Fliesen erneuern aufgrund eines Wasserschaden

26. Juni 2019 15:40 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Florian Reinhardt

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserer Wohnung hatten wir einen Wasserschaden der durch die Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist.

Zum bewältigen des Wasserschadens sind ca. 20 QM Fliesen entfernt worden. Da damit ca. ein Drittel des Bades betroffen ist, haben wir uns dazu entschieden das gesamte Bad zu renovieren. Die bisher verbauten Fliesen sind sehr nobel aber auch sehr alt. Bei einer Spezialfirma sind diese Fliesen für einen Preis von ca. 400 €/QM verfügbar. Da uns das für unseren privaten Teil zu teuer ist, haben wir uns andere Fliesen (Preis ca. 60€/QM) herausgesucht. Bisher wurden von der Versicherung 40€/QM zugesichert für den Versicherungsteil (die 20 QM).

Meine Frage ist nun: Was müsste die Versicherung an uns zahlen? 20 QM *...
a) 40€/QM,...
b) 60€/QM oder
c) 400€/QM ?

Ebenso sind die alten Fliesen aufwendig verlegt mit runden Fugen und kleine /große Fliesen.

Bei unseren neuen Fliesen wird auch teilweise eine "besondere Verlegeart" vom Handwerker in der Form eines Zuschlags angeboten. Müsste das die Versicherung übernehmen?

Vielen Dank, ich freue mich auf Ihre Antwort.

Einsatz editiert am 28.06.2019 09:35:55

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Wie so oft in versicherungsrechtlichen Fragen muss ich auch hier antworten: es kommt auf Ihre Versicherungsbedingungen an. Diese regeln im Detail, welche Kosten Ihnen zu ersetzen sind. Es kommt schließlich auch entscheidend darauf an, wie gut Sie versichert sind (Basis, Premium etc...).

In den allermeisten Wohngebäudeversicherungen erhalten Sie die Reparaturkosten zum Neuwert, noch besser: zum gleitenden Neuwert ersetzt.

Der Umfang richtet sich, so die Rechtsprechung, dann meist nach der "Zumutbarkeit". Es kommt also immer auf den Einzelfall an.

Das LG Düsseldorf 28.9.10 in 11 O 614/03 urteilt:

"Die Fliesenschäden hätten durch Ersatzfliesen zumutbar ausgebessert werden können. Bei der Reparatur einer teilweisen beschädigten Sache bemisst sich der Umfang der zu entschädigenden Reparaturkosten nach den Geboten der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit.

Entscheidend ist, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer investiert hätte. Deshalb kann der VN nicht die Kosten für die komplette Neuverfliesung eines einheitlich gefliesten Bades verlangen, wenn dies außer Verhältnis zu der optischen Beeinträchtigung steht, die verbleibt, wenn z.B. nur der beschädigte Fußboden verfliest werde."


Bei einem Teilschaden wie dem Ihren müssen Sie sich daher fragen, wie würde ein durchschnittlich denkender Versicherungsnehmer den Schaden neu gestalten? Wie Sie selbst schreiben, wäre es Ihnen privat zu teuer. Es spricht also einiges dafür, dass ein Gericht Ihnen die 400 EUR pro QM nicht zusprechen würde.

Lassen Sie uns Ihren Sachverhalt mal mit beispielhaft den wgv Bedingungen lösen.
https://www.wgv.de/docs/vertragsunterlagen/gebaeude.pdf

Dort heißt es in § 13:

"die erforderlichen Reparaturkosten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls. Der Versicherer ersetzt außerdem eine Wertminderung, die durch die Reparatur nicht ausgeglichen wird. Ersetzt wird aber höchstens der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls.

Vorausgesetzt Ihre vereinbarte Versicherungssumme würde den Reparaturwert nicht übersteigen, müsste die wgv also die aufwändige Verlegung von vergleichbaren Fliesen übernehmen. Vergleichbar deswegen, weil Sie keine Wertminderung erleiden sollen. Ersetzt wird nur die zu reparierende Fläche.

Nur wenn der dann verbleibende optische Zustand unzumutbar (für einen Durchschnittsbürger) ist, können Sie die gesamte Neuverfliesung des Bades fordern.

Da Sie keine Angaben zur Ähnlichkeit der Wertigkeit von 40 EUR/QM Fliesen gemacht haben, würde ich unterstellen, dass hier die 60 EUR/QM Variante zu wählen wäre, da für 40 EUR die vorher vorhandene Noblesse nicht adäquat zu ersetzen ist.

Ich gehe daher von folgender Antwort aus:
Die Versicherung muss Ihnen 60 EUR für 20 QM in aufwändiger Verlegeart ersetzen. (Ein Mehr- oder Minderwert ist je nach Bedingungen denkbar.)

