 – 34 Wx 089/05
. Im Rahmen dieser „werdenden Gemeinschaft" werden die Vorschriften des WEG weitgehend entsprechend angewendet.
Die Entstehung einer werdenden Eigentümergemeinschaft ist an folgende Voraussetzungen geknüpft
1.Es muss ein wirksamer Erwerbsvertrag zwischen dem Alleineigentümer und dem Erwerber der Eigentumseinheit vorliegen.
2.Zugunsten des Erwerbers muss eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen sein.
3.Auf den Erwerber sind der Besitz sowie die Nutzungen, Lasten und Kosten der Eigentumseinheit übergegangen.
4.Die Wohnungsgrundbücher müssen angelegt worden sein.
Erst das Vorliegen aller Voraussetzungen rechtfertigt die Anwendung der WEG-Vorschriften, denn erst dann ist der Erwerber dem Wohnungseigentümer in jeder Hinsicht gleichgestellt. Als Rechtsfolge erfolgt unter anderem eine Anwendung des § 25 Absatz 2 WEG
, der Erwerber erhält also ein Stimmrecht, vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.01.2000 – 15 W 318/99
.
Da nach Ihrer Schilderung alle Voraussetzungen einer werdenden Gemeinschaft vorzuliegen scheinen, können die Erwerber gemäß der §§ 1004 Abs. 1 BGB
, 15 Abs. 3
, 22 Abs. 1 WEG
die Beseitigung der Treppe von Ihnen verlangen, wenn es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung handeln sollte. Die Erwerber können durch Mehrheitsbeschluss aber lediglich festlegen, ob und in welchem Umfang ein ihrer Meinung nach bestehender Anspruch gerichtlich geltend gemacht und ggf. durchgesetzt werden soll. Die (werdende) Eigentümergemeinschaft hat hingegen keine Beschlusskompetenz, eine konkrete Rückbauverpflichtung gegen Sie durch Mehrheitsbeschluss zu begründen. Ein dennoch gefasster Beschluss mit diesem Inhalt wäre nichtig, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2010 - V ZR 193/09
.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 23.04.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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