Noch ein Tipp: häufig sind Sachverständigengutachten mitversichert (bei der wgv zB in § 15 im Optimal Tarif). Bitte prüfen Sie, ob bei Ihnen etwas vergleichbares enthalten ist. Wenn Ihnen die Bedingungen nicht vorliegen, sollten Sie diese vom Versicherer anfordern.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 28. Juni 2019 | 11:53

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Die Versicherungsbedingungen sind die der R+V "Allgmeine Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden (VGB)" - Stand 06/1974.

In §6 (1) steht dort "Versicherungswert eines Gebäudes ist der ortsübliche Neuwert; Versicherungswert der sonstigen Sachen ist der Wiederbeschaffungspreis (Neuwert). Sind jedoch versicherte Sachen für den Zweck, für den sie bestimmt sind, nicht mehr verwendbar, so ist der sich daraus ergebende geringere Wert der Versicherungswert"

In §7(1) steht "Ersetzt werden vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen,
a) bei zerstörten oder abhandengekommenen Sachen ihr Versicherungswert (§6 Abs. 1)
b) bei beschädigten Sachen die Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles, höchstens jedoch ihr Versicherungswert"

In §7(2) - Frage nach Unterversicherung...

In §7(3) steht "a) Der Vers.nehmer erwirbt den Anspruch auf den Teil der nach Absatz 2 errechnteten Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur, wenn und soweit er das Gebäude an der bisherigen Stelle...
b) Zur Errechnung des Zeitwertschades wird der Versicherungswert (§6 Abs. 1) zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls auf den Betrag herabgesetzt, der dem Zustand, insbesondere dem Alter und der Abnutzung (Zeitwert) entspricht. Reparaturkosten werden gegebenenfalls um den Betrag gekürzt, um den sich durch die Reparatur eine Wertsteigerung gegenüber diesem Zeitwert ergeben würde"



Da die 20 QM mit anderen Fliesen die Gesamtoptik des Bades deutlich beeinträchtigt hätten, haben wir uns dafür entschieden das gesamte Bad (ca. 60 QM Fliesen, also 40 QM zusätzlich) neu zu gestalten. Wären wir also nicht versichert gewesen hätten wir überlegen müssen:

"Zahlen wir 20 QM à 400€ und haben ein Bad mit teilweise neuen, teilweise älteren Fliesen *oder* zahlen wir 60 QM à 60€ und haben ein neu gestaltetes Bad". Hier hätten wir uns für die zweite Wahl entschieden, da uns ein Preis von 400€/QM zu viel ist.

Entspricht diese Entscheidung einem "durchschnittlich denkenden Versicherungsnehmer"? Wäre daher nicht die komplette Fliesenmenge à 60 euro zu ersetzen?

Erschwerend kommt hinzu, dass auch ca. 1-2 QM Bodenfliesen für die Trocknung entfernt werden mussten. Hier konnte ich bisher keinen Anbieter finden, der diese noch liefern könnte. Die Optik entspricht den Wandfliesen (rot, mit Goldschimmer-Effekten), nur die Form ist hier rechteckig. Durch die Veränderung der Wandfliesen passt also auch die Optik des Bodens nicht mehr. Umgekehrt , hätten wir als "durchschnittlich denkender Nichtversicherter" uns dennoch für die 400€ Fliesen entschieden, würden wir am Boden einen Flickenteppich erzeugen.

Wie schätzen Sie die Situation ein? Müsste die Versicherung auch den Boden sowie die restliche Menge der Wand mit ersetzen?

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 30. Juni 2019 | 08:52

Die Bedingungen unterscheiden sich an zwei Stellen:

1. „nicht mehr verwendbare Sachen" berechtigen zur Minderung

Damit sind technisch überholte Sachen gemeint, zB eine stillgelegte Sickergrube. Die alten Fliesen sind nicht hierunter zu verstehen.

2. In §7 wird nun der Zeitwert erwähnt, was für Sie ungünstig wäre. Da sich Absatz 3 aber an Absatz 2 anschließt und dieser die Unterversicherung thematisiert, ist dieser Absatz für Sie nicht anzuwenden.

Übrigens sind so alte Bedingungen meist angreifbar, da die Rechtsprechung in den Jahren viele Klauseln für unwirksam erklärt hat. Wenn R und V schleppend reguliert, sollten Sie das im Hinterkopf behalten.

Ansonsten erwähnen Sie neue Kriterien für die Zumutbarkeit nicht. Insofern bliebe es hier bei meiner Antwort.

Sie können natürlich einmal versuchen, 20QM a 400.- zu fordern, vielleicht haben Sie ja Glück.

